Arbeiter-Jugend - 1333
is
Richtung iſt bekanntlic) Bellamys „Rücdbli> aus dem Jahre 2000", einſt Moderoman,
heute nur noch als Kurioſität geleſen. Was die „Kunde von Nirgendwo“ betrifft, ſo
hat heute jeder Proletarier voll begriffen, daß der Sozialismus das Produkt einer
von vielen Faktoren abhängigen Entwicklung iſt, und daß die ſozialiſtiſche
Geſellſchaft ſelber aller menſchlichen Vorausſicht nach ein in ſteter Entwicklung be»
griffenes, in ſtetem lebendigen Fluß befindliches Gebilde und kein ſtarres, in aller
Ewigkeit unveränderlich beharrendes Srtſtem ſein wird. Wie die bürgerliche Geſell»
ſchaſt bei ſelbſtverſtändlich gleichbleibender materieller Grundlage (nämlich dem Privat»
eigentum an den Rroduktionsmitteln) ſich in einer Fülle verſchiedenartigſter geſell»
ſchaftlicher und kultureller Erſcheinungsformen geäußert hat, ſo wird auch der Sozia»
lismus eine Vielheit äußerer Formen und Normen offenbaren. Wir lehnen deshalb
heute das fix und fertige Bild, das utopiſtiſche Romane von der ſozialiſtiſchen Geſell»
ſchaft entwerfen, als unſichere und unwahrſcheinliche Schilderung ab. Das aber hindert
uns nicht, wie im Fall der „Kunde von Nirgendwo“ des William Morris, ein lieben»
des Andenken den Dichtern zu bewahren, die mit begeiſtert vorſtürmender Phantaſie
das Land der Zukunft zu ſchildern unternahmen, an deſſen Erſchließung und Urbar»
machung wir jeßzt arbeiten.
zu
Organiſation und Bedeutung des Bölkerbundes.
Von Hans Weſemann, Genf. |
FP en einen eine Scham, den anderen ein ſchmerzliches Gelächter," könnte man
8 Emit Nießſche ſagen, wenn man immer wieder ſehen muß, mit welcher Ver»
zes |tändnisloſigkeit oder welchem Uebelwollen gerade in Deutſchland ein großer
Teil des Volkes dieſer Inſtitution gegenüberſteht. Es iſt in beſtimmten Kreiſen
geradezu eine Mode geworden, den Völkerbund für alles und jedes, was unſer
Land an Mißgeſchi> betroffen hat, verantworilich zu machen, wovei das Grund-
motiv aller dieſer Kritiker und Ankläger immer wieder bleibt: Ich kenne Zwar die
Abſichten und die ganze Einrichtung des Völkerbundes überhaupt nicht -- aber ich
mißbillige ihn.
Man ſoll ſich auch vor jenen überſchwenglichen Idealiſten hüten, die in dem
Völkerbund das Ziel aller irdiſchen Träume ſehen, die Verkörperung des ewigen
Friedens, die Garantie der Glücſeligkeit für alle Menſchen und ganz beſonders
auch eine Möglichkeit für ſchwärmeriſche und empfindſame Seelen, einer harten
und rauhen Wirklichkeit aus dem Wege zu gehen.
Der Völkerbund liegt genau auf der Mitte dieſer beiden Auffaſſungen. Er iſt
heute ein Inſtrument der großen Politik, und er dient gleichzeitig humanitären
Zwecken, die über allen Streit der Parteien und Nationen erhaben ſind.
Es bleibt troß allem das unſterbliche Verdienſt Wilſons, zuerſt in ſeinen zwölf
Punkten den Gedanken eines Friedenspaktes aller Nationen ausgeſprochen zu haben.
Und alle Völker, müde des Mordens und der jahrelangen Verzweiflung, hörten
ſeine Botſchaft mit einer Gläubigkeit und einem Vertrauen, die auch ihre Re-
gierungen zu Zugeſtändniſſen in dieſer Richtung zwang. Vom Waffenſtillſtand ab
wurde deshalb dieſe Forderung nac) dem Völkerbund laut, der den Frieden für
alle Welt bringen ſollte. Und in dem einleitenden Kapitel des Verſailler Vertrages
ſelber wurde ein Bekenntnis zur Jdee des Völkerbundes aufgenommen, das allen
Unterzeichnern des Friedensvertrags die Verpflichtung zum Eintritt in den Völker»
bund auferlegte. | |
Dabei war der Grundgedanke, daß der Völkerbund eine ſtändige Verbindung