164 | Arbeiter-Jugend
konnten, daß die Organiſation nicht nur vollkommen intakt iſt, ſondern daß in den
Berichtsjahren ſowohl die Funtktionärſchulung als auch die allgemeine Erziehungs»
arbeit einen bisher unerreichten Umfang angenommen hat. Troß der geringeren
Mitgliederzahl ergeben die Statiſtiken bedeutende Steigerungen hinſichtlich der Zahl
der Veranſtaltungen und auch ihres Beſuches. Während im Jahre 1923 durchſchnitt»
lich 966 Vereine über 19 306 bildende Veranſtaltungen mit insgeſamt 500 000 Teil»
nehmern berichteten, trafen im Jahre 1925 durchſchnittlich 868 Vereine 30 442 Ver»
gnjtaltungen belehrenden Charakters mit rund 624 000 jugendlichen Beſuchern.
Im Übrigen bot unſer Hamburger Jugendtag mit ſeinen 25 000 jugendlichen
Teilnehmern einen ſo prächtigen Beweis der Lebenskraft unſerer Bewegung, daß
wir uns nähere Mitteilungen an Dieſer Stelle erſparen können. Auch auf die ums
jangreiche ſozialpolitiſche Tätigkeit des Verbandes brauchen wir hier nicht weiter
einzugehen, da es jedem Unterrichteten bekannt iſt, daß unſer Verband ein erhebliches
Berdienſt daran hat, wenn heute alle deutſchen Jugend- und Wohlfahrtsverbände
die Forderung näch ausreichendem geſetzlichem Jugendſchuß erheben.
In der Diskuſſion zeigte ſich denn auch eine weitgehende Uebereinſtimmung
der Redner in der Beurteilung der geleiſteten Arbeit. Die Hauptdebatte drehte ſich
jedoch um die Anträge, die Hauptvorſtand und Reichsausſchuß in der der Reichs-
konferenz porangegangenen Beratung hinſichtlich der Erhöhung der Alters»
grenze und der Zentraliſierung des Beitragsweſens formuliert
Hatten. Beide Anträge ſind von erheblicher Bedeutung für unſere zukünftige Exr-
aiehungs- und Drganiſationsarbeit. Mit dem Antrag auf Erhöhung der Altersgrenze
von 18 bis 20 Jahren zogen Hauptvorſtand und Reichsausſchuß die Konſequenz aus
der Tatſache, daß die Jungſozialiſtiſche Bewegung in den fünf Jahren ihres Be-
ſtehens nicht in der Lage geweſen iſt, ihre Aufgaben als Aelterenorganiſation und als
die politiſche Bildungsſtätte der jungen Parteigenoſſen zu erfüllen. Der Hauptvorſtand
fam mit ſeinem Antrag außerdem einem alten Wunſche großer Teile der Mitglied»
Ichaft entgegen. Wenn troßdem in Hildesheim ſich eine Minderheit mit ziemlicher
Gdchärfe gegen den Antrag ausſprach, ſo iſt das darauf zurückzuführen, daß dieſe
Minderheit hinter dem Antrag der Verbandsleitung politiſche Beweggründe ver»
mutete. Es fann auch hier nur wiederholt werden, daß dieſe Annahme unzutreffend
iſt. Ginziges Leitmotiv war und iſt die Sorge um das Schi>ſal der über Achtzehn-
jährigen, die heute vielfach der ſozialiſtiſchen Bewegung verloren gehen, weil der
Mittler fehlt zwiſchen Jugendorganiſation und Vartei. Die Erhöhung der Alters»
grenze gibt uns die Möglichkeit, die Jugend noch im Rahmen unſerer Organiſation zur
politiſchen Mitarbeit zu führen. Der Antrag wurde ſchließlich mit übergroßer Mehrheit
in folgender Faſſung angenommen:
„Die Reichskonferenz hält es für dringend erwünſcht, daß die für die Zugehörigkeit
zum Verband der Sozialiſtiſchen Arbeiterjugend Deutſchlands beſtehende Altersgrenze
auf das 20. Lebensjahr erhöht wird. Sie richtet daber an den Hauptvorſtand das
Erſuchen, die für die Aenderung notwendigen Beſchlüſſe im Einvernehmen mit den
beteiligten Körperſchaften herbeizuführen.
Der Verband der Sozialiſtiſchen Arbeiterjugend Deutſchlands wird die ſich aus der
Erhöhung der Altersgrenze ergebenden neuen erzieheriſchen Aufgaben zu erfüllen ſuchen
durch die Schaffung beſonderer Arbeitsgruppen ſür die Mitglieder von 14 bis 17 Jahren
und für die Mitglieder von 17 bis 20 Jahren. Der Hauptvorſtand wird beauftragt,
ein Arbeitsprogramm für beide Gruppen auszuarbeiten.
Die Reichstkonferenz iſt jich darüber klar, daß ſür die neu hinzutretenden Jahrgänge
die politiſche Schulung beſonders notwendig iſt, da ſür die Jugendlichen über 18 Jahren
nad) wie vor die Verpflichtung beſtehen bleibt, ſich der ſür ſie in Frage kommenden
politiſchen Organiſation anzuſchließen.
Dieſe Regelung ſoll keine Spitze gegen die jungſozialiſtiſche Bewegung bedeuten.“