Arbeiter-Jugend . 217
„hr Brüder und Schweſtern von Deutſchland und Oeſterreich,“ ſo hieß der letzte Saß,
„ihr, die ihr gegen eure belgiſchen Genoſſen kämpfen mußtet, euch rufe ich zu in dieſer Stunde:
Reicht euren Brüdern und Schweſtern von Belgien eure Hände zur Verſöhnung!“
„Nie wieder Krieg!“ waren die letzten herausgeſtoßenen Worte. -- Den belgiſchen Brüdern
und Schweſtern reichten wir unſere Hände. Dann hoben alle ihr Hände, Arme, verſchlungen,
ob jung, ob alt, zur Höhe empor und ſangen ſtehend die „Internationale“, das Lied der
ganzen Welt.
Tieſgerührt ging alles auseinander ins Lager zurüc>. Für uns iſt dieſer Augenblick. ein
unvergeßliches Erlebnis geworden. Hab dank, du Arbeiterjugend, daß du mir etwas ſo
Großartiges in Amſterdam beſcherteſt! Wir ziehen hinaus als die feurigſten Kinder des
Gozialismus, Wilhelm Müller.
„Er ſfaxb am Kamp-Kaffee!“
Ohne Leichenbegängnis ging's im Zeltlager auch nicht. Das war aber wirklich eine
vergnügte Beerdigung. Tränen gab's --- vor Lachen. Dazu war's noch nicht einmal ein
tendenzloſes Vergnügen. Und das kam ſo: Der dunkelſte Punkt des Lagerlebens war tat-
jächlich der Kaffee. Ich habe biedere Sachſen ihren Kaffee in den lauteſten Tönen preiſen
gehört. Selbſt kummergewohnte Tippelbrüder ſchworen: ſo was haben wir an unſeren
ſc<lechteſten Tagen nicht getrunken. Ich hab's nur einmal flüchtig geprobt, dann nie wieder.
Aber das tat dem Humor nicht nur keinen Abbruch, ſondern gab ihm ſogar Nahrung. Das
war am zweiten Pfingſttag. Das Gerücht = es ſoll nicht unbegründet geweſen ſein ---
jetzte ſic) durch: der Kaffee ſchmec>t nach Petroleum. Am Nachmittag wurde jemand zur Leiche
ernannt. Eine lange Prozeſſion von Klagemännern und Klageweibern ſchloß ſich an. Vorweg
Ichritten die kirchlichen Würdenträger. Für die Tränenbäche hatte man ſich Waſchſchüſſeln
umgehängt. Auf einem Pappdecol, er wurde vorangetragen, ſtanden die Worte: „Er ſtarb
am Kamp-Kaffee.“ Eine vergnügte Demonſtration. Aber ich ſchälßze, es wird zu ſpät geweſen
jein, als daß eine ſruchtbare Wirkung dieſen vereinzelten dunklen Punkt noch erhellen könnte.
I. Df.
Juſd).
Die Hamburger waren nicht nur auf der Höhe bei der Ausgeſtaltung des Amſterdamer
Jugendtages -- ihre Jugendtags-Aufführung im Stadion war ein großes Erlebnis für alle
Teilnehmer --, ſie ſorgten auch für den Ausbau der internationalen Beziehungen der deutſchen
Arbeiterjugend. Beſonders eiſrig nahmen ſich die Hamburger Jungs der holländiſchen
„Meisjes“ an. Mit prächtigem Erfolg. Am zweiten Pfingſttag ſchrieb ein Hamburger Junge
an ſeine Abteilung: „Liebe Genoſſen, ſeit wir die holländiſchen Mädchen kennen gelernt
haben, wiſſen wir erſt, was wir zu Hauſe ſür einen Nuſd haben.“
Der Hordenpoltf.
DWS er trägt denn nun den Hordenpott?" =- Da ſtanden wir eiwas mißmutig und ſahen
y 3 ZJ uns den großen Kochtopf an. Eine dumme Geſchichte! Daß der auch immer ſo
Antler [c<hwer ſein mußte! Franz fühlte verſtohlen nach ſeinem Ruckſa> und hob ihn
eiwas an: der war ſchwer genug! Und überhaupt: er hatte den Pott ja ſchon ſo ojt
getragen!!
Es ſah aber ſo aus, als denke jeder ſo. Wir ſtanden wie gebackene Cſel. Zehn Minuten
war es noch bis zur Bahn und in einer Viertelſtunde ſuhr der Zug, unbarmherzig! Der
ſtörte ſich nicht an unſere Hordenpottſorgen ..
's war Oſtern, .
Ein ſonniger, klarer Morgen. Der Himmel dehnte ſich unendlich ſern. Glockenklang,
wunderbar fein und zart durchſc<webte den Aether und läutete ſeierlich den Oſtertag ein.
Blaſſe, durchſichtige Sonnenſtrahlen ſchle>ten blinkenden Tau. Vom nahen Kirchturm ſchlug
es ſieben.
„MJeidideldo ...!“
Erich) kam angeſchnauſt. Er ſiaunte! „Was ſteht ihr denn da und gloßt den Pott an,
wo es doch die höchſte Eiſenbahn iſt?!" Keiner konnte noch ein ernſtes Geſicht machen,
alle lachten, die Kleinen, die zum erſtenmal mit auf Fahrt gingen, am meiſten, Und einige