Full text: Arbeiter-Jugend - 16.1924 (16)

156 Arbeiker-Jugend 
 
leicht war ſeine Tätigkeit als Miniſter zu kurz, um den Maßſtab des Erfolges oder 
Mißerfolges anzuwenden. Daß aber der Weg, den er beſchritt, der richtige war, 
hat uns die Aera Cuno gezeigt. Er glaubte, daß nur auf dieſem Wege die politiſche 
und wirtſchaftliche Unabhängigkeit und Geſundung Deutſchlands erzielt werde. Er 
hoffte troßz der „Nachtfröſte, die die junge Saai bedrohen“. Von Genua kam er zurück 
und äußerte im Freundeskreiſe, daß es in drei Monaten ſchneller vorwöris- und 
aufwärtsgehen würde. Zwei Wochen vor ſeiner Ermordung [ſprach er bei einem 
Beſuch der württembergiſchen Regierung die hoffnungsfrohen Worte: 
„Laſſen wir unſere Jugend nicht untergehen in den Kämpfen des Tages, weiſen wir 
ſie hin auf die großen Ideale der Vergangenheit und führen wir ſie zu den Idcalen der 
Zukunft. . . . Dieſe ehrwürdigen Buchen, werden von ihren Hügeln noc< einmal hernieder» 
blicken auf eine freie und glückliche Stadt. Von dieſer Stelle aus wird man nicht nur 
in eins der ſchönſten, nein, auch in eines der glüdlichſten Länder blien, in einer Zukunft 
die unſere Nachfahren erleben werden." 
Er erlebte nichts von alledem, Die grenzenloſe Hee gegen ihn ſtredte ihn 
ſchließlich nieder. Der politiſche Hintergrund und die Konjequenzen ſeiner Crmor 
dung ſollen hier unerörtert bleiben. 
Noch immer ſtehen wir den Ereigniſſen zu nahe, um den Verluſt dieſes Mannes 
zu ermeſſen. Was er für Deutſchland bedeutete, und wie er ſehend aus Deutſchlands 
Noi den Ausweg zeigte, das liegt in ſeinen Werken vor uns. Er kämpfte für das 
wordende Deutſchland, und ſeine geiſtige Erbin iſt die deutſche republikaniſche Jugend. 
In ihr lebt ſein Werk. Die Schlußworte der Einleitung „Von kommenden Dingen“ 
jollten uns immer vor Avgen ſein: 
„Schließen wir uns im guten Willen zuſammen, ſo wird dem gemeinſamen 
Gehauen das Trügeriſche zerrinnen, das Rechte ſich verklären; Bedingung iſt, 
daß dvr Fuß nie den Boden, das Auge die Geſtirne nie Ver» 
lier?“ 
Zehren wir an der nie verſagenden Quelle ſeines geiſtigen Reichtums! Arbeiten 
wir allo» an dem einen großen Ziel: Verſtändigung! Solches Wirken wird uns die 
Trauer um den: Mann erleichtern. 
 
Cen, 
Hans Baluſchek. 
Von Joſef Maria Frank. 
D & nter den zahlreichen, allzuwpielen Monographien (Einzeldarjtellungen), die in 
5 % den lezten Jahren und ſtets mit der Begründung: „Im einem dringenden 
&ys6- Bedürfnis abzuhelfen und eine tlaſſende Lücke in der Kunſtgeſchichtsliteratur 
auszuſüllen!“ erſchienen ſind, verdient eine ganz beſonders hervorgehoben zu werden, 
nicht nur, weil jie tatſächlich eine Lücke füllt und hier ein wirkliches Bedürfnis vor» 
lag, jondern auch, weil ſie weniger (wie leider ſo häufig!) um des Herausgebers 
willen, ſondern durchaus um dieſes Künſtlers und ſeines Werkes willen und in jeinem 
Geiſte geſchrieben worden iſt: die Monographie „Hans Baluſchek“ pon Friedrich 
Wendel*). 
Die Frage taucht auf: genügt dieſer Umſtand, daß endlich wieder einmal eine 
bisher ſehlende Monographie eines bedeutenden Künſtlers erſchienen iſt, um die 
Arbeiterjugend auf dieſes Werk aufmerkſam zu machen, eine Jugend, deren Bildungs- 
gang mit nichts Unnötigem belaſtet werden darf, um dieſen ſo notwendigen und dank 
der fundamentalen Bildungsarbeit der proletariſchen Organiſationen auch in der Ent- 
*) I. H. W. Dieß-Nachf., Verlag. Berlin 1924. 
-„ ; 

	        
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