Full text: Arbeiter-Jugend - 18.1926 (18)

Arbeiter-Jugend „177 
Bruno wird von Venedig nach Rom geſchleppt. Dort wird er acht Jahre im Kerker 
gehalten. Ueber den Verhandlungen liegt undurchdringliches Dunkel. In der jahre- 
langen Haft aber wächſt die Stärke ſeines Geiſtes und ſeiner Seele. Was iſt im 
Vergleich zur unendlichen herrlichen Welt ein Menſchenleben? Was gilt da, wo 
tauſend und abertauſend Sonnen ſich drehen, ein Menſchenſchi>ſal? Wenig und viel. 
Viel, denn auch des Einzelnen Schic>ſal iſt eins mit dem Schiſal der Welt. Und 
wenig, denn Menſchenmacht kann dieſe Einheit nimmermehr zerreißen und miemals 
zerſtören. So gewinnt der Nolaner Kraft. Kraft, ſich zu einer Lehre zu bekennen 
und nichts zu widerrufen. Er geht als Held aus dem Kerker hervor. Und zum 
leßztenmal vor das Tribunal geſtellt, ſpricht er, das Urteil hörend, ein Wort, das im 
ühnlichen Sinne auch Sokrates einſt ſprach, als er vor ſeinen Richtern ſtand, das 
Wort: „Wohl, mit größerer Furcht fällt Ihr das Urteil gegen mich, als ich es 
vernehme.“ . 
Dann wird er der weltlichen Gewalt überwieſen, mit der Bitte, dieſe möge ihn. 
jo gelinde wie möglich und ja ohne die Vergießung ſeines Blutes beſtrafen. Das 
heißt: ſie möge ihn lebendig verbrennen. =- Am 17. Februar 1600 in früher Morgen- 
ſtunde flammte der Scheiterhaufen empor. Kein Laut und kein Seufzer entrang ſich 
Der Bruſt des Gequälten, und als man ihm ein Kruzifix vor die Augen hielt, ſoll 
er ſich abgewandt haben. 
Zerienfage auf Uſedom! 
Von G. Münkle. Mit Originalzeichnungen des Verfaſſers. 
M, urch verichiedene Umjtände war ich im vorigen Sommer gezwungen, von 
Feiner großen Fahrt im Urlaub abzuſehen; ein Teil dieſer Gründe zwang mich, 
/ als Stanodquartier ein Seebad zu nehmen. Nach kurzer Prüfung entſchied ich 
mich für die Inſel Ufedom und, durch Freunde beraten, für Koſerow. Als wichtigſtes 
„Iperationsgebiet“ kam das von Banſin bis Zinnowißz in einer Entfernung von 
20 Kilometer unbebaute Oſtſeeufer in Frage. Bei den Streifzügen auf dieſer Strecke, 
auch landeinwärts, beim Baden und „Aalen“ in meiner „Burg“, konnte ich troß 
größter Aufmerkſamkeit kein Abzeichen der SAI. entdec>en =- eine Erfahrung, die 
mich veranlaßt, einmal nachdrüdlich auf die See als Wander- und Erholungsgebiet 
hinzuweiſen, wobei ich mir allerdings die Schwierigkeiten der techniſchen Durch- 
führung einer ſol<hen Fahrt als nicht gering vorſtelle. Das Neß -der Jugend» 
herbergen iſt an der Küſte, auf Uſedom, in Swinemünde und Zinnowiß, noch ſehr 
dürftig, der Andrang in den Bädern ſehr ſtark; zum Beiſpiel zählte Uſedom bei un- 
gefähr 33 000 Einwohnern rund 120 000 Badegäſte, die zum weitaus größten Teil 
am ſogenannten Badeſirand dicht zuſammengedrängt in ihren Burgen ho>ten. Die 
Menge dieſer Beſucher wirkt ſich beſonders in den Preiſen aus. Jedoch, wann haben 
wir jemals darauf verzichtet, Schönheiten unſeres Landes kennenzulernen, weil wir 
nicht jo „mitmachen“ können wie die anderen? So können wir es auch bei guter 
Vorbereitung riskieren, mit Gruppen an die See zu wandern, wobei die Teilnehmer 
eine Fülle von unvergeßlichen Eindrücken mit nach Haufe nehmen würden. Beim 
Baden im Freien muß jedoch allergrößte Vorſicht geübt werden, da ver Wellenſchlag 
große Kraft hat und ſelbſt der beſte Schwimmer ſich kaum über Waſſer halten kann. 
Zwiſchen den Ortſchaften ſind Ruderboote nicht zu haben, ſo daß bei Lebensgefahr 
teine Rettung möglich iſt. 
Der Ddermündung in das Haff ſind die Inſeln Wollin und Uſedom vorgelagert, 
Mit Hilfe der Bilder und einer Karte können ſich die Leſer leicht eine anſchauliche 

	        
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