Übirdid.
Weil der viertägige Kurſus, den die Berliner
SAI. zu Oſtern dieſes Jahres in ihrem Land-
heim bei Brandenburg a. H. veranſtaltete, :
von ganz beſonderer Art war: während ſonſt
rein ſachliche, unperſönliche Organiſations-
fragen behandelt werden, waren es hier
Themen, die jeden einzelnen im Innerſten
bewegen, für jeden Lebensfragen ſind. Nicht
von außen her wurden hier Fragen an den
Jugendlichen herangebracht, ſondern es waren
Dinge, die jeden Teilnehmer, überhaupt
jeden jungen Menſchen, lebhaft perſönlich be-
ſIczäſtigen, und die hier einmal aus innerem
Bedürfnis in gemeinſamer Ausſprache ge-
klärt werden ſollten.
„Sozialismus und Religion“
war das erſte Thema, über das der Genoſſe
Mennice, einer der Führer des religiöſen
Gozialismus, ſprach. Klar wurden die Be-
griffe Kirche und Religion von ihm unter-
I<ieden. Ueber das aber, was Religion iſt,
wurden wir uns nicht einig, -- einig nur
darin, daß hier ein allgemein-gültiges Urteil
nicht möglich iſt. Zwei Meinungen waren
vertreten? die eine proklamierte mit dem
Referent das ſtete Forſchen und Ringen nach
dem Sinn des Lebens als Religion, während
auf der anderen Geite Religion als das Ge-
fühl der Gebundenheit und Abhängigkeit von
einer übergeordneten, beherrſchenden Macht
veirachtet und daher als mit der ſozialiſtiſchen
Anſchauung wmvereinbar abgelehnt wurde.
Hingegen wurde das Gefühl der Gebunden
beit an menſchliche Gemeinſchaft als etwas
dem Weſen der Religion Verwandtes aner-
kannt. Daß aber in dieſe neue Auffaſſung
der Religion nichts von den alten kirchlich-
religiöſen Formen herübergenommen werden
darf, und daß wir der Kirche als Organi-
fation |chärfſten Kampf anſagen müſſen, ---
darüber herrſc<te unter uns allen Ein-
jtimmigkeit. . .
- Am zweiten Tage ſprüch Genoſſe Kriſche
über „Das Gemeinſchaftsleben in
der Jugendbewegung“ Wir durch-
forſchten vie verſchiedenen Gemeinſchaftskreiſe,
vor allem den der Arbeit und des Eros.
Bejyn erſten wurden deutlich die Mängel,
die in ven Beiriebon in bezug auf Goli-
varifät und Gemeinſchaftsgeiſt herrſchen,
herausgeftellt. Beim Gemeinſchaftskreis des
Cros behandelten wir die Liebe und Freund-
3 PE ald.
„INnfernalionale ſozialiſtiſche Iugendarbeit“.
Verlag des Sekretariats der Sozialiſtiſchen
Itigend-Internationale, Verlin SW. 61, Beolle-
Alliance-Platz 8. 190 S. Rreis 2,75 Mk.
Als würdiger Auftakt zum Amſierdamer
Kongreß der Sozialiſtiſhen Iugend-Inter-
notionale erſchien dieſe nach Inhalt und Aus-
Arbelter-Jugend
NAIV Bücher ſür die Jugend Z/SGIOSES
' - 4
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ſhaft zwiſchen den Menſchen, gingen auch
auf die Frage der freien Liebe und der
„Zugendehe näher ein und ſtellten feſt, daß
Liebe und Ehe nur dann wertvoll ſein
können, wenn das Verhältnis zwiſchen Weib
und Mann nicht ein rein körperlich-ſexuelles,
ſondern eine auf gegenſeitigem Verſtändnis
aufgebaute Gemeinſchaft iſt.
Ueber das Gemeinſchaftsleben in der
Gruppe als Glied der großen Organiſation
wurde rege diskutiert. Bei der Erörterung
der Gemeinſchaft zwiſchen jung und alt wurde
die hemmende Wirkung des ſich ſtets auf
ſeine Erfahrung berufenden Alters beſprochen,
die es mit ſich bringt, daß die Gemein-
ſchaft in der Jugendbewegung den Jugend-
lichen oft höher ſteht als ſelbſt das Eltern-
haus. Die Forderung, gleichwohl mit dem
Elternhaus eine Verſtändigung in den Le-
bensfragen der Jugend anzuſtreben, war das
Ergebnis dieſes Teils der Ausſprache.
Die beiden letzten Tage waren ausgeſüllt
mit der Erörterung des Führerpro-
blems, über welches Genoſſe Alexander
Stein referierte. Er gab einen geſchichtlichen
Ueberbli&, behandelte die Stellung des ein»
zelnen in der Bewegung. Maſſe und Führer,
ihr Verhältnis zueinander wurde beſonders
flar herausgearbeitet, Veber die Fragen
der Führerausleſe und Führer-
ſchulung ſchafffen wir in gemeinſamer
Ausſprache Klarheit. Hier zeigte uns Genoſſe
Abraham den Weg, den wir in der prak-
tiſchen Arbeit gehen müſſen, um wahre und
gute Führer zu erziehen.
In den Freiſtunden wurde weiter in kleinen
Kreiſen rege diskutiert, während in den Ge-
ſamtrahmen eingepaßte Feierſtunden zu quter
Harmonie beitrugen. Alles in allem: ſür
jeden, der Gelegenheit gehabt hat, dabei zu
ſein, war es ein Erlebnis, zumal da auch die
älteren Neferenten durch die Art ihrer Arbeit
und ihres Zuſammenlebens mit der Jugend
viel dazu beitrugen, den Charakter unſcrer
Gemeinſchaſtsarbeit zu vertiefen.
Hofſſentlich regen unſere guten Erfahrungen
vazu an, daß auch andere Bezirke den Bor-
ſuch unternehmen, ſo ſchwierige und pro-
blematiſche Lebensfragen der arbeitenden
„Jugend in den Rahmen ihrer Bildungsarbeit
einzugliedern. Günter Heins.
ds
ſtattung wertolle Schrift, die über unſere
Jugend-Internationake und die ihr ange-
ſchloſſenen Verbände erſchöpfende Auskunft
erteili. In ſeinem einleitenden, ausführlichen
Arbeitsbericht ſchildert der internationale
Sckreiär, Genoſſe Dllenhauer, die aufe
ſteigende Entwieklung, die die Jugend-Inter-