Full text: Arbeiter-Jugend - 16.1924 (16)

56 Arbeiter-Jugend 
eigentliche, alte Stralſund liegt auf einer Inſel, von der nur drei Deiche zum Feſtland 
hinüberführen. Dieſer abgeſchloſſenen Lage iſt es zu danken, daß die urſprüngliche 
Stadtanlage faſt unverändert bis auf unſere Tage erhalten blieb. Auch das Straßen» 
bild zeigt noch häufig einen altertümlichen Charakter. Im norddeutſchen Küſtengebiet 
iſt kaum eine Stadt vorhanden, die ſo »ahlreiche nnd bezeichn?nde Zougniſſe aus den 
Zeiten der alten Baukunſt aufweiſt. Einen prächtigen Rundbli> haben wir vom 
Turm der Marienkirche. Unter uns liegt die Stadt mit ihren altertümlichen Giebeln 
und Dächern, den Kirchen, dem Rathaus und dem Kloſter. Von hier oben ſind auch 
die Beſeſtigungsanlagen der Stadt gut zu überſchauen. Durch ſeine Waſſerumgebung 
war Stralſund eine ſchwer bezwing! are Feſte; ſelbſt <8allenſie'n gelarg es im Dreißig» 
jährigen Kriege nicht, ſie einzunehmen; er mußte unverrichteter Sache abziehen, ob- 
wohl er geſchworen hatte, Stralſund zu nehmen, und wenn es mit Ketten an den 
Himmel geſchmiedet wäre. | 
Wir wandern jeßt nach Rügen hinüber. Als ein außerordentlich reich ge- 
gliedertes, an manchen Stellen förmlich zerſtükeltes und zerlapptes Landgebilde mit 
zahlreichen Buchten („Wieken“) und tief in das Innere eindringenden „Bodden“ er- 
hebt ſich die Inſel aus der See. Auf der Oſtſeite greift das Meer in einer Reihe 
breiter, bogenförmig gerundeter, dünenumſäumter Wieken zwiſchen ſteilufrigen Vor- 
ſprüngen höheren Landes in die Inſel ein. In der Form mächtiger Kreisabſchnitte 
erſtre>t ſich jo die Prorer Wiek zwiſchen den Halbinſeln Groniz und Jasmund und 
die Tromper Wiek zwiſchen Jasmund und Wittow. An der Weſtküſte greift die 
Oſtſee von Norden im Libben- und von Süden im Gellenſtrom um die Nord- und 
Südſpize von Hiddenſee herum. Die ſchmalen Meeresſtraßen erweitern ſich zum 
Raſſower Strom, Wieker Bodden, Breetizer Bodden und Breeger Bodden und dringen 
Ichließlich als Großer und Kleiner Jasmunder Bodden tief in das Innere der. Inſel 
nach Dſten und Südoſten hinein. Sie reichen bis in die unmittelbare Nähe der von 
Oſten her eingebuchteten Prorer und Tromper Wiek, ſo daß ſich hier die öſtlichen und 
weſtlichen Gewäſſer bis auf wenige hundert Meter einander nähern. 
Ebenſo wie die Küſtenumriſſe mannigfachy gegliedert ſind, iſt auch die Ober- 
flächengeſtaltung äußerſt abwechſlungsreich. Langgeſtre>te Bergrücken und kuppige 
Hügelgrupen werden von flachwelligen, nahezu ebenen Geländen al'gelöſt, die von 
flachen Talmulden, breiten Talniederungen und tief eingeſchnittenen Talſchluchten 
durchzogen ſind. Die Berg- und Hügelge'ände erſtre&en ſich jedoch nicht in ununter- 
brochenem Zuſammenhang über die geſamte Inſel, ſie bilden vielmehr eine Anzahl 
größerer und kleinerer ſich ſcharf voneinander abhtzebender, vollkommen in ſich ab- 
geſchloſſener Inſelkerne. Der Hauptteil der Inſel iſt das eigentliche Nügen, das gegen 
Oſten die Halbinſel Graniß ausſendet. Südlich der Granit liegt die Halbinſel Mönch- 
gut. Gegen Nordoſten ſteigt die Halbinſel Jasmund auf, von dem Hauptteil durch 
den Großen und Kleinen Jasmunder Bodden getrennt. Den Norden Rügens bildet 
die Halbinſel Wittow. Der Breetzer und .der Breeger Bodden ſcheiden ſie von dem 
eigentlichen Rügen. Aeußerſt niedrige Flachlandſtreiſen verbinden die Inſelkerne zu 
dem Geſamteiland. Sie ziehen ſich oft guirlandenförmig von einer Erhe“ung zur 
andern; ſcharf und häufig unvermittelt ſchneiden ſie an deren ſteil aufſteigendem 
Rand ab. Die niedrigen Landſtriche ſind bisweilen nur wenige hundert Meter breit 
und bilden einen weiten, gegen die See geöſſneten Bogen. Sv erſtre>t ſich an der 
Tromper Wiek zwiſchen Wittow und Jasmund die Schaabe und an der Prorer Wiek 
zwiſchen Jasmund und der Graniß die Schmale Heide. Aus größerer Entfernung, 
von der See, namentlich von Dſten her geſehen, ſcheint daher die Inſel Rügen aus 
einer Gruppe hügeliger Einzeleilande zu beſtehen.
	        
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