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Graphiſche Kunſt.
Die Technik der gravyhiſhen Künſte.
Von Dr. Biklor Engelhardt.
3: iſt der beſte Führer zum Verſtändnis der Kultur eines Volkes oder einer Epoche.
Die Kunſt der Malerei und Plaſtik wandelt auf der Menſchheit Höhen. -.Gie diente in
alten Zeiten dem Kult (Gottesdienſt) oder dem Glanz fürſtlicher Höfe. Darum ſpiegelt
ſie die Kultur des Volkes nur einſeitig wider. Sie gibt ein Bild vom Willen der ſührenden
Schichten. Oft aber nicht mehr. Nur was in allerweiteſten Kreiſen Verbreitung findet, kann
Sinnbild ſein für den Charakter einer Kultur. Damit gewinnen die graphiſchen Künſte höchſte
Bedeutung. Große Auflagenhöhe und Billigkeit der Herſtellung graphiſcher Blätter erlauben
es, ſie allen kulturell Intereſſierten zugänglich zu machen. Die ewige Wechſelwirkung zwiſchen
Künſtler und abnehmendem Publikum ſorgt dafür, daß das graphiſche Werk einer Epoche in
jeiner Geſamtheit über die Individualität der Künſtler hinaus zum Abbild des Willens des
Zeitalters wird. Von dieſem Geſichtspunkt aus ſei in einer Aufſatzreihe die Beziehung
zwiſchen Graphik und Umwelt überſchaubar gewürdigt.
Im nächſten Heft ſei die kulturgeſchichtliche Betrachtung mit einem Aufſaßz über japaniſchen
Holzſchnitt eröſſnet. Auſſäße Über die europäiſche Graphik der verſchiedenen Länder und
Epochen ſollen folgen. Wir werden viel von Holzſchnitten, Kupſerſtichen, Radierungen und
Gteindrud>en reden. Um die kulturgeſchichtlichen Betrachtungen nicht mit techniſchen Erläute-
rungen zu beſchweren, ſei das zum Verſtändnis Nötigſte über die Technik der einzelnen
Zweige graphiſcher Kunſt ſchon heute geſagt. Jeder hebe ſich die vorliegenden, etwas tro>denen
Zeilen auf, um gegebenenfalls in ihnen nachleſen zu können, wenn er vergeſſen haben ſollte,
was ein Kupferſtich, eine Radierung, ein Farbholzſchnitt iſt.
A. Der Holzſchnitt.
1. Der eigentliche Holzſ<nitt. Das Material ſür den Holzſchnitt iſt der
„Drutkſto>", eine mäßig di>e, vollkommen ebene Piatte aus Birn-, Nuß- oder Apfelbaum
Holz. In älteren Zeiten verwendete man ausſchließlich „Langhol3“, bei dem die Holzfaſer
parallel zur Bildfläche liegt.
Auf die geglättete, gegebenenfalls geweißte und gekreidetle Oberfläche des Holzſto>s wird
die Zeichnung aufgetragen, die ſelbſtverſtändlich an das ſpätere Schneideverſahren feine un-
möglichen Jorderungen ſtellen darf. Japaniſche Künſtler malen die Vorzeichnung mit dem
Pinſel auf ein Papierblatt und kleben dieſes auf den Sto>.
Der „Schnitt“ wird entweder vom Künſtler ſelbſt ausgeſührt, oder -- in Japan ſtets ---
beſonders geſchulten Kräſten, den Holzſchneidern, übertragen. Bei den einfachen Linien-
holzſchnitten werden die vorgezeichneten Linien beiderſeits mit einem ſeinen Meſſer, dem
„Schneidemeſſer“ umſchnitten. Alles was dazwiſchen. liegt, alſo nicht abgedruckt werden ſoll,
wird mit dem „Äushebeeiſen“ herausgeholt. GSelbjiverſtändlich können ſtatt Linien aud
Flächen ſtehenbleiben, ein Berſahren, das namentlic) beim Farbholzſchnitt angewendet wird.
Beim Weißſ<nitt werden die Umrißlinien eingegraben, erſcheinen alſo weiß auf
dunklem Grunde. Bei Schrotblättern werden Linien und Flächen durc) im Druc weiß-
bleibende Punzimarken belebt,
Die geſchnittene Holzplatte wird mit Drucerſchwäurze over Farbe eingeſjärbt und auf
Bapier durch einjaches Aufdrücten, vder mit einer Buchdruckerpreſſe, oder, bei Reiberdrucken,
durch Auflegen und „Anreiben“ ves Papiers abgedrucdt, Der Holzſchnitt iſt alſo ein „Hoch-
drudverſahren“. Die ſtehengebliebenen Linien (Stege) und Flächen nehmen die Farbe auf
und geben ſie an das Papier ab. Das Druckverſahren gleicht vollkommen dem gewöhnlichen
Buchdruck. Daher ordnen ſich die Holzſchnitte äußerſt harmoniſch dem Typendruck ein und
wurden durc<h Jahrhunderte zur Illuſtrierung der Bücher verwendet.
9. Der Farbenholzſ<nitt. Der Farbenholzſchnitt, der namentlich in Oſiaſien
blühte, verwendet mehrere Druckſiöke. Der erſte trägt im oben geſchilderten Verſahren her-
geſtellte Umrißzeichnungein. In weiteren, genau zueinander paſſenden Drucſtö>en läßt man
ewiſie, vem Raum zwiſchen den Umrißlinien entſprechende Flächen ſtehen. Sie werden
mit verſchiedenen Farben eingefärbt und nacheinander auf das Papier gedruckt, Dabei iſt