Full text: Arbeiter-Jugend - 17.1925 (17)

198 Arbeiler-Jugend 
Der Kampf um den Achſiſlundenkag. 
Bon Kurt Wegner. 
er Teil XI11 des Friedensvertrages von Verſailles handelt von der Arbeit. 
Y-In Der ECinleitung wird geſagt, daß der Weltfrieden, den zu erreichen der 
Bölkerbund ſich als Ziel geſte>t habe, nur auf idem Boden der ſozialem Gerechtig- 
Zeit aufgebaut werden könne. Es wird dann die Errichtung eines Internationalen 
Arbeits5amts damit begründet, daß zurzeit „Arbeitsbedingungen Geſtehen, die für 
eine große Anzahl von Menſchen mit ſo viel Ungerechtigkeit, Elend und Endbehrungen 
verbunden ſind, daß eine den Weltfrieden und die Welteintracht gefährdende Un- 
zufriedenheit entſteht und eine Verbeſſerung dieſer Bedingungen dringend erforderlich 
iſt“. Dann wird ausgeführt, wo der Hebel anzuſetzen iſt. Genannt werden die 
Arbeitszeit, die Arbeitsloſigkeit, die Löhne, der Arbeiterſchultz, beſonders der Schut 
gegen Betriebsunfälle, der Schuß der Kinder, Jugendlichen und Frauen. 
Dieſe ſoziale Programm haben die Schöpfer des Verſailler Vertrags nicht aus 
gutem Herzen heraus aufgeſtellt, Der Krieg hat ihnen zwar klar gemacht, daß eine 
mit dem Vaterland verwachſene Arbeiterſchaft vorhanden ſein müſſe, wenn das Vater- 
land Beſtand haben ſoll, aber im weſentlichen kam es ihnen darauf an, einen Damm 
gegen dein Bolſchewismus auſzurichten. .Die Arbeiter ſollten ihre Hoffnung nicht auf 
Die Hilfe einer radikalen Strömung von außen, ſondern auf den ſozialen Aufbau im 
Innern ſetzen, an dem die :ganze Welt gemeinſam arbeite. 
Wir wiſſen, daß ſo die ſoziale Frage in Wirklichkeit nict gelöſt werden kann. 
Ganz von ſelbſt entſtehen dabei Hemmungen aus Unternehmerkreiſen, in denen immer 
mehr die Auffaſſung ſich ſeſtwurzelt, daß Jie, nur ſie allein, die „Wirtſchaft“ ſeien. 
Da aber die Löſung der ſozialen Frage nicht über Nacht erfolgen kann, ſondern ein 
Werk von Generationen ſein wird, iſt es doc) der im Verſailler Vertrag bereitete 
Boden, auf den ſic auch die Arbeiterklaſſe zu ſtellen hat. Sie muß dort das vorwärts- 
treibende Clement ſein, darf dabei aher ihre Forderungen, die ſie auf eigenem, von 
ihr ſhon lange beaFertem Gebiet ſtellt, nicht weniger energiſch vertreten. Troß 
Bölkerbundsprogramm, troß Internationalem Arbeitsamt avird es immer [ſo ſein, daß 
auf ſozialpolitiſchem Gebiet Fortſchritie nur dort erreicht werden, wo eine gut organi- 
Jierte Arbeiterklaſſe feſt auf ihr Ziel losmarſchiert: die Befreiung der Arbeiterklaſſe 
015 Der Lohnknechtſchaft. 
Sieben Tagungen der Internationalen Arbeitskonſerenz haben inzwiſchen ſtatt» 
gefunden. Die lezte begann am 19. Mai in Genſ, wo das Internationale Arbeits» 
amt ſeinen Sißß hat. Die erſte war in Waſhington im Jahre 1919, Gie nahm neben 
anderen Vorſchlägen und Entwürfen von Uebereinkommen auch den Ueberein- 
fommensentwurf an, der von allen, aud) von den jpäter angenommenen Entwürfen, 
der am meiſten genannte iſt, den „Entwurf eines Uebereinkommens betreffend Feſt- 
ſezung der Arbeitszeit in gewerblichen Betrieben auf acht Stunden täglich und 
achtundvierzig Stunden. wöchentlich". Dieſer Entwurf iſt damals mit großem Jubel 
angenommen worden, er gehört aber zu denen, (die nur wenig, und dabei ſtets nur in 
wirtſchaftlich untergeordneten Staaten ratifiziert (beſtätigt) worden ſind. 
Zunächſt etwas über die Technik, wie die Beſchlüſſe der Internationalen Arbeits» 
konferenz in die Tat umgeſeßt werden. Dieſe Beſchlüſſe teilen ſich in „Vorſchläge“ 
und in „Entwürfe“. Die „Vorſchläge“ ſind den Mitgliedern, d. h. den Staaten, die 
dem Internationalen Arbeitsamt angehören, zur Prüſung vorzulegen, damit ſie in 
Form eines Landesgeſeßzes pvder anderswie zur Ausführung gelangen, während die 
„Entwürfe“ als ſolche von den Mitgliedern ratifiziert werden ſollen. Die größere 
Bindung kommt alſo den Entwürfen bei.
	        
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