Arbeiter-Jugend 117
gute Werkzeug abzuſtumpfen!" Mit dem Hantieren an den Maſchinen hatte es auch) ſeine
Bewandtnis. Das kommt ſpäter, ſagten die Geſellen, er ſolle erſt einmal lernen, einen geraden
Strich zu feilen, und im übrigen: „Helmuth, dort im Regal ſteht eine Kaffeekanne, die holſte
voll warmes Waſſer, aber dalli, und in der Mittagspauſe gehſte zum Krämer und bringſt
zwei Rollmöpſe mit!" Was ſollte er dagegen unternehmen? u
Einmal hatte er zu widerſprechen verſucht, da waren ihm ein paar Holzpantinen um
die Ohren geflogen. Das beſte war, man biß die Zähne aufeinander uyd ließ über ſich
ergehen, was kam. Nur das konnte er nicht verhindern, daß er mit jedem Morgen wider»
williger ſeiner Arbeitsſtelle zuſtrebte, daß er immer häufiger währen5 der Arbeitszeit den
Klang der Feierabendglo>e herbeiſehnte, damit er hinaus kam aus dem langſam zum Zucht»
haus werdenden Fabrikgemäuer, dorthin, von wo her, auch burch bei&unutzte und ölige Fenſter
ertennbar, das Grün der waldigen Berge lockte. | hp.
Die Arbeiterjugend und der Krieg. -
MES it der Fanfare „An die deutſche Jugend!“ wendet ſich der „Volksbund deutſche
y 8 8 Kriegsgräöberfürſorge, e. V.“ an die Schulen und mutet in den Kernſäßen ſeines
&- K 8» Jlugblattes den Lehrern und Schülern folgende Gedankenloſigkeiten zu: -
„Du. liebe, begeiſterungsfähige, aufopferungsbereite deutſche Jugend, dir ruft der
Volksbund zu:
1. Vergiß nie, was deine Väter und Brüder in den Jahren des Weltkrieges geleiſtet haben!
2. Vergiß nie, daß ihr Leben und Leiden euch galten!
8. Vergiß nie die Jugend von Langemard>, die ihre Heimat mehr liebte als ihr eigenes
Leben!
4. In dem Geiſt, in dem ſie ſtarben, wollen wir leben!“
Das ſind nur die eingerüd>ten oder fettgedruckten Sätze. Aber ſie genügen wohl, die
Abſicht volikommen erkennen zu laſſen.
Gibt es vielleicht immer noch Lehrer und Schulleiter, die ſich das bieten laſſen? Oder
die vielleicht in den aufgeblaſenen hohlen Sätzen des Vlugblattes ſich nicht ungern wider-
ſpiegeln? Dreizehnjährige Schüler einer Frankfurter Arbeitsſchule gerieten in Aufregung,
al5 der Lehrer ihnen das Flugblatt vorlegte. Die Ausdrücde der Entrüſtung ſind hier nicht
wiederzugeben. Aber die Kritik, die dann ſchriftlich niedergelegt wurde, enthielt folgende
Kernſäßze:
Zu ?: Nein, das werden wir nie vergeſſen, was unſere Väter gelitten haben. Erſt
geſtern hat die Mutter Vaters Briefe vorgeleſen, die nichts als Klagen und Groll über den
unſinnigen Krieg enthalten: „Wir werden wie das Viey zur Schlachtbank kommandiert“ uſw.
Zu 2: Für uns brauchten ſie nicht zu ſterben und zu leiden. Für uns konnten ſie daheim
viel beſſer ſorgen, ohne ſterben zu müſſen. Für uns hätten ſie das Vurchtbare nie getan. --
Man hat ſie in den Krieg mit Todes- und Zuchthausſtrafen gezwungen.
Zu 3: Langemar>, dieſes Schandkapitel wahnſinniger Heeresführung! Weil man
dort dumme brave Jungen vor ſich hatte, konnte man ſie in die englijcgen Maſchinengewehre
heken. Sie mußten noch dazu ſingen. Nein, das werden wir nie vergeſſen. Nach Vater
und Mutter haben ſie geſchrien in ihrer Hilfloſigkeit. Und die Kommandierenden ſtanden
hinten am den Scherenfernrohren und ſchrieben im Fanfarenton des „Volksbundes“ Sieges-
depeſchen. Arme betrogene Jungen von Langemarc>, wir werden euer gedenken, aber
anders, als der „Volksbund“ vorausſeßt!
Zu 4: In dem Geiſt, in dem unſere Väter und Brüder ſtarben, dem Geiſt und Ungeiſt
dieſer Gemordeten, wollen wir nicht leben. Wir wollen dafür ſorgen, daß der Weitkrieg
der lezte Volksbetrug geweſen iſt. Wir ſagen das nicht aus Feigheit. Wir ſind vielmehr
bereit, unſer Leben einzuſezen, wenn es die Menſchheit emporzuſchaſſen gilt. Nicht für
Landesgrenzen geben wir unſer Biut. Auch nicht für Kronen, Kanonenkönige und Generale.
Für die, die am meiſten leiden in der Welt! Für die kämpfen und ſterben, das wollen
wir, du [chwarzweißroter volksfeindlicher Volksbund! granfk.