Arbeiter-Jugend „177
Bruno wird von Venedig nach Rom geſchleppt. Dort wird er acht Jahre im Kerker
gehalten. Ueber den Verhandlungen liegt undurchdringliches Dunkel. In der jahre-
langen Haft aber wächſt die Stärke ſeines Geiſtes und ſeiner Seele. Was iſt im
Vergleich zur unendlichen herrlichen Welt ein Menſchenleben? Was gilt da, wo
tauſend und abertauſend Sonnen ſich drehen, ein Menſchenſchi>ſal? Wenig und viel.
Viel, denn auch des Einzelnen Schic>ſal iſt eins mit dem Schiſal der Welt. Und
wenig, denn Menſchenmacht kann dieſe Einheit nimmermehr zerreißen und miemals
zerſtören. So gewinnt der Nolaner Kraft. Kraft, ſich zu einer Lehre zu bekennen
und nichts zu widerrufen. Er geht als Held aus dem Kerker hervor. Und zum
leßztenmal vor das Tribunal geſtellt, ſpricht er, das Urteil hörend, ein Wort, das im
ühnlichen Sinne auch Sokrates einſt ſprach, als er vor ſeinen Richtern ſtand, das
Wort: „Wohl, mit größerer Furcht fällt Ihr das Urteil gegen mich, als ich es
vernehme.“ .
Dann wird er der weltlichen Gewalt überwieſen, mit der Bitte, dieſe möge ihn.
jo gelinde wie möglich und ja ohne die Vergießung ſeines Blutes beſtrafen. Das
heißt: ſie möge ihn lebendig verbrennen. =- Am 17. Februar 1600 in früher Morgen-
ſtunde flammte der Scheiterhaufen empor. Kein Laut und kein Seufzer entrang ſich
Der Bruſt des Gequälten, und als man ihm ein Kruzifix vor die Augen hielt, ſoll
er ſich abgewandt haben.
Zerienfage auf Uſedom!
Von G. Münkle. Mit Originalzeichnungen des Verfaſſers.
M, urch verichiedene Umjtände war ich im vorigen Sommer gezwungen, von
Feiner großen Fahrt im Urlaub abzuſehen; ein Teil dieſer Gründe zwang mich,
/ als Stanodquartier ein Seebad zu nehmen. Nach kurzer Prüfung entſchied ich
mich für die Inſel Ufedom und, durch Freunde beraten, für Koſerow. Als wichtigſtes
„Iperationsgebiet“ kam das von Banſin bis Zinnowißz in einer Entfernung von
20 Kilometer unbebaute Oſtſeeufer in Frage. Bei den Streifzügen auf dieſer Strecke,
auch landeinwärts, beim Baden und „Aalen“ in meiner „Burg“, konnte ich troß
größter Aufmerkſamkeit kein Abzeichen der SAI. entdec>en =- eine Erfahrung, die
mich veranlaßt, einmal nachdrüdlich auf die See als Wander- und Erholungsgebiet
hinzuweiſen, wobei ich mir allerdings die Schwierigkeiten der techniſchen Durch-
führung einer ſol<hen Fahrt als nicht gering vorſtelle. Das Neß -der Jugend»
herbergen iſt an der Küſte, auf Uſedom, in Swinemünde und Zinnowiß, noch ſehr
dürftig, der Andrang in den Bädern ſehr ſtark; zum Beiſpiel zählte Uſedom bei un-
gefähr 33 000 Einwohnern rund 120 000 Badegäſte, die zum weitaus größten Teil
am ſogenannten Badeſirand dicht zuſammengedrängt in ihren Burgen ho>ten. Die
Menge dieſer Beſucher wirkt ſich beſonders in den Preiſen aus. Jedoch, wann haben
wir jemals darauf verzichtet, Schönheiten unſeres Landes kennenzulernen, weil wir
nicht jo „mitmachen“ können wie die anderen? So können wir es auch bei guter
Vorbereitung riskieren, mit Gruppen an die See zu wandern, wobei die Teilnehmer
eine Fülle von unvergeßlichen Eindrücken mit nach Haufe nehmen würden. Beim
Baden im Freien muß jedoch allergrößte Vorſicht geübt werden, da ver Wellenſchlag
große Kraft hat und ſelbſt der beſte Schwimmer ſich kaum über Waſſer halten kann.
Zwiſchen den Ortſchaften ſind Ruderboote nicht zu haben, ſo daß bei Lebensgefahr
teine Rettung möglich iſt.
Der Ddermündung in das Haff ſind die Inſeln Wollin und Uſedom vorgelagert,
Mit Hilfe der Bilder und einer Karte können ſich die Leſer leicht eine anſchauliche