Arbeiter-Jüged 2 u os J78
allen genoſſen werden konnten, wurden damit zum zeik- und ortsgemäßen Ausdruc>
neuen Schönheitsſinns. Die intime Wirkung graphiſcher Blätter begegnete keinem
allzuſtarken Intereſſe.
Ganz anders in Deutſchland. Das Klima verweiſt uns für einen großen Teil
des Jahres auf's Haus, in den engen perſönlichen Kreis. Wurde in dieſem, unter
vem Einfluß der Zeit, die Liebe zum Kunſtwerk lebendig, ſo mußte das Bedürfnis
nad) handlichen, billigen, jedermann zugänglichen Bildern erwachſen. Dieſe aber
liefert die Graphik. |
Sie bringt, als neue Kunſtform, wertvolle Freiheit mit ſich. Alle Tradition,
welche die große, kirchlich gebundene Malerei noch lange beſchwert, iſt ihr nicht
bekannt oder ſtreift ſie nur von fern. Man benußt die graphiſchen Blätter zwar
gelegentlich als „Gemäldeerſatz“, kann ſich längere Zeit von ihrer Kolorierung
nicht befreien, | nächſtnicht hod).
überwindet ; Wie im fernen
aber doch ver- | Oſten verlangt
hältnismäßig das Volk nach
raſch alle inne- Andachts-
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damit die Gra- blättern an
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Dieſe ſtehen in “ dieſelbe Erſchei-
künſtleriſcher Abb. 4. Bildnis der Trivulzia 1497, nung, der wir
Beziehung zu- | ſchon in Oſtaſien
begegneten. Die erſten Produkte einer neuen Technik ſind meiſt nicht taſtende Verſuche,
ſondern erweiſen ſich als künſtleriſch wertvoll, weil nur die beweglichſten, tüchtigſten
Kräfte von ver neuen Arbeitsweije angezogen werden. Die bloßen Hand»-
langer ſind träge, nehmen das Neue erſt an, wenn es ſich ordentlich eingeführt hat,
und verhelien ihm dann dur) ihre verhängnisvolle Liebe nach der erſten Blüte zu
einem verhängnisvollen Abſtieg. |
Die handwerksmäßige Verflachung des Bilddru>s ſeßzte die Graphik in den
Augen der Gebildeten herab, was wiederum eine weitere Verflachung der graphiſchen
Künſte, denen kein Großer ſich zuwandte, bedingte. Die Vornehmen hielten ſich an
geſchriebene Bücher und gemalte Miniaturen (kleine Bilder in den Büchern).
So war die Graphik ganz auf die Bedürfniſſe der „Aermeren im Geiſte“ angewieſen,
auf die Bedürfniſſe der einfachen Leute, die im Gegenſatz zu früher aber doch
immerhin ſc<on Bedürfniſſe hatten. Es entſtanden darum, was auf den erſten Blick
höchſt jonderbar erſcheint, gedru>te Bilderbücher vor den eigentlichen Büchern.
„Blodbücher“ ſind ſie genannt, und bringen für den einfachen Geiſtlichen oder Laien
eindringliche Bilder aus den heiligen Geſchichten oder moraliſierende Schriften mit
kurzen, erſt eingeſchriebenen, dann auſ denſelben Blo> geſchnittenen Texten (Abb. 1.),