Arbeiter-IJugend 187
Welche Altersgruppen kennt die Erwerbsloſen-Für ſorge:
- 1. Erwerbsloſe über 21 Jahre und unter 21 Jahren. |
2. Erwerbsloſe vom vollendeten 16. bis zum nichtvollendeten 18. Lebensjahre erhalten
nur dann Unterſtüzung, wenn von den Behörden feſtgeſtellt iſt, daß es Perſonen dieſer
Altersgruppen nach der allgemeinen Lage des Arbeitsmarktes troß beſonderer Bemühungen
erſt nach längerer Arbeitsloſigkeit möglich ſein wird, Arbeit zu erhalten.
3. Erwerbsloſe, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erhalten keine Er»
werbsloſen-Unterſtüßung. Sie können aber an den öſfentlichen Notſtandsarbeiten beteiligt
werden, - ſie erhalten dann die beſtehenden Sätze. Auch kann ihnen Arbeitsausrüſtung, freie
Fahrt zur Reiſe nach dem Beſchäftigungsort gewährt werden, wenn der jugendliche Erwerbs»
loſe dadurch Arbeit aufnehmen kann. aH
Welche Verpflichtungen muß man übernehmen?
1. Die Anordnungen in Erwerbsloſenangelegenheiten befolgen. Sollten Zweifel odey
Nichteinverſtändnis mit Anordnungen beſtehen, ſo befrage deine Gewertſchaſt.
2. Gelegenheitsverdienſt, Wohnortveränderungen ſind dem Arbeitsamt zu melden.
Jeder unterſtüßte Erwerbsloſe iſt für den. Fall der Krankheit verſichert.
G. Bothur.
Weiße Fäden im ſ<hwarzen Haar.
Erzählung von Max Barthel.
Af anas war ein junger Bildhauer, mit dem ich lange Wochen in Rom zuſammen war.
POE hatte ein weiches Geſicht und eine eigenwillige Stirn, unter der blaue Augen
B leuchteten. Wir waren ſchon die fünfte Woche in Rom und hatten gemeinſam viel
Mr geſehen und erlebt, lagen lange in den prachtvollen Muſeen und Kirchen, wanderten
in die ſchwarze Campagna hinaus, die frühlingshaft errötete und die erſten Blumen trieb.
An dieſem Tag, von dem ich jetzt erzählen will, waren wir auf vem Monte Teſtaccia
geweſen, dem begrünten Hügel aus den Scherben antiker Wein?rüge, hatten uns Zuerſt die
Stadt angeſehen, die paladiniſchen Hügel und den ernten Friedhof mit den ſchwarzen
Zypreſſen, unter denen auch das Feuerherz des engliſchen Dichters Shelley begraben liegt.
Heber vem Friedhof mit den vielen Toten aber lärmte "das Leben. Auch das war
lebendiges Leben, als uns zwei junge Mädchen aus vem Proletarierviertel anſprachen und
ſich für einige Kupfermünzen anboten. - |
„Auch das iſt Italien," ſagte ich zu Jonas, der wie ein Kind errötete, „auch das iſt
Italien, und nicht nur die kapitoliniſche Venus und die prunkvollen Trümmer.“
„3a,“ antwortete Jonas, „das weiß ich. Aber immer brennt mein Herz, wenn aus
der Liebe ein Geſchäft gemacht wird.“- -
„Sind denn die armen Kücken daran ſchuld?" fragte ich. „Wie elend muß wohl ein
Mädchen ſein, um ſich für ein Geldſtü> hinzugeben. Oder meinſt du, ſie tun das aus Freude?“
„Rein. Das weiß ich auch. . . . Aber eines von den Mädchen erinnert mich an ein
Mädchen in Deutſchland," ſagte Jonas, als wir in die Stadt hinunterſchritten. „WVillſt du
meine Geſchichte hören?“
„Erzähle,“ bat ich.
„Es war in Süddeutſchland," begann er, „ich war etwas über achtzehn Jahre alt und
fam von der Kunjtgewerbeſchule und war zum erſtenmal auf Wanderſchaft. Die Welt
verblüffte und hob und ſenkte mich, denn ich war ja ausgezogen, um ſie zu erobern. Aus
den Angeln wollte ich ſie heben, einen Stoß wollte ich ihr geben, damit ſie ſich nach meinem
Wunſch und nach meiner Sehnſucht bewege. So jung war ich noch. Die Welt aber war
weiſe und alt und löſte den ſtrengen Ernſt meiner achtzehn Jahre ſpieleriſch auf und ſtrahlte
mit der ſommerlichen Fülle ihrer Wälder, Flüſſe und Wolken in meinen Hochmut und
ſtillte das Blut. " .
Es war im hohen Gommer. Die Wälder hbeugten ſich wie tanzend in ihre Wildnis
zurü&. Das Land reifte, Ueber die Felder waren ſchon die Senſen und Mähmaſchinen