Arbeiter-Jugend' 337
Schöfer. Die Welt, die man ſo lange nicht hatte ſehen wollen, pochte an die Pforten der
Schlöſſer. In einer Kataſtrophe verſchwand die Kunſt des Rokoko. Der politiſche Willen,
die Bewegtheit der Tage fragten nach Spiel und nach Glanz nicht mehr. Sie verlangten die
Darſtellung bürgerlicher Tugend, patriotiſcher Begeiſterung, ſtaatsmänniſchen Wollens. Das
römiſche Volk, das politiſchſte Volk dieſer Erde, wurde zum Ideal der revolutionären Kunſt.
Ein neues Zeitalter des Klaſſizismus, ſchon unter Ludwig XVI. vorbereitet, begann. Bürger-
liche Kunſt verdrängte die des Hofes. Der Revolutionsſturm war ihrem Gedeihen nicht
günſtig. Erſt als unter Napoleon eine Beruhigung und Zuſammenfaſſung der Kräfte erfolgt
Abb. 7. Canaletto. BrüFe mit Ofieria (Wirkshaus) (Radierung).
war, konnten Malerei und Bildhauerarbeit erblühen. Das Kaiſerreich verlangte repräſen»
tative Gemälde. David wurde zum geſfeiertſten Künſtler der Zeit. Sein Wille zur Reprä-
ſentation des neuen Staatsgeiſtes war der Graphik nicht günſtig.
Und doch hat die Revolution auch in der Graphik unvergängliche Spuren hinterlaſſen =“-
im Werke eines Mannes, der jenſeits von Frankreichs Grenzen ganz ſtill und einſam lebte,
in Francisco Goya, dem ſpaniſchen Genie.
Goya ſteht an der Wende. Die neue Zeit ſchreit aus ſeinen Blättern hervor. Wir ſetzen
ſie abſichtlich neben die ſüßlich tändelnden des Rokoko. Nur wenige Jahrzehnte liegen das
zwiſchen und doch -- welch ein Abgrund! Vergleicht die franzöſiſchen Bildchen Abb. 4, 6
oder auch das des deutſchen Philiſters Chodowiecki (Abb. 5) mit dieſem Spanier (Abb. 1-3)!
Kein Wort, keine Erzählung, keine Abhandlung, ja kein dickleibiges Buch kann ſo eindringlich)
ſchildern, wie die Welten durch die franzöſiſche Revolution ſich geſchieden... In dieſem