NSN Arbeiter-JIungend Din 45
Haß und Rache.
Von Franz Läuſkötier..
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23 W% ein die Haßgefühle im Menſchenherzen auflödern, ſo fuchen ſie ſich nach außen
9 8 Ahin Luft zu machen in einer Handlung, die ſich gegen den Urheber und Ver-
Azlag/ über der Unbill richtet. Der Wille zur Räche nimmt von dem Häſſer
Beſitz, der Gedanke, den verhaßten Feind niederzuſchlägen, erfüllt ſein Herz und läßt
ihm feine Ruhe. Man braucht nur in ſein eigenes Inneres hineinzubli>en, um zu
vev“uchten, wie uus vem Gefühl des Haſſes der Rachegedanke entſpringt und den
Willen in Bewegung ſeßt, der dann lezten Endes die Rachetat auslöſt, Während
der Haß eine Säche des Gefühls und deshaib verſtandeszmäßigen Erwägungen und
einem vernünfägen Zureden unzugänglich iſt, iſt die Räche eine Sache des Wollens,
des Handelns und kann darum durch Aufklärung und Erziehung beeinflußt werden.
Daraus ſölgt, daß die Möglichkeit vorliegt, einen Menſchen dahin zu bringen, äuf
pie Rachzhandlung zu verzichten und den gehäsßten Gegner unängetaoſtet zu läſſen.
Zweifellos gehört aber eine größe Selbſtüberwindung dazu, eine Rächetat zu unter
laſſen, zu der die Leidenſchaft drängt. . |
In zahlreichen Religions» und Moralſyſtemen wird die Forderung erhoben, daß
män Beleidigungen und Verlezungen ungerächt läſſen ſplie, falls man Anſpruch er-
hebt auf den Namen eines moraliſchen Menſchen. Mit ſteigender Verſtandes- und
Herzensbildung erſchien den ſittlich hochſtehenden Menſchen die Räöche als ötwäs
Minderwertiges, als etwas, das durch Selbſterziehung und Selbſtbezwingung über-
wunden werden muß, In ver <riſtlichen Möral wird der Verzicht auf Rache
ausdrüdlich gefordert; das Evangelium des neuen Teſtaments ſtellt den Gott der
Liebe, der ülles verzeiht, als Ideul hin, während das alte Teſtament den Gott der
Rache ſchildert, der die Feinde erbärmungslos vernichtet, Der Buddhismus
fordert ebenfalls den völligen freiwilligen Verzicht auf Rache, Bezeichnend hierfür
iſt eine Erzählung, die Buddha in den Mund gelegt wird. Ein mächtiger König hatte
den König des Nachbärländes beſiegt und ihn ſamt deſſen Frau töten laſſen. Dem
Sohn dieſes Königspäures wär es gelungen, zu entkommen. Am Abend vor ſeiner
Hinrichtung hatte der König ſeinen Sohn gemahnt: „Du darfſtniemals Rüche
iiben, Feindſchaft kann nur durch Nicht«-Feinſchaft überwunden werden!" Als
der Gobn heranwuchs, kam er an den Hof des fiegenden Königs, der ihn richt kännte,
und wurde bald der vertrauteſte Diener und Freund ſeines Herrn. Eines Tages
wör der König, von der Jagd ermüdet, im. Walde eingeſchlafen, ſein Haupt ruhte
ini Schoß des Jünglings. Plößlich kani dieſem die Erinnerung an dus, was der
Fönig an ſeinen Eltern geſündigi hatte, der Rachegedanke tauchte auf in ſeinem
Herzen. Da zog der Jüngling das Schwert aus der Scheide, um den König zu töten.
Aber ſchon ſtieg vor ſeinem Geiſt die Mahnung des Vaters auf: er überwand deit
Willen zur Räche und ſte>te das Schwert in die Scheide, „Siebenmal zog er das
Schwert," ſägt Buddha, „urd ſiebenmal ſte>te er es wieder in die Scheide." Und
dann erwächte der König.
Lebendiger kann wohl der ſeeliſche Vorgang nicht geſchildert werden, der ſich im
Innern eines Menſchen vollzieht, wenn der Rachegedanke ſich aufbäumt, aber von
der Vernunft und dem Willen niedergerungen wird. u un
„Zweifellos trägen zur Niederkämpfung des Rachegefühls verſchiedene Umſtände
bei: Zunächſt das Mitleid mit dem Beleidiger und die Vorſtellung, daß er ſelbſt
innerlich ſc<hwer unter ſeiner Tät leidet. Sodann die Ueberzeugung, daß es edler
und ehrenvoller iſt, zu verzeihen, als ſich zu rächen, eine Geſinnung des Edelmuts,