358 Arbeiter-Jugend
Derer ſein werden? Wir Jugend ſind's! In uns iſt alles beſchloſſen. Aus uns herxr-
aus wird, was kommt. Alles: Auſſtieg = und Niedergang. Dieſes Bewußtſein
muß uns mit einer ungeheueren Verantwortung erfüllen.
Sehen wir uns um im Kreiſe unſerer Freunde und Freundinnen. In jedem
neuen Jahr, nach Oſtern, ſtößt ein neuer Schwarm jungen Lebens in unſere Reihen.
Die Arbeiterjugend hat es auf ihrem Programm ſtehen, daß ſie der Zukunft dienen
will. Sie geht ahnungsvoll oder bewußt den großen Gang der Zeit. Wir reden
miteinander von unſeren Zielen, von ſozialiſtiſchem Wollen und von. den Mitteln,
die uns dienlich ſind. „Die Hauptſache iſt,“ ſagt Goethe, „daß man ein großes
Wollen habe und Geſchi&> und Beharrlichkeit beſitze, es auszuführen; alles übrige
iſt gleichgültig.“
Es dreht ſich darum, das Leben zu geſtalten. Wollen wir nicht ſein wie
der Menſch, von dem wir anfangs ſprachen, Nußtier für andere, müſſen wir unſere
Kräfte ausbilden und ſammeln und auf das große Ziel hinlenken.
Manch einer ſteht zaghaft und fühlt ſich bedrü>t von dem brauſenden Leben
um ihn her; er glaubt ſich ſchwach, hat kein Zutrauen zu ſich ſelbſt, läßt den Mut
ſinken und fann nicht mit. Gerade um die ſollen wir uns kümmern. Man kann
viel, wenn man ſich nur recht viel zutraut. Und oft erweiſt es ſich, daß in den
ſtillen Clementen größte Kraft ſchlummert, die nur geweckt werden muß; die Scheuen,
Zurücgezogenen, die immer ſchwer Anſchluß finden, ſind oft die beſten. Wir ſollen
uns um ſie bemühen. Mancher lebt noch von Elternſeite oder alter Schule her nach
den Lehren falſch angebrachter Beſcheidenheit und Demut. „Beſcheidenheit iſt eine
Zier, doch weiter kommt man ohne ihr“, reimt der Lebenspraktikus. Wenn du dich
nicht ſelbſt zur Geltung bringſt -- wie ſoll einer wiſſen, daß dir Geltung innewohnt?
Und einmal im Zuge, nimmt er den Mund ganz voll und belehrt dich:
„Sort kommſt du nur auf zweierlei Weiſen:
Entweder Maul halten oder beißen,“
*
Lin jeder ſchleppt die Eierſchalen ſeiner Ahnen mit ſich herum. Jeder, wenn
er ſich prüft, entde>t Schwächen in ſeiner Natur, in ſeinem Charakter, in ſeinem
Geiſt, in ſeiner Körperlichkeit, in ſeiner Erziehung. Weiſe iſt, wer ſie erkennt und
on ſich arbeitet, ſie auszubilden, ſich tüchtiger zu machen. Wer ein Muſikinſtrument
Jpielen lernt, wird bald erſahren, daß gewiſſe Teile des Spiels ihm ſchwerer fallen
als die anderen. Will er das ganze Lied kunſtgerecht vortragen, ſo wird er die
Ichwierigen Stellen häufiger üben müſſen als die anderen. Das iſt ſelbſtverſtändlich.
Auch unſer Menſchenkörper mit ſeinem Geiſt und ſeinen Gliedern iſt wie ein Inſtru»
ment. Unſer Wille iſt der Herr, und er will darauf ſpielen. Unſer Wille fordert,
daß etwas Rechtes aus uns werde. Mein Wille will aus mir etwas machen -- und
da entde>t er verſchiedenerlei Schwächen an ſeinem Inſtrument, an mir. Mein
Herr, mein Wille wäre ein Narr, wenn er ſeine Hauptaufgabe nicht darin ſähe, dieſe
Gdywächen guszumerzen und dafür zu ſorgen, daß das Inſtrument gut iſt.
*
Menſchenſcheu? Nichts da! Hinein ins Volk, daß die Menſchenſcheu über»
wunden werde! Keiner wird ſchwimmen lernen, der nicht ins Waſſer geht. = Ich
kann nicht mitreden, wenn die anderen ſich unterhalten. Warum nicht? Weil ich
von den Dingen nichts verſtehe. No nichts verſtehe! Alſo werde ich lernen. =-
Freunde und Freundinnen drehen ſich im Volkstanz; ich kann nicht mit, meine Glie-
Der ſind ungelenf, und ich will mich nicht blamieren. Geh ſchwimmen, Freunden,
geh turnen, und du wirſt dic) bald auf deinen Körper verlaſſen können. Auch) die