Full text: Arbeiter-Jugend - 18.1926 (18)

WMW . Arbeiters Jugend CH 
tigungen verſchiedener Induſtrieanlagen, gemeinnüßiger öffentlicher Einrichtungen, beſöiders 
nud joicher der Arbeiterſchaft, veranſtaltet. Ueberhaupt ift ver ganze Betrieb der Schule mit 
ihrem gemeinjäamen Schlafen und Wohnen im Schloſſe, auf die Erziehung zur Gemeinſchäſt 
eingeſtellt, auf die freiwillige Unterordnung eines jeden unter das der Gemeinſchaft Dienliche. 
Nicht immer ſjeßt ſich der Gedanke reibungslos durch, dvc< Ausſprathe in der ab und zu ſtätt- 
jindenden Ghulgemeinde, an der Lehrer und Schüler teilnehmen, ſchafft Klarheit 
und Einheit. Wünſche und Beſchwerden regelt zuſammen mit den Lehrern der Schülerrat, 
beſtehend aus drei Sthülern. Das Verhältnis der Schüler zu den Lehrern iſt ein kameräd» 
ſchaftliches, Die Lehrer ſind uns nicht die geſtrengen, unnahbören „Pauker“, ſönvern ſie 
ſind Gendlſſen, ſind Freunde. | | | 
Und ſo erarbeiten ſich fünfzig Genoſſen hier das Wiſſen, das ihrer Klaſſe dienen ſoll, 
Wenn die Aufgabe gar zu ſchwer wird, gibt ein halbes Stündchen in dem großen Park, 
unter den hohen, alten Bäumen Entſpannung und neue Kraft, Mut und Yusdauer. Gibt die 
Ausdauer, die ſv nötig iſt ſür dieſe Arbeit und für ferneres Streven; denn faſt alle, die hier 
ſind, ſind ſic) ihrer Aufgabe bewußt und wiſſen, daß ſte nicht diejenigen find, die jezt 
jür Kleinarbeit, für die Organiſativnsarbeit zu fein, zu gelehrt ſind, Sie erfahren gerade 
durch das hier Erlernte, daß ihnen ſv manches Wiſſen noch fehlt, und daß vas Proletariat 
viele Kämpfer nötig hat. Sie wiſſen das, und werden darum nach Beendigung des Kurſus 
in die Reihen der örganiſierten Arbeiterſchaft zurückkehren, in die Jugendbewegung, in die 
Partei oder in die Gewerkſchaft und werden dort Seite an Seite mit ihren Brüdern arbeiten 
und kämpfen. Georg Holzhauſen-Hannöver, zurzeit „Schlöß Tinz“. 
Alte Sozialiſten, 
Von Müux C&-Troi, 
eute iſt Sonntäg. Dicht fällt ber Schnee, Abend iſt's. Der Himmel iſt mit Wolken 
H bedekt, jo daß ni<t einmal der Abendſtern auf die Erde bli>ken kann. Yn ſolchen 
H Abenden treibt es mic) hinaus. Sind Erinnerungen aun die Hugendzeit daran ſchuld? 
P An S<neeböllſchlächten? Und ſt nicht jriſchgefallener Schnee am ſchönſten, wenn 
die Baslaternen die Flo>en von nettem aufglizern laſſen? 
Brijch und munter ſtapfe ich durch den knirſchenden Schnee, Die dichten Flö>en weht 
mir der Nord ins Geſicht, ſo daß ich öſt für eine Sekunde die Yugen ſchließen muß. 
Da, ein Zuſammenprall mit einem anderen Mann. Ein Bekännter. Wir beide haben 
uur das eine Gemeinſame: unſere beiden Jungen gehen in die gleiche Fläſſe, 
Wir haben zuſammen den gleichen Weg. Bald ſind wix am Hauſe des Bekannten 
angelangt. Ein angefangenes Geſpräch läßt den Wunſch aufkömmen, die Yusſprache fort- 
zuſegen. Die Einladung, in die Wohnung mitzukommen, nehme ich gern an, 
Vier Stiegen werden erklettert. Die Frau, der Junge empfangen uns. In der ſauberen 
Wohnung ſitzen aber noch vier Menſchen. Ein Gerichtsſekretär nebſt Frau, die Schweſter 
des Bekannten (Typ: deutſcher Beamter, alte Schule!) und ein. liebes, munteres, altes 
Chepaar mit jungen, leuchtenden Augen: die Eltern der Frau meines Weggenoſſen. 
Nacy gegenſeitigem Sichvorſtellen und anfangs zögerndem Geſpräc) werden wir in 
politiſhem Disput lebhafter, Ich katalogiſiere: Der Gerichtsſekretär: gedankenloſer, dafür 
deſto phraſenreicherer Nationaliſt, Kriegsfreund, Helmkrieger, Der jugendliche UAſlte: 
ER 
  
 
mindeſt linksſtehender Demokrat, Die drei Frauen und mein Weggenoſſe: unbeſtimmit, 
vorläufig nur Zuhörer. 
Ich ſpreche von dem Religiöſen im Sozialismus. Von der Liebe zum Nächſten, Gegen 
den Krieg. Da unterbri<t mich der Alte: „Ih vin Sozialdemökrat. Gon 
während des Svzialiſtengeſeßes war ich Mitglied der Partei!" 
Und nun begann der jugendliche Alte zu erzählen, vbn der Agitation während des 
Zuchthausgeſetße9, von den Schikanen der Polizei und der Arbeitgeber. Er ſchloß: „Und 
heute noc) muß ich in der Fäbrit arbeiten. Könnte ſchön längſt Aufſeher, Meiſter ſein, 
wenn ich mich nicht mit meinen Kollegen ſolidariſch fühlen würde, Denn == Sie müſſen 
wiſjen = Meiſter ſein in unſerer Fabrik iſt gleichbedeutend mit „anſchwärzen" können, 
Als mir der Diretior jon vor langen Jahren einen Meiſterpoſten antrug, habe ich ihm
	        
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