Full text: Arbeiter-Jugend - 18.1926 (18)

82 Arbeiter-Jugend 
 
ſchaft zu ſehen. Das iſt kein anderer Grund der Niederlage, es gehört vielmehr durc» 
aus auf dasſelbe Blatt. Es beweiſt ebenfalls, wie fern ven Bauern jedes Verſtändnis 
dafür lag, daß ihre Not nur behoben werden konnte durch Zuſammenhalten, dD. Hh. 
Durch Aufopferung der perſönlichen Intereſſen für die Geſamtheit der Klaſſe. 
Faſſen wir zuſamznen: 
Die Bauern ſchlugen maſſenhaft los, nicht nach einem einheitlichen Plan, jondern 
als ihr Clend ſo groß geworden war, daß ganze Maſſen es gleichzeitig als un- 
erträglich empfanden. 
Die Bauern lieſen alle paar Wochen nach Hauſe, um nach ihrer Wirtſchaft zu- 
jehen. 
Die Bauern ſchloſſen in einzelnen Trupps Vergleiche, in der Meinung, dadurch 
jür ſich perſönlich ihren Zwe erreicht und den Krieg beendet zu haben. 
Dies alles beweiſt, daß jedernuranſichvac<te, weil ihm das Verſtändnis 
dafür mangelte, wie das Schic>ſal des einzelnen mit dem Schi>ſal der Klaſſe ver- 
bunden iſt, und daß inſfolgedeſien höhere politiſche Ziele und umfaſjende politiſche 
Aktionen nötig ſind, um das Schickſal des einzelnen zu beſſern. Dies war der Grund 
ihrer Niederlage. Ob cs möglich geweſen wäre, unter den damaligen Verhältniſſen 
den Bauern das Verſtändnis für ſolche Zuſammenhänge beizubringen, iſt freilich die 
Trage. Aber ohne ſolches Verſtändnis bei der Mehrzahl der Kämpfer iſt keine ſieg- 
reiche Revolution möglich. 
Das iſt es, was wir aus vem deutſchen Bauernkrieg zu lernen haben. 
 
 
Achtzehnhunderkachtundvierziger Satire. 
Von Friedrich Wendel. 
B-Sy aturgemäß geben die dramatiſch) bewegten Höhepunkte der Geſchichte den gün- 
5 & ſtigſten Nähvbpoden für die politiſche Satire ab. Zu allen Zeiten =“ wenigſtens 
„ 8» von der Erfindung der Buchdrucerkunſt an gerechnet --- war das ſo. Eine Flut 
von karikaturiſtiſchen Holzſchnitten begleitet im 16. Jahrhundert die Jahrzehnte der 
Reſormation; in der großen engliſchen Revolution bedienen ſich beide Parteien, die 
Monarchiſten ſowohl wie die Verfechter des demokratiſchen Prinzips, der geſchriebenen 
und gezeichneten Satire; die klaſſiſche Revolution des Bürgertums, die groß2 Franzö- 
ſiſche Revolution von 1789, bedient ſich dieſes Kampfrechtes in unvergleichlicher Weiſe; 
ver Kampf Englands gegen Napoleon 1. iſt unzertrennlic<y mit dem Nämen James 
Gillrays*), eines Klaſſikers der Karikatur, verknüpft; die Unmöglichkeit, die ſich als 
Louis Philippe von Orleans auf dem Thron Frankreichs ſpreizt, ruft einen Daumier**) 
guf den Plan; und in Deutſchland bringt das Jahr 1848 einen Höhepunkt der 
politiſchen Satire. 
Adolf Glaßbrenner ſchreibt im Braus des Märzſturms ſeine beſten Sachen, David 
Kaliſch bringt den „Kladderadatſch“ heraus, dem in Süddeutſchland der treſfliche, von 
Ludwig Pfau geleitete „Eulenſpiegel“ und die „Frankfurter Latern'“ zur Seite treten, 
in Wien wird der Wißbold Saphir den Herrſchenden unangenehm, und aller Orten 
werden politiſch-ſatiriſche Plakate und karikaturiſtiſche Einblattdruke verbreitet. Die 
errungene Preſſefreiheit, unerläßliche Vorbedingung aller Satire, läßt das Ge- 
lächter aus vollem Halſe erſchallen. 
Die Satire der Jahre 1848 und 1849 bietet ein getreues Spiegelbild ves Ver» 
lauſes der revolutionären Bewegung. Unſere Bilder mögen einen Querſchnitt geben. 
 
*) Sprich dſchähms gillreh, 
**) Sprich dohmjeh. 

	        
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