58- Arbeiter-Jugend
pDder veräſtelt, bisweilen auch kugelrund oder zylindriſch. Zum größten Teil beſtehen
die Feuerſteine aus Kieſelſäure. Man nimmt an, daß die Kieſelſäure von Kieſel-
ſ<hwäömmen herrührt. Dieſe Tiere müſſen ausgedehnte Raſen auf dem Boden des
Kreidemeeres gebildet haben. Bei ihrer Verweſung ſind die kieſeligen Nadeln der
Schwämme zum größten Teil aufgelöſt worden und liefern den Stoff, aus dem ſich die
Flintknollen aufbauten.
Wir wollen uns nunmehr auf die Wanderung begeben, um Rügen in ſeinen
Einzelheiten kennen zu lernen. Der Glanzpunkt der Inſel iſt Jasmund. Hier hat die
Natur alle ihre Kräfte entfaltet, um eine Landſchaft hervorzuzaubern, wie wir ſie in
jolher Geönheit an der deutſchen Seeküſte nicht wieder antreffen. An der Küſte
zwiſchen Saßnißz und Lohme fällt die Kreide in Steila. ſtürzen (Kliffen) zum Meer ad.
Scharfe Grate, ſpie Nadeln und wild zerklüftete Felswände bilden die Uferhänge,
an denen die Meereswogen unabläſſig zerſtörend nagen. Die gewaltigſte Erhe ung
iſt die Felspartie von Stubbenkammer, die im Königsſtuhl etwa 120 Meter über den
Meeresſpiegel auſſteigt. Der geſamte Vorſtrand der Kreideküſte beſteht aus Feuer-
ſteinen, die ſich meterhoch angehäuft haben. Sie wurden durch das Meer aus der
Kreide herausgeſpült; wir können hier ſehen, welche ungeheure Mengen von Feuer-
ſteinen die Kreide enthält. Durch den Wogenprall werden die Flintknollen allmählich
abgerollt und zerrieben.
Die Kreide bildet mit ihrem Gehalt an kohlenſaurem Kalk einen äußerſt frucht-
baren Boden. Daher ſinden wir auf Jasmund ausgedehnte Buchenwälder und in den
bea>erten Gebieten ſtroßende Weizenfelder. Der Wald, der ſich an der Küſte Jas-
munds erſtreckt, iſt die Siubniz. Die weiße Kreide, die grünen Buchenwäider und
die blaue Gee vereinen ihre Schönheit zu einem Naturgemälde von ſo ü“erwältigen-
der Pracht, daß wir ſelten ſeinesgleichen finden. Wandern wir auf der Höhe, ſo dringt
das Rauſchen der Wogen gedämpft zu uns herauf und gibt mit dem Säuſeln des
Windes in den Baumkronen eine Muſik, die der Stimmung des Landſchaftsbildes
wohl angepaßt iſt. Bleiben wir am Fuß der Kreidefelſen, ſo ſprüht uns die Giſcht
der zerſtäubenden Wogen ins Geſicht, und wir verſpüren einen leichten Salzhauch
auf den Lippen. Auf einer ſolchen Wanderung lernen wir auch einen häufigen
Bewohner des Meeres aus dem Pflanzenreich kennen, den Blaſentang. Oft ſind
wahre Berge von Tang auf den Strand geſpült worden und vermodern oder ver-
trocdnen hier.
An der nördlichſten Stelle Rügens, dem Kap Arkona auf Wittow, tritt die Kreide
ebenfalls in mächtigen Steilabſtürzen zu Tage. Das Landſchaftsbild iſt jedoch nicht
ſo überwältigend wie in der Stubniß, weil auf Wittow der Wald fehlt. Der Leucht-
turm auf Arkona hat das hellſte Licht an der ganzen Oſtſee. Sein Blißlicht-Dreh-
feuer leuchtet 32 Seemeilen (etwa 60 km) weit, Auch ein Nebelhorn iſt hier, deſſen
Geheul drei Stunden weit zu hören iſt. Von Arkona ſind bei klarem Wetter die
Kreideſelſen Möens ſichtbar. Südöſtlich vom Leuchtturm liegt dicht am Steinhang ein
wendiſcher Burgwall, die Jaromarsburg genannt. Hier hatte der oberſte Gott der
Wenden, Swantewit, einen Tempel, der als das größte Heiligtum verehrt wurde.
Im Jahre 1168 ſtürmten die Dänen die Feſte Arkona nach langem Widerſtand und
brachen damit den letzten Verteidigungsort der ſlawiſchen Bepölkerung Rügens.
Etwa 2 km weſtlich von Arkona liegt das Dörſchen Vitt. Die wenigen Häuſer ſind in
einer tiefen Schlucht verſte>t, jo daß man den Ort erſt bemerkt, wenn man dicht
oberhalb dieſer Schlucht angelangt iſt.
Die Hänge der ſüdöſtlichen Halbinſel Mönchgut beſtehen aus Geſchiebemergel der
Eiszeit. Die Kreide kommt hier nicht zu Tage. Der Geſchiebemergel wird von den
Meereswogen noch leichter auſgearbeitet als die Kreide. Wenn die tonigen Gemeng-