Full text: Arbeiter-Jugend - 18.1926 (18)

WW -. , Arbeiter-Jugend 
Solche Gedanken hat Bruno mit dem unverſöhnlichen Haß der Kirche bezahlk. 
Zahlloſe bewohnte Welten ſtehen im Widerſpruch mit allem, was die Kirche bisher 
geglaubt, mit dem, was in der Bibel ſteht, mit dem Erlöſungswerk Chriſti umd mit 
der einzigartigen Stellung des Menſchen. Bruno kennt die Kirche und vermeidet 
darum Italien mit ſeiner Inquiſition (Ketzerverfolgung) und bleibt ein Verbannter 
im kalten unfreundlichen Norden, überall fremd, faſt überall gehaßt, in ſteter Sorge 
um Geld und Brot. Da muß die Sehnſucht nach der Heimat wach werden in ihm, 
die Sehnſucht nach dem blauen Himmel der Heimat, noch ihrer ſtrahlenden Sonne, 
nach ihrer Sprache und Sitte. Laut und lauter wird der Wunſch und übertönt alle 
Vernunft und übertönt ſchließlich jede warnende Stimme. Verführer ſtellen ſich ein 
in Form von zwei Briefen eines venetianiſchen Edelmannes, der ihn einlädt, in die 
Lagunenſtadt zu kommen. 
Giovanni Moncenigo heißt er, ſein Name verdient feſtgenagelt zu werden, wie 
der eines Judas JIſcharioth. Er hat von dem Ruhme Brunos gehört und will ſeinen 
Unterricht genießen, namentlich in der ſchwarzen: Kunſt. Bruno folgt dem Ruf nach 
Venedig, da er in Geldſorgen lebt, und lehrt ihn, was er zu lehren vermag. Die 
ſchwarze Kunſt aber verſteht er nicht. Der venetianiſche Edelmann iſt enttäuſcht und 
Ichwört Rache. In der Nacht, am 22. Mai 1592, gleitet eine Gondel durch den 
dunklen Kanal, legt an dem Hauſe, in dem Bruno wohnt, an, und Moncenigo mit 
ſechs handfeſten Männern ſchleicht leiſe in das Schlaſgemach ſeines Lehrers, läßt ihn 
gus dem Beit reißen und in ſicheren Gewahrſam bringen. | 
Am nächſten Tag läuft ein Brief beim Pater Inquiſitor, dem Haupt der Keßer»- 
richter, ein. Von Moncenigo iſt er und denunziert Bruno in der erbärmlichſten 
Weiſe: „. . . und wie Sie mir mit großer Milde meinen Fehler verziehen haben, mit 
dieſer Anklage ſolange geſäumt zu haben, ſo bitte ich Sie, mich doch bei den anderen 
hohen Herrn entſchuldigen zu wollen mit Rückſicht auf meine gute Abſicht und da 
ich nicht auf einmal alle Sachen erledigen konnte; . .. ſodann wünſchte ich ja auch, 
von ihm möglichſt erſt noch alles Gute zu profitieren (!) ... In Wahrheit habe ich 
mir aber immer ſchon gelobt, ihn der Zenſur des heiligen Amtes gauszuliefern!"*) 
Nun beginnt ein quälender Prozeß. Rur Moncenigo klagt an. Aufklärende 
Entlaſtungszeugen hören die Richter nicht. Brunos Worten glauben ſie nicht, troß- 
dem ſie fühlen müſſen, welche Motive Moncenigo bewegen. Bruno rechtfertigt ſich. 
Was er gelehrt habe, habe er als Philoſoph gelehrt, nicht als Theologe. Dieſe Zwei» 
teilung des Wiſſens war damals allgemein üblich. Aber die Inquiſition iſt taub, wo 
ſie nicht hören will. In den Protokollen heißt es: „Wenn Sie des weiteren ſo hart- 
näcdig leugnen wie bisher, jo werden Sie ſich nicht zu wundern haben, wenn das 
heilige Amt gegen Sie mit denjenigen Mitteln der Juſtiz vorgehen wird, welche 
man gegen die Unbußſertigen anzuwenden pflegt, . . . und die das heilige Amt mit 
ſeiner ganzen chriſtlichen Liebe und Frömmigkeit zu gebrauchen beſorgt iſt, um allen, 
ſo vom rechten Pfade abgewichen ſind, den Weg zum ewigen Leben wiederfinden 
zu helfen.“ Das heißt nichts anderes als: die Inquiſition droht mit der Folter. 
Durch die ewigen Verhandlungen, durch Drohung und Entbehrung einge- 
ſchüchtert, iſt Brunos Kraft gebrochen, iſt ſein Stolz vernichtet. In den Protokollen 
heißt es: „Danad) ſinkt er auf die Knie und ſagt: demutsvoll bitte ich Gott den Herrn, 
ſowie die hohen Herrſchaften hier um Verzeihung aller meiner Irrtümer und bin 
bereit, alles zu erfüllen, was Ihre Klugheit beſchließen und für das Heil meiner 
Seele erforderlich erkennen wird!“ Die Inquiſition iſt noch immer nicht beſriedigt. 
„) . 
*) Zitate nach den in den geſammelten Werken G. Brunos veröſfentlichten Inquiſitions» 
atten. Berlag Eugen Diederichs, Jena.
	        
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