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lage für ſchlechte Zeiten aufgeſpart, wieder andere Teile zu Verbeſſerungen und Er-
weiterungen verwendet werden dürfen. Er erkennt aber nicht an, daß
Leute, dienichtſür den Betrieb gearbeitet haben, an ſeinen
Erträgen beteiligt ſind, bloß, weil ſie das Eigentumsrecht am Kapital
haben. Deren Bezüge (3. B. die Dividende der Aktionäre, die Tantiemen an die
Mitglieder des Vorſtands oder des Aufſichtsrats) nennt der SozialisSmus Profit, und
dieſen allein bekämpſt er.
Wenn mein Kritiker alſo von einer berechtigten Grenze des Profits ſpricht, ſo
antwortet ihm der Sozialiſt: Profit iſt nie berechtigt (wobei Profit und
Bewinn nicht gleichgeſezt werden dürfen). Wo iſt denn aber die Grenze? Der
Gummibegriff „allgemeine Wohlfahrt“ kann doch unmöglich ernſt genommen werden.
Nun die Demokratie in der Wirtſc<<aft. Gewiß muß zugegeben
werden, daß ein demokratiſcher Staat der Privatprofitwirtſchaſt entgegenarbeiten
kunn. Es gibt aber auch Gegenbeiſpiele. Die Demokratiſierung des Wirtſchafts-
lebens iſt gewiß ſehr erwünſcht und wird von niemandem eifriger betrieben als von
den Gozialiſten. Dabei mag dahingeſtellt bleiben, ob man der Naumannſchen Idee
der konſtitutionellen Fabrik oder ven Rathenauſchen Vorſchlägen der öſſentlichen
Kontrolle von Zwangskartellen nachgeht oder beides miteinander verbindei, Der
Weg iſt ſchon richtig und gut. Mein Kritiker ſoll nur nicht glauben, daß auf. dieſem
Weg der Rrivatprofit erhalten bleiben könnte. Nein, wenn die Lohn- und Gehalts-
empfänger das Wirtſchaftsleben beſtimmen, dann wird bald für den Profit kein Plaß
mehr bleiben. Mit ihm wird aufgeräumt werden. Solange aber der Profit noch
bleibt, hat das Kapital auch Mittel genug, die Demokratiſierung der Wirtſchaft zu
verhindern. Jſt ſchon die politiſche Demokratie ſchwer zu erhalten, ſo iſt die wirt-
ſchaftliche noch zehnmal ſchwerer zu erkämpfen. Man kommt nicht von der wirt-
Ichaftlichen Demokratie zum Sozialismus --- es ſei denn durch die energiſche und
geſchi>dte Wirtſchaftspolitik einer ſozialiſtiſch-demokratiſchen Staatsgewalt. Man
wird umgekehrt durch den Sozialismus (Vorausſetzung iſt ſein politiſcher
Sieg) zur wirtſchaftlichen Demokratie fommen.
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Eine Heidewanderung nach den ſieben Skeinhäuſern.
Von Th. Kadner, Hamburg.
Mit 5 Originalzeichnungen des Verfaſſers.
HÄ 5 wird uns Deutſchen nicht ganz mit Unrecht vorgeworfen, daß wir das Ausland all-
WT 31 willfährig nachahmen, ſelbſt da, wo heimiſche Einrichtungen und Gebräuche beſſer
Wo-f ſind. Um [ſo anerkennenswerter iſt es, wenn einmal eine Sitte Platz greiſt, die einer
dringenden, der Erholungsbedürftigkeit der werktätigen Volksſchichten entſpringenden
Forderung entgegenkommt. Ich meine die erweiterte Ruhepauſe am Wochenende nach eng-
ſchem Vorbild. Kontor und Werkſtatt ſchließen Sonnabends früher; die Eijenbahnverwaltung
ſtellt ſic) mit erweiterter Gültigkeit ver Sonntagskarten darauf ein = alſo raus aus der
ſtidigen Atmoſphäre der Großſtadt! Rudſa> mit gewohnter Umſicht gepa&>t, Karte zur
Hand, Fahrplan geprüft! Wohin heute? Ah, da haben wir was ganz Feines, Verloc>kendes,
ein Ncſchziel, das uns die Wunder der ſo heißgeliebten Heide in reicher Abwechſlung
genießen läßt und uns zu einer Stätte führt, an der wir, ohne in nationaliſtiſch? Phantaſien
zu verſallen, altgermaniſch-heidniſchem Totenkult ein Opfer der Erinnerung bringen können.
Sonnabendnachmittagszüge führen uns von Hamburg über Buchholz und Soltau nach
Fallingboſtel, von Bremen über Viſſelhövede, von Hannover über Celle eben dahin. Zweck-
mößig iſt es, zunächſt das naheliegende Walsrode*) zu beſuchen. Dieſer gewertjrohe Ort
*) Das auf gemeinnüßiger Grundlage geführte dortige Erholungsheim hat jür Wochen-
endjahrer beſonders günſtige Penſionspreiſe feſtgeſetzt.