392 Arbeiter-Jugend
vom Geſicht, umarmte die Seinen, ſtürmte auf die Straßen und umarmte dort Freund und
Jremd. (Der Begriff: Feind war bereits ſeit Jahren abhanden gekommen.)
Jeßzt aber erwies ſich, daß vie umſichtige, unermüdliche „Zadwu“ in echt deutſcher
Gründlichkeit vereits auc) für dieſen Fall vorgeſorgt hatte. Mit Muſikkapellen ging es zu
einem großen Volksfeſt überall vor die Wieſen der Stadt oder auf den Dorfmarkt. Jung
und alt erfreute ſich in ſtrahlendſter Lebensfreude an Tanz, Spiel und Leibesübungen.
Nirgends aber kam es zu den häßlichen Entartungen der Zügelloſigkeit, denn die Jahre des
Todesernſtes haften den menſchlichen Charakter geläutert und vertieft. Abends ſprachen
wieder die Denker aller Nationen zu ihren Völkern über den Sinn des Lebens, die Sprech»
<öre ließen von einem großen Dichter ven für dieſen Zwe verfaßten Hymnus erbraujen
„Heiligg Erde, heiliges Leben“, und wieder bildete den Abſchluß und Höhepunkt die Neunte,
als gewaltigſter Ausdru> des alles umfaſſenden Gemeinſchaft lebens. Bei der Stelle „Seid
umſchlungen, Millionen“ faßten ſich alle an den Händen, die Augen leuchteten, und wie ein
heiliges Gelöbnis ſtieg es aus aller Herzen: „Was den großen Ring bewohnet, huldige
der Sympathie!“
Und in einer der großen Städte des induſtriellen weſtlichen Deutſchlands geſchah) es,
daß, nachdem die letzten Töne des weißevollen Werkes verklungen waren, ein junger,
friſcher Bergmann auf die Bühne ſprang und zu reden begann. Seine Worte, die von der
Menge brauſend bejubelt wurden, wurden bald, in alle Sprachen überſetzt, von der „Zadwu“
durch Radio um den Erdball geſandt, überall die gleiche Begeiſterung, den gleichen Tatwillen
auslöſend. Sie lauteten:
„Brüder, Menſchen! Von grauen Urzeiten her geht die Sage, daß ein Halbgott den
Weſen der Erde die Himmelsgabe des göttlichen Feuers gebracht und ſie dadurch erſt zu
Menſc<hen gemacht hat. Wohl verſtand die Menſchheit, die Promethidentat zu nutzen,
und dennoch drohte in ihrer Hand der Segen zum Fluch zu werden. Uns allen jtand
entſeßzlicher Untergang bevor, wenn wir alle uns nicht zu gemeinſamer Tat, zu einem
ſaſt übermenſchlichen Werk in Einigleit zuſammengeſunden hätten. Daß wir kleinen,
hilfloſen Menſchen aus eigener Kraft ohne den Beiſtand eines Gottes dies Schwerſte
geleiſtet haben, iſt unſere Freude, unſer Stolz und bezeichnet den Beginn eines neuen,
menſchlichen Zeitalters. Menſchen, Brüder! Denken wir heute an die Zeit vor zwölfeinhalb
Jahren zurück, vann erſcheint uns unſer damaliges Leben, der Kampf aller gegen alle,
unſere ſelbſtverſchuldete Not, unſer Egoismus und unſer Völkerhaß wie ein dumpfer
Traum. Tragiſches Menſchenſchi>ſal der Unvollkommenheit, daß nur die brennende Not,
die gemeinſame Todesgeſahr uns unſerer Verbundenheit bewußt werden ließ! Nun. aber,
Freunde, laßt die Vorgeſchichte der Menſchheit für immer beendet ſein, wollt bewußt, was
ihr zwölf und ein halbes Jahr lang unter dem Zwang eines eiſernen Muß getan habt, und
ter große Schritt, den die kühnſten Denker der Neuzeit gefordert haben, iſt getan, der Schritt
aus dem Reich der Notwendigkeit in das Reich der Freiheit!"
| An alle Coler?
Der Verlag fertigt für diefen Jahrgang der „Arbeiter-Ivgend“ wieder ein Inhalts-
verzeichnis an, das zum Preiſe von 5 Pf. zu beziehen iſt. In den Ortsgruppen bitten
wir die Beſtellungen zu ſammeln und durc< die Leilung zu beſtellen.
Cbenfo fertigen wir eine EinbanddeFe in Halbleinen an, die zum Preiſe von
0,59 Mik. bezogen werden kann. Sammelbeſtellungen ebenfalls erwünicht.
Der in Halbleinen gebunden fomplettz Jahrgang 1925 der „UAUrbeiter-
Iungend“ iſt ab Milte Dezember vom Berlag zu beziehen und koſtet 2,50 Mk. Ferner
ſind noc< die Iahrgänge 1922 und 1923 mit je 1,75 Mk. und 1924 mit 2,59 Nik. zu haben.
Ende Jiovember erſcheint wieder unjer Taſchenkalender 1926, der diesmal in
Ganzleinen gebunden ſehr verbeſſert herausfommt. Preis 0,70 Mk. Die Vereinsleitangen
werden gebeten, in ihren Mitgliederkreijen die Beſtellungen zu ſammeln und gemeinſam dem
Arbeiferjugend-Berlag aufzugeben, der in Jjolgen Fällen einen Drganiſationsrabatt
gewührt. Der Hauptvorſitkand.,
nad
Berantworltlid ſür die Redaktion: CE. Ollenh aner. -- Verlag Arbeiterjugend-Verlag !Aug. Albrecht)
Dru>: Buchdruckerei Vorwärts, =- Sämtlich in Berlin GW. 68, Lindenſtraße 3,