80 Arbeiter-Jugend
Vriedrich TII., 1480 in der Abtei Kempten, 1492 in Schwaben, in Bayern und in
Burgund. Im Jahr 1493 kam es zu der großen Erhebung des Bundſchuh im Elſaß,
und volle fünf Jahre, von 1497 bis 1502, dauerte ein großer Bauernauſſtand im
Schwarzwald, an dem ſich bereits Joß Friz beteiligte. Andere Vorläufer, wie das
Unternehmen des Pfeifers von Niklashauſen, 1476, und der arme Konrad von 1512,
ſind bekannt. Dieſe lange Liſte zeigt, wie ſehr der Bauernkrieg von 1525 aus den
Zuſtänden herausgewachſen iſt, Er war auch keineswegs der letzte. Da er den
Bauern keine Erlöſung brachte, ſo wiederholten ſich die Unruhen noch jahrzehnte-
lang, in der Schweiz, in Schwaben, Steiermark, Kärnten, Krain und anderwärls.
„vn Krain ſoll dabei ſo viel Blut gefloſſen ſein, daß es noc< jahrelang an Kröſten
fehlte, den A>er zu beſtellen.
Was die Vorgänge des Jahres 1525 von all dieſen Teilauſſtänden unterſcheidet,
iſt vornehmlich der große Umfang der Empörung, die ziemlich gleichzeitig in weit
entlegenen Gegenden, vom Bodenſee bis nach Thüringen, ſtattſand. Der Verlauf der
Ereigniſſe ſoll im einzelnen hier nicht geſchildert werden, das iſt im „Jubeljahr 1925“
wiederholt in Zeitſchriften und Broſchüren geſchehen; auch kann ſich jeder leicht aus
Engels" „Deutſchem Bauernkrieg“*) darüber informieren. Hier ſei nur kurz an das
erinnert, was uns das Weſeniliche zu ſein ſcheint.
Im Frühjahr 1525 brach der Aufruhr an nicht weniger als zwölf weit von»
einander entfernten Stellen los: im Schwarzwald, im Breisgau, am Bodenſee, im
Allgäu, um Ulm, um Heilbronn, im Odenwald, in Franken, in Thüringen und in
Hohenlohe. Es iſt wohl richtig, daß einzelne Verſonen, vor allen Thomas Münzer**),
ſich bemüht haben, einen einheitlichen Auſſtand zu organiſieren. Aber das iſt
ihnen nicht gelungen. Die Maſſe ſchlug los, als ſie ihr Elend nicht länger tragen zu
können vermeinte. Hierin lieat bereits der erſte Keim der Niederlage und Des
Untergangs. Man weiß, daß ſich an den verſchiedenen Stellen große, zum Teil
rieſige Hauſen bewaſſneter Bauern zuſammenſanden. Die Berichte reden von 5000,
6000, 10 000 bis zu 30 000. Allerdings darf man ſolchen Berichten nicht blindlings
glauben. Aber große Maſſen werden es ſchon geweſen ſein. Und daß ſie oft viel
zahlreicher waren, als die ihnen entgegentretenden Heere, das ſteht feſt. Nun iſt
im Verlauf der Weltgeſchichte ſaſt immer -- mit ſehr ſeltenen Ausnahmen --- der
liebe Gott mit den ſtärkjten Bataillonen geweſen. Ihrer Zahl nach hätten alſo die
Bauern ſiegen mnüſſen, troß ihres Mangels an kriegeriſcher Uebung und ihrer
Ihlechten Bewaffnung. Denn daanit ſtand es auf der anderen Seite auch nicht viel
beſſer. Man Darf ſich von der Kriegskunſt der damaligen Zeit keine übertriebene
Vorſtellung machen. Und was die Führung anbelangt, ſo verſtand Florian Geyer
ſicherlich mindeſtens ebenſo viel davon wie der Truchſeß von Waldburg. Weshalb
ſind trozdem die Vauern zugrunde gegangen? |
Es genüge, auf einen beſonders <arakteriſtiſchen Vorgang zu verweiſen. Am
17. April 1525 fand ſich der Truchſeß mit einer Armee von höchſtens 8900 noch dazu
unzufriedenen Lanvsknechten =- ſie hatten erſt wenige Tage? zuvor gemeutert, weil
ſie den Sold nicht pünktlich erhielten =- vier großen Bauernhaufen gegenüber, die
voii verſchiedenen Seiten auſ ihn anrücten und zuſammen auf 30 000 Mann an-
gegeben werden. Eine Schlacht hätte ihn vernichten müſien. Da bot er Unter-
handlungen an und überredete mit leichter Mühe die Bauern, mit ihm einen Vertrag
zu ſchließen. Gegen das Verſprechen, daß ihre Beſchwerden vor einem Schieds»
*) Zuleßzt erſchienen 1908 im Vorwärts-Verlag zu Berlin.
**) Siehe „Arbeiter-Jugend“, 1925, S. 138 und 165.