Full text: Arbeiter-Jugend - 17.1925 (17)

Arbeiter-Jugend uu | 103 
Bewegung ihre beſten Kräfte und weitgehende materielle Unterſtüßung zur Ver- 
fügung ſtellten. | m « | . 
Auch gelitten hat Friedrich Ebert um ſeine Jugend. Gelitten nicht durch die 
viele Mühe und Arbeit, die ihm die Bewegung verurſachte, oder durch die Sorgen, 
ſie durch die Verfolgungen der Vorkriegszeit ungefährdet hindurchzuſteuern, --- aber 
gelitten, im lieſſten verleßt durch die ſchwere Enttäuſchung, die ihm ein Teil der 
Jugend während der unheilvollen Parteiwirren der Kriegsjahre bereitete. Der 
unjelige Zwiſt, der damals zur Spaltung der Bewegung führte, ſoll hier nicht 
wieder auſgerollt werden; die Bewegung hat dieſes, ihr ſchlimmſtes Erlebnis, längſt 
verwunden, und verwunden hatte es, lange, ehe er uns verließ, auch Friedrich 
Ebert. Durfte er doch auch auf dieſem beſonderen Gebiet ſeines führenden und 
I<öpferiſchen Wirkens die Erfahrung machen, die ſein ganzes Lebenswerk krönte, 
daß ihm, vorweggenommen in dem Urteil ſeiner Zeit- und Volksgenoſſen, die Ge- 
ſchichte recht gab. Die alsbald nach der Spaltung einſeßzende Sammlung unſerer 
Bewegung, ihr Wiedererſtarken in vordem nicht gekannter Geſchloſſenheit, ihre Er- 
neuverung und Verjüngung im Geiſte Weimars -- die ganze prächtige Entwicklung 
der lezten Jahre, mußte ihm eine glänzende Genugtuung ſein für alle erlittene 
Unbill und der Beweis zugleich, daß auch in der Führung der Jugendbewegung ſein 
Kurs der richtige geweſen. -- 
Ewig wechſelnd, in immer neuer Form und Geſtalt, gebiert ſich das Leben, und 
was Jugend heißt, trägt allem Werden und Wandel die Vahne voran. Die Wege 
unſerer heutigen ſozialiſtiſchen Arbeiterjugend ſind andere als zu der Zeit, da 
Vriedric) Ebert uns führte. Aber das Erbe, das er uns in ſeiner vorbildlichen 
Perſönlichkeit hinterließ, in ſeiner mannhaften Ueberzeugungstreue, ſeineim hohen 
Berantwortungsgefühl, ſeinem unerſchütterlichen Glauben an den Fortſchritt und 
Gieg des demokratiſchen ſozialiſtiſchen Menſchheitsideals, ſeiner unermüdlichen, auf- 
vpferungsvollen Hingabe an die Arbeit im Dienſt dieſes Gemeinſchaftsgedankens --- 
diejes geiſtige und ſittliche Erbe wird ſtets von uns in hohen Ehren gehalten 
werden. .Go lange die Bewegung lebt, kann es in ihrem Bewußtſein nicht unter- 
gehen, denn genau in dem Maße, in dem ſie dem Andenken ihres großen Führers 
die Treue wahrt, wird ſie ſich ſelber, ihrem innerſten Weſen, ihrem wertvollſten Sinne 
treu bleiben. | 
 
 
Die leßte Fahrf. 
“En der Zeitſchrift des Reichsbanners ſchildert Paul L 5 b € noch einmal das unvergleichliche 
y) Erlebnis der Heimfahrt des erſten Reichspröſidenten, unſeres Genoſſen Ebert. Nachdem 
Gw cr die Schuld der Verleumder an dem Tod Eberts jeſtgeſtellt, nennt er die lezte Fahrt 
des Toten von Berlin nach Heide: berg die große Bergeltung, die Rache des Volkes und die 
Kapitulation ſeiner Gegner vor dem Menſchen, den man gepeinigt, um dann Jortzufahren: 
„Am 10% Uhr vormittags war er verſchieden, um 2 Uhr konnten die Reichsbannerleute 
Der Mieſenſtadt früheſtens eine Parole ausgeben, um 10 Uhr abends ſtanden ſie aus allen 
Vororten zu Tauſenden in Reih' und Glied mit den Fackeln bereit, und um Mitternacht 
bewegte ſich der düſtere Zug vom Krankenhaus zum Trauerhaus, von Tauſenden entblößten 
Hauptes begleitet, durch ein tauſendfältiges Spalier brennender Fackeln und gefenkter Fahnen. 
Noch in derſelben Nacht! . 
Dann der Beſtattungstag. Es war ein todgefährliches Experiment, dem Zug nur eine 
kurze Wegſtre>e zu g2währen und damit die Stauung der Millionen auf wenigen, wenn 
aud) rieſigen Plätzen herbeizuführen. - Denn unzählbar waren- die Scharen, die von der 
Wilhelmſiraße ganz, von den Linden größtenteils vertrieben, ſich auf dem Königsplaß, der 
Budapeſter Straße und dem Potsdamer Plaß einfanden. Dort allerdings überwältigende 
Bilder! Zum Reichstag hinauf fährt der Tote an der Front der Hunderte von ſchwarzrot- 
 
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