- Arbeiter-Jugend | 37
Mittelzeit vor; ſie ſind noch von untergeordneter Bedeutung für die Zuſammen-
jezung der Tierwelt dieſes Zeitabſchnitts. Den Vebergang von den Reptilien zu den
Bögeln bildet der Urvogel (Archaeopterix), deſſen Schwanz noch an den der Rep-
tilien erinnert, und deſſen Flügelknochen mit Krallen verſehen waren, ebenfalls ein
Veberbleibſel aus der Reptilienzeit.
Der jüngſte Abſchnitt der Erdgeſchichte, der bis zur Jeßtzeit reicht, iſt die Neuzeit,
das kunozoiſche oder neozoiſche Zeitalter (vom griechiſchen kainos oder
neos = neu). Die Ablagerungen der Pflanzenwelt jener Tage zeigen ſchon eine große
Aehnlichkeit mit den heutigen Pflanzen. Die Gruppe der Blütenpflanzen, als der
höchſtentwidelten des Pflanzenreichs, tritt ihre Herrſchaft an. Auch im Tierreich
finden wir Formen und Arten, die mit vielen heute lebenden eng verwandt ſind und
als ihre Vorläufer angeſehen werden. Je mehr wir uns der erdgeſchichtlichen Gegen-
wart nähern, deſto heimiſcher muten die Reſte an, die aufgede>t wurden, deſto voll-
jtändiger und leichter verſtändlich werden die Aufzeichnungen in Mutter Erdes'
Tagebuch. Eine beſondere Art der Verſteinerungen ſind die Bernſteineinſchlüſſe.
Der Bernſtein iſt das Harz von ausgeſtorbenen Bäumen der Tannengruppe. Als
er aus den Bäumen ausquoll, umhüllte er pflanzliche und tieriſche Gebilde und
dewahrte dieſe in oft wunderbarer Zartheit bis auf den heutigen Tag.
Die jüngſten Schichten aus der Vergangenheit der Erde weiſen Spuren von
unſeren eigenen Vorfahren, den Menſchen, auf. Sowohl Ueberreſte ſeines Körpers
als auch Zeugen ſeiner Handwerkstätigkeit und Kunſtfertigkeit finden wir. Häuſig
ſind ganze Skeleite erhalten geblieben, die auf eine ſorgſame Beſtattung der Toten
hinweiſen, alſo ein hochentwi>eltes Geiſtesleben jener Menſchen bekunden; mitunter
ſind auch nur vereinzelte Knochen aufgede>t worden. Die Geräte ſind teils Waffen,
teils Werkzeuge, die der Menſch anfangs aus Stein, ſpäter aus Metall fertigte.
Wenn wir Mutter Erdes Tagebuch aufmerkſam ſtudieren, dann zeigen uns die
Aufzeichnungen, daß in dem gewaltigen Reich der Lebeweſen eine Entwicklung ſtatt-
findet, eine Entwicklung von einfacheren Formen zu zuſammengeſeßteren, von tieſer-
ſtehenden zu höherſtehenden. Dieſes Entwiklungsgeſeß tritt uns auf jeder Seite des
Buches, in jedem Abſchnitt der Erdgeſchichte entgegen; es zieht fich wie ein roter
Leitfaden durch die geſamte Welt der Lebeweſen. Der Menſch bildet die höchſte Stufe
dieſer Entwicklung, und deshalb durften wir Ueberreſte von ihm auch nur in den
oberſten Schichten der Erdrinde erwarten. Der Menſch betrat die Weltbühne erſt vor
verhältnismäßig kurzer Zeit =- im Sinne der Jahrmillionen der Erdgeſchichte ge-
dacht --, deshalb konnte er ſich auch nur verewigen auf den jüngſten Blättern von
Mutter Erdes Tagebuch.
Die Freie Volksbühne.
Von Bruno Löwenberg. :
T n unſerem Zeitalter iſt auch die Kunſt eine Angelegenheit des Geſchäfts geworden.
Nur derjenige kann ſich einen Kunſtgenuß verſchaffen, der reich genug iſt, ihn zu be-
zahlen. Am ſtärkſten ausgeprägt finden wir dieſe Profitwirtſchaft auf dem Gebiete
der Theaterkunſt. Beim heutigen Theater iſt nicht das Intereſſe der Kunſt entſcheidend,
ſondern die Ausſicht auf das „beſte Geſchäft“, auf die höchſten Einnahmen beſtimmt den
Spielplan. Dabei ſind die Wurzeln der Theaterkunſt tief im Volke verankert. Bei den
Griechen waren im Altertum Theateraufführungen religiöſe Feſte, an denen das ganze Volk -
teilnahm. Die Dramen eines Sophokles und Aeſchylos wurden für ſolche Volksfeſte ge
dichtet, Kunſtwerke, die in ihrer tiefen Wahrheit uns heute noch ergreifen, wie ſie die
Menſchen vor Jahrtauſenden packten. Aehnlich waren auch bei den Deutſchen die: Theater-
ſpiele zunächſt religiöſe Volksfeſte; die <riſtliche Kirche benutzte dieſe Spiele für ihre Zwecke