WW -. , Arbeiter-Jugend
Solche Gedanken hat Bruno mit dem unverſöhnlichen Haß der Kirche bezahlk.
Zahlloſe bewohnte Welten ſtehen im Widerſpruch mit allem, was die Kirche bisher
geglaubt, mit dem, was in der Bibel ſteht, mit dem Erlöſungswerk Chriſti umd mit
der einzigartigen Stellung des Menſchen. Bruno kennt die Kirche und vermeidet
darum Italien mit ſeiner Inquiſition (Ketzerverfolgung) und bleibt ein Verbannter
im kalten unfreundlichen Norden, überall fremd, faſt überall gehaßt, in ſteter Sorge
um Geld und Brot. Da muß die Sehnſucht nach der Heimat wach werden in ihm,
die Sehnſucht nach dem blauen Himmel der Heimat, noch ihrer ſtrahlenden Sonne,
nach ihrer Sprache und Sitte. Laut und lauter wird der Wunſch und übertönt alle
Vernunft und übertönt ſchließlich jede warnende Stimme. Verführer ſtellen ſich ein
in Form von zwei Briefen eines venetianiſchen Edelmannes, der ihn einlädt, in die
Lagunenſtadt zu kommen.
Giovanni Moncenigo heißt er, ſein Name verdient feſtgenagelt zu werden, wie
der eines Judas JIſcharioth. Er hat von dem Ruhme Brunos gehört und will ſeinen
Unterricht genießen, namentlich in der ſchwarzen: Kunſt. Bruno folgt dem Ruf nach
Venedig, da er in Geldſorgen lebt, und lehrt ihn, was er zu lehren vermag. Die
ſchwarze Kunſt aber verſteht er nicht. Der venetianiſche Edelmann iſt enttäuſcht und
Ichwört Rache. In der Nacht, am 22. Mai 1592, gleitet eine Gondel durch den
dunklen Kanal, legt an dem Hauſe, in dem Bruno wohnt, an, und Moncenigo mit
ſechs handfeſten Männern ſchleicht leiſe in das Schlaſgemach ſeines Lehrers, läßt ihn
gus dem Beit reißen und in ſicheren Gewahrſam bringen. |
Am nächſten Tag läuft ein Brief beim Pater Inquiſitor, dem Haupt der Keßer»-
richter, ein. Von Moncenigo iſt er und denunziert Bruno in der erbärmlichſten
Weiſe: „. . . und wie Sie mir mit großer Milde meinen Fehler verziehen haben, mit
dieſer Anklage ſolange geſäumt zu haben, ſo bitte ich Sie, mich doch bei den anderen
hohen Herrn entſchuldigen zu wollen mit Rückſicht auf meine gute Abſicht und da
ich nicht auf einmal alle Sachen erledigen konnte; . .. ſodann wünſchte ich ja auch,
von ihm möglichſt erſt noch alles Gute zu profitieren (!) ... In Wahrheit habe ich
mir aber immer ſchon gelobt, ihn der Zenſur des heiligen Amtes gauszuliefern!"*)
Nun beginnt ein quälender Prozeß. Rur Moncenigo klagt an. Aufklärende
Entlaſtungszeugen hören die Richter nicht. Brunos Worten glauben ſie nicht, troß-
dem ſie fühlen müſſen, welche Motive Moncenigo bewegen. Bruno rechtfertigt ſich.
Was er gelehrt habe, habe er als Philoſoph gelehrt, nicht als Theologe. Dieſe Zwei»
teilung des Wiſſens war damals allgemein üblich. Aber die Inquiſition iſt taub, wo
ſie nicht hören will. In den Protokollen heißt es: „Wenn Sie des weiteren ſo hart-
näcdig leugnen wie bisher, jo werden Sie ſich nicht zu wundern haben, wenn das
heilige Amt gegen Sie mit denjenigen Mitteln der Juſtiz vorgehen wird, welche
man gegen die Unbußſertigen anzuwenden pflegt, . . . und die das heilige Amt mit
ſeiner ganzen chriſtlichen Liebe und Frömmigkeit zu gebrauchen beſorgt iſt, um allen,
ſo vom rechten Pfade abgewichen ſind, den Weg zum ewigen Leben wiederfinden
zu helfen.“ Das heißt nichts anderes als: die Inquiſition droht mit der Folter.
Durch die ewigen Verhandlungen, durch Drohung und Entbehrung einge-
ſchüchtert, iſt Brunos Kraft gebrochen, iſt ſein Stolz vernichtet. In den Protokollen
heißt es: „Danad) ſinkt er auf die Knie und ſagt: demutsvoll bitte ich Gott den Herrn,
ſowie die hohen Herrſchaften hier um Verzeihung aller meiner Irrtümer und bin
bereit, alles zu erfüllen, was Ihre Klugheit beſchließen und für das Heil meiner
Seele erforderlich erkennen wird!“ Die Inquiſition iſt noch immer nicht beſriedigt.
„) .
*) Zitate nach den in den geſammelten Werken G. Brunos veröſfentlichten Inquiſitions»
atten. Berlag Eugen Diederichs, Jena.