294 Arbeiter-Jugend.
Kuku>s Namen.“ Als nun die Leute ſahen, daß ſie von dem Geen betrogen waren,
ließen Jie den Sarg ſtehen, paten den Schwaben und lieſen mit ihm zum nächſten beſten
Galgen. Sie legten die Leiter an und führten den armen Schwaben hinauf, um ähn zu
hängen.
Unſer Herrgott war dem Schwaben fein allgemag<h wachgezogen, denn er wußte wohl, wie
es Den: Schwaben ergehen würde, und wollte ſehen, wie er ſich doch zu dem Gericht anſtellen
würde. Er kam heran und ſprach: „O guter 'Geſell, wie haſt du zur Sache getan, in welcher
Geſtalt Jeh' ich dich da?“ Da fing der Schwab an zu ſchelten und ſagte: „Du haſt mich nicht
recht gelehrt.“
„Id habe dich recht gelehrt,“ ſprach unſer Herrgott, „du haſt aber nicht recht getan. Dem
"ei nun, wie ihm wolle, willſt du mir ſagen, wo das Leberlein hingekommen iſt, ſo will ic
dich erledigen.“
„Ach,“ jagte der Schwab, „es hat wahrlich kein Leberlein gehabt, was zeiheſt du mich?"
Da ſprach unſer Herrgott: „Ei, du willſt es nur nicht jagen. Wohlan, ſage es, ſo will ich der
Toten lebendig machen und dich erledigen.“
Da fing der Schwab :an zu ſchreien: „Henkt mic) nur, henkt mich! ſo werde ich der
Marter 105; der will mich nur herumzerren mit bem Leberlein und hört doch, daß es keins
gehabt Hat! henkt mich nur flugs auf!“ Wie nun unſer Herrgoit hörte, daß er ſich eher wollte
henden laſſen, als die Wahrheit bekennen, befahl er, ihn herabzulaſſen, und machte den Toten
jelbſt lebendig.
Nun zogen ſie miteinander heim; da ſagte unſer Herrgott zu dem Schwaben: „Komm her,
wir Wollen miteinander das gewonnene Geld teilen; denn wenn ich dich allerwegen ſollte vom
Galgen erledigen, würde es mir endlich zuviel Werden.“ Er nahm alſo die zweihundert
Gulden und teilte ſie in drei Teile. Als ſolches der Schwab ſah, ſagte er: „Ei Lieber, warum
machſt du drei Teile, es ſind doc< unſer nur zwei.“
„%4,“ fagte unſer lieber Herrgott, „der eine Teil iſt mein, der andere dein und der dritte
deſſen, der das Leberlein gefreſſen Hat.“
Da ſolches der Schwab hörte, ſchrie er alsbald: „So habe ich's bei Gott-und allen Gottes
Heiligen gefreſſen!“ Und vorher wollte er ſich eher henken laſſen, ehe er es bekennen wollte;
aber da er das Geld ſah, bekannte er es ungenötigt.
Jugendtag in Oeſterreich.
Veber den Verlauf des erſten öſterreichiſchen
Reichsjugendtages in Innsbrud ſchreibt
uns der Genoſſe Dillmeier- München:
Von München und dem Übrigen Südbayern
wollten urſprünglich 120 von der Arbeiter-
jugend und 80 von den Jungſozialiſten am
Innsbru>er Jugendtag teilnehmen. Einen
Mona? vorher hatten wir ſchon einen Sam-
melpaß beantragt, aber die bayeriſche Regie-
rung ließ uns jo lange auf die Antwort war-
ten, bis wir nichts mehr organiſieren konnten.
Erſt am 14, Auguſt teilte ſie uns auf Anfrage
mit, daß der Sammelpaß abgelehnt ſei.
So kam es, daß wir die Tour abſagen und
jedem Genoſſen .anheimſtellen mußten, auf
eigene Berantwortung zu fahren. 25 Ge»
noſſinnen und Genoſſen fuhren um 6 Uhr
von München weg «md langten 11 Uhr in
Kufſtein an. Jeder von uns hatte einen amt-
lichen Ausweis mit, amd wir dachten Grenz»
ſcheine zu bekommen, die uns berechtigen, drei
Tage die Grenze zu überſchreiten. Die bazye-
riſche Regierung reſp. die Münchener Polizei
hatte aber ſchon ſämtliche Grenzſtationen von
unſerem Kommen unterrichtet und Weiſung
gegeben, uns ſofort zu verhaften und
abzuſchieben. Wir ſchlugen ihnen ein Schnipp-
<hen, ſ[<hmugsgelten uns über die Grenze
und waren abends 11 Uhr in Innsbru>. Von
ven dortigen Genoſſen freuidig empfangen,
marſchieren wir zur Quartierſtelle und be-
kamen alle Privatquartiere,
GSonnabend vormittag wurden alle Gäſte
durch Führungen mit der Stadt bekannt-
gemacht. Hervorzuheben iſt der Beſuch des
Berges Iſel. Von dort hat man einen um-
faſſenden Ueberbli>k über die Stadt ſowie
über das ganze Inntal und die dahinter lie-
genden Gebirgsgruppen. Von anderen Ab-
zeilungen wurde die erſte Tiroler Arbeiter-
bäderei beſichtigt, die nach ganz modernen
Geſichtspunkten geleitet wird. Abends
%8 Uhr war im „Koloſſeum“, einem großen
Saalbau Innsbrud>s, eine von Tauſenden be-
juchte Jugendfeier. Der Genoſſe Kurtz bieß
ven Jugendtag im Namen der Arbeiter-
jugend von Innsbru> willkommen, Genoſſe