Arhbeiter-Jugend 71
gewiß ſtarken und. tapferen Heeres, daß ich nicht ſtark bin „durch meinen gefüllten: Schaß,
ſondern nur durc die Herzen und die Treue meines Volkes.“
Cs war eine Huldigung vor dem ſouveränen Volke, der die vor den Leichen der
Barrikadentämpfer nod) eine Steigerung hinzufügte. --
Daß das deutſche Volk innerlich noch nicht reif war für eine freie Verfaſſung,
beweiſt der weitere, recht betrübliche Verlauf dieſer ſo ſchwungvoll begonnenen Be-
wegung. Revolution waren eigentlich nur die Märztage. Was ſpäter erfolgt, bis
zum März 49, iſt nur der vergebliche Widerſtand gegen die wiedererſtarkende Reaktion.
Auch der heroiſche Auſſtand der badiſchen Kleinbauern und Arbeiter zur Errichtung
Der deutſchen Republik war vergeblich. In Raſtatt hinter den Kaſematten verbluteten
die Freiheitskämpfer unter den Schüſſen der preußiſchen Grenadiere. |
Der Grund für das Verſagen lag in der Unentſchloſſenheit des rechlsgerichteten
VTlügels, alſo der Beſigenden, der keinen energiſchen Bruch mit der Vergangenheit
wollte, wie es auch in den Beratungen der Paulskirche zum Ausdru>k kam. Darüber
ſanden die Fürſten Zeit, ihre Anhänger zu ſammeln, ſich wieder der Truppen zu ver-
ſichern und mit Standgerichten, Belagerungszuſtand und Unterdrü>ungsgeſeßen ihre
Macht zu befeſtigen. In Preußen endete dieſe Zeit mit der Sprengung der Volks-
vertretung und mit der gewaltſam eingeführten Verfaſſung des Dreiklaſſenwahlrechts.
Ein Werk überragte die trübe Periode der nun alles erſtikenden Reaktion, es
ijt das geiſtige Erde des Frankfurter Parlaments, die ſog. Verfaſſung der
Paulskir<he. Ihre Zeit aber war erſt gekommen, als die inzwiſchen ſtark und
politiſc) zielbewußt gewordene Arbeiterſchaft dieſes Erbe der Revolution übernahm
und durc; die WeimarerVerfaſſungzurſtaatlichen Lebensform des- deutjchen
Volkes machte.
Zolfsentſc<eid über Fürſtenrafſgier.
Bon Franz Klühs.
„29 anz plößlich iſt das deutſche Vol? berufen, das verfaſſungsmäßige Recht des
- dH Bolksbegehr ens und ves Volksentſ<eides zur Anwendung zu
WS bringen. Die Forderungen der ehemaligen, durch die Revolution :als Folge des
verlorenen Weltkriegs beſeitigten Fürſtenhäuſer, haben, da alle anderen Mittel bisher
verſagten, den Wunſch nach der letzten Entſcheidung des Volkes reifen laſſen. Nun
iſt die Frage geſtellt, nun muß ſie durch die breite Maſſe der Wähler entſchieden
werden, ob die ehemaligen „Landesväter“ und ihre Angehörigen weiter in Luxus
und Ueberfluß leben dürſen, oder ob ſie als einfache deutſche Staatsbürger denſelben
Einſhränfungen ſich unterwerfen müſſen, denen alle übrigen Deutſchen durch die
Kriegsfolgen unterworfen worden ſind.
Jndem wir dies ſchreiben, tritt ſofort die ganze Tragödie Deutſchlands in die
Erſcheinung. Revolutionen, Staatsumwälzungen hat es in der Geſchichte ſchon ſehr
viele gegeben. Tauſendjährige Reiche ſind umgeſtaltet, uralte „HZerrſchergeſchlechter“
jind beſeitigt worden. An die Gtelle der monarchiſchen Staatsform iſt immer mehr
die republikaniſche getreten. Zumeiſt hatte die Errichtung einer Republik zur Folge,
daß die bis dahin herrſchenden Fürſtenſamilien durch Staatsgeſez des Landes ver-
wieſen und daß ihre Liegenſchaften als dem Staat verfallen erklärt wurden. Aus
Billigkeitsgründen hat man ihnen wohl noch eine Lebensrente ausgeſetzt, damit ſie
außerhalb des Landes den Abſchied von ihrem visherigen Herrendaſein leichter ver-
ſchmerzen konnten.
Bei allen diejen Revolutionen handelte es ſicly aber immer um e ine Monarchie
und eine Monarchenfamilie. In Deutſ<hlend jedod) hatten wir zweiund-