Arbeiter-Jugend uu | 103
Bewegung ihre beſten Kräfte und weitgehende materielle Unterſtüßung zur Ver-
fügung ſtellten. | m « | .
Auch gelitten hat Friedrich Ebert um ſeine Jugend. Gelitten nicht durch die
viele Mühe und Arbeit, die ihm die Bewegung verurſachte, oder durch die Sorgen,
ſie durch die Verfolgungen der Vorkriegszeit ungefährdet hindurchzuſteuern, --- aber
gelitten, im lieſſten verleßt durch die ſchwere Enttäuſchung, die ihm ein Teil der
Jugend während der unheilvollen Parteiwirren der Kriegsjahre bereitete. Der
unjelige Zwiſt, der damals zur Spaltung der Bewegung führte, ſoll hier nicht
wieder auſgerollt werden; die Bewegung hat dieſes, ihr ſchlimmſtes Erlebnis, längſt
verwunden, und verwunden hatte es, lange, ehe er uns verließ, auch Friedrich
Ebert. Durfte er doch auch auf dieſem beſonderen Gebiet ſeines führenden und
I<öpferiſchen Wirkens die Erfahrung machen, die ſein ganzes Lebenswerk krönte,
daß ihm, vorweggenommen in dem Urteil ſeiner Zeit- und Volksgenoſſen, die Ge-
ſchichte recht gab. Die alsbald nach der Spaltung einſeßzende Sammlung unſerer
Bewegung, ihr Wiedererſtarken in vordem nicht gekannter Geſchloſſenheit, ihre Er-
neuverung und Verjüngung im Geiſte Weimars -- die ganze prächtige Entwicklung
der lezten Jahre, mußte ihm eine glänzende Genugtuung ſein für alle erlittene
Unbill und der Beweis zugleich, daß auch in der Führung der Jugendbewegung ſein
Kurs der richtige geweſen. --
Ewig wechſelnd, in immer neuer Form und Geſtalt, gebiert ſich das Leben, und
was Jugend heißt, trägt allem Werden und Wandel die Vahne voran. Die Wege
unſerer heutigen ſozialiſtiſchen Arbeiterjugend ſind andere als zu der Zeit, da
Vriedric) Ebert uns führte. Aber das Erbe, das er uns in ſeiner vorbildlichen
Perſönlichkeit hinterließ, in ſeiner mannhaften Ueberzeugungstreue, ſeineim hohen
Berantwortungsgefühl, ſeinem unerſchütterlichen Glauben an den Fortſchritt und
Gieg des demokratiſchen ſozialiſtiſchen Menſchheitsideals, ſeiner unermüdlichen, auf-
vpferungsvollen Hingabe an die Arbeit im Dienſt dieſes Gemeinſchaftsgedankens ---
diejes geiſtige und ſittliche Erbe wird ſtets von uns in hohen Ehren gehalten
werden. .Go lange die Bewegung lebt, kann es in ihrem Bewußtſein nicht unter-
gehen, denn genau in dem Maße, in dem ſie dem Andenken ihres großen Führers
die Treue wahrt, wird ſie ſich ſelber, ihrem innerſten Weſen, ihrem wertvollſten Sinne
treu bleiben. |
Die leßte Fahrf.
“En der Zeitſchrift des Reichsbanners ſchildert Paul L 5 b € noch einmal das unvergleichliche
y) Erlebnis der Heimfahrt des erſten Reichspröſidenten, unſeres Genoſſen Ebert. Nachdem
Gw cr die Schuld der Verleumder an dem Tod Eberts jeſtgeſtellt, nennt er die lezte Fahrt
des Toten von Berlin nach Heide: berg die große Bergeltung, die Rache des Volkes und die
Kapitulation ſeiner Gegner vor dem Menſchen, den man gepeinigt, um dann Jortzufahren:
„Am 10% Uhr vormittags war er verſchieden, um 2 Uhr konnten die Reichsbannerleute
Der Mieſenſtadt früheſtens eine Parole ausgeben, um 10 Uhr abends ſtanden ſie aus allen
Vororten zu Tauſenden in Reih' und Glied mit den Fackeln bereit, und um Mitternacht
bewegte ſich der düſtere Zug vom Krankenhaus zum Trauerhaus, von Tauſenden entblößten
Hauptes begleitet, durch ein tauſendfältiges Spalier brennender Fackeln und gefenkter Fahnen.
Noch in derſelben Nacht! .
Dann der Beſtattungstag. Es war ein todgefährliches Experiment, dem Zug nur eine
kurze Wegſtre>e zu g2währen und damit die Stauung der Millionen auf wenigen, wenn
aud) rieſigen Plätzen herbeizuführen. - Denn unzählbar waren- die Scharen, die von der
Wilhelmſiraße ganz, von den Linden größtenteils vertrieben, ſich auf dem Königsplaß, der
Budapeſter Straße und dem Potsdamer Plaß einfanden. Dort allerdings überwältigende
Bilder! Zum Reichstag hinauf fährt der Tote an der Front der Hunderte von ſchwarzrot-
.