Full text: Arbeiter-Jugend - 18.1926 (18)

Arbeiter-Jugend „= 303 
alle Veranlaſſung, ſich gegen die Alkoholtyrannei zu wehren, falls ſie nicht in 
Alkoholentartung verblöden wollen. Man wendet ein, durch dieſen Kampf werde 
eine blühende Induſtrie lahmgelegt. Nun, beſſer eine Induſtrie wird ruiniert als 
die Menſchheit. Die Induſtrie iſt ja nur da, ihr zu dienen, und nicht, ſie zu verderben. 
Sonſt hätte auch der Opiumhandel Schuß zu beanſpruchen. Auch das Verbot der 
Phosphorzündholzfabrikation ſchädigt ja Intereſſenten, ebenſo wie die Sklaven- 
händler durch Unierdrü>ung ihres gewinnreichen Betriebes geſchädigt wurden. 
Wenn ein Nahrungszweig, der. geſellſchaftsſchädlich iſt, nicht ausgerottek werden 
dürfte, dann dürften auch Spielhöllen nicht unterdrü>t werden, ja, nicht einmal 
 
 
 
 
 
 
 
 
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Die Rudelsburg an der Saale, 
der Zunft der Diebe und Einbrecher dürfte man zu Leibe gehen, denn man nimmt 
ihnen ja ihr oft recht mühſam und mit viel Riſiko verdientes Brot. Iſt die Alkohol- 
induſtrie geſellſchaftsfeindlich, muß ſie untergehen. 
Nochmal, man muß die Abſtinenzbewegung als Kulturbewegung erſten Ranges 
anſehen, ihr Dan? wiſſen, daß ſie in ſchonungsloſer Schärfe den Kampf auſgenommen 
gegen eine Volksvergiſtung, die einen rieſenhaſten und wahrhaft erſchre>lichen 
Umfang angenommen hat. Einen wie großen, das können gerade wir Aerzte leicht 
beobachten. | 
Man kann das ſoziale Elend allein nicht dafür verantwortlich machen. Der 
Alkoholismus herrſcht und mordet in allen Klaſſen. Er macht den Fürſten ſo gut 
zu einem Sklaven wie den Straßenkehrer oder den Vagabunden. 
Liebig behauptet, es ſei eine Ausnahme, daß der gutgeſtellte Arbeiter zum 
Alkohol greiſe. Leider muß ich widerſprechen. Gewiß, in den dunkelſten Niederungen 
des ſozialen Sumpfs iſt oft die Fuſelflaſche das lezte Auskunftsmittel, der lezte Trug-
	        
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