Full text: Arbeiter-Jugend - 18.1926 (18)

Arbeiker-Jugend “ 93 
Troß alledem: der Verband hat, wenn er 
' auch nicht ſichtbar nach außen wuchs, doch 
gute Arbeit geleiſtet. Er hat in Tauſenden 
von Verſammlungen und Vortragsabenden, 
durch ſeine Zeitſchrift, durch ſeine Schriſten- 
abteilung und durch ſeine Verlagswerke 
Wiſſen verbreitet, für die Sicherung und den 
Ausbau des geſetzlichen Jugendſchußes ge- 
tämpft und wertvolle Kulturarbeit geleiſtet. 
Er hat getan, was unter den gegebenen Ver» 
hältniſſen zu tun möglich war. Und es gab 
darum auf dem Verbandstage auch keine 
ernjtliche Kritik an ſeiner Führung und an 
jeinen Leiſtungen. Der Verbandstag hatte 
eine wichtigere Aufgabe: zu unterſuchen, ob 
es nicht vod) ſelbſt unter den ungünſtigen 
politiſchen und wirtſchaftlichen Verhältniſſen, 
deren Aenderung in allernächſter Zeit nicht 
erwartet werden kann, möglich iſt, breitere 
Maſſen der Arbeiterjugend zu erfaſſen und 
werbend in Kreiſe zu treten, die uns bisher 
ſaſt unzugänglich waren. 
Dem Verbandstage, der von 110 Dele- 
gierten und 60 Gäſten beſucht war und an 
dem als Vertreter der „Sozialiſtiſchen Jugend- 
Internationale“ Genoſſe Ollenhauer teil- 
nahm, verſuchten die Genoſſen Paul und 
Iakſch ſole Wege zu zeigen. Genoſſe 
Paul ſchlug, bei ſelbſtverſtändlicher Bei- 
behaltung der bisherigen erzieheriſchen Be- 
tötigung, ſtärkere politiſche Aufklärung und 
politiſche Schulung vor, beſſere Berückſichti- 
gung der verſchiedenen Ultersſtufen der 
Jugend, energiſchen Kampf um Sicherung 
aller. Jugendſchußzbeſtimmungen und um 
deren Ausgeſtaltung. Er hatte ſeine Vor- 
ſchläge, die er in ſchöner Rede begründete, in 
einem Antrage zuſammengefaßt, der be- 
ſonders auf den Ausbau der Jugendſchuß- 
arbeit, auf die Urlaubsſicherung und Urlaubs- 
verwertung verweiſt und in bezug auf die 
organiſatoriſche und erzieheriſche Arbeit die 
Gliederung der Mitgliedſchaft in Jüngeren- 
und Aolierengruppen vorſieht, Vorſchläge zur 
Ausgeſtaltung der Preſſe macht und die Ver- 
anſtaltung einer Werbeaktion vorſieht. 
Genoſſe Ia kſ< beſprach die Möglichkeiten 
der Werbung unter der ländlichen 
Arbeiterjugend. Unter Berückſichtigung aller 
beſonderen Schwierigkeiten, die hier zu über 
winden find, ſchlug er die Schaffung von 
Gtammgruppen vor, von ſolchen Orls- 
gruppen, die als Stüßpunkte ſür die Agita- 
tion in den agrariſchen Gebieten benüßt 
werden ſollen. Sie ſollen Mittelpunkte 
unſerer: Bropaganda, unſerer ſozialen Arbeit, 
unſerer kulturellen Arbeit auf dem Lande 
ſein. Es wird nicht überall möglich ſein, dort, 
wo wir Anhänger unter der Landjugend ge- 
winnen, auch Drganiſationen zu gründen. 
Kleinheit der Ortſchaften und örtliche Hinder- 
niſſe machen dies oſt unmöglich. In ſolchen 
Fällen ſollen Jugendſektionen der Partei- 
erganiſationen geſchaffen werden. 
Die Vorſchläge der beiden Referenten 
wurden nach einer intereſſanten Wechſelrede, 
die des Zeitmangels wegen leider vorzeitig 
abgebrochen werden mußte, einſtimmig an- 
genommen. Die Vorausſetzungen für größere 
Bewegungsfreiheit des Verbandsvorſtandes in 
finanzieller Beziehung wurden geſchaffen 
durc< die Erhöhung des Verbandsbeitrages 
von 2 Kr. auf 2,50 Kr. Welchen Erfolg die 
Anwendung der von den beiden Bericht- 
erſtattern, beſonders vom Genoſſen Jakſch ge- 
machten Vorſchläge bringen wird, ſoll nicht zu 
beurteilen verſucht werden. Denn das Er- 
gebnis auch der fleißigſten Arbeit unſerer 
Jygendlichen hängt nicht allein von ihnen 
ſelbſt ab, ſondern auf dem Lande vom Ver- 
ſtändnis und von der Mitarbeit der er- 
wachſenen Genoſſen, im allgemeinen jedoch 
von einer Aenderung der politiſchen Situa- 
tion, von einer allgemeinen Wiederbelebung 
des politiſchen Intereſſes, das eine ſolche 
Aenderung zur Folge haben würde. 
Die deutſche ſozialdemokratiſche Partei in 
ver Tſchechoſlowakei hatte ihr Intereſſe an 
der Jugendbewegung durch die Teilnahme 
des Parteivorſizenden Genoſſen Dr. Czech am 
BVerbandstage bewieſen. Befreundete Jugend- 
verbände hatten Begrüßungsſchreiben ge- 
ſc<hi>t. Die tſchechiſ<e ſozialdemokratiſche 
Jugend war durch vier Genoſſen vertreten. 
Beſondere Erwähnung verdient die von 
wahrhaft internationalem Denken zeugende 
Rede des Vertreters der tſchechiſchen ſozial» 
demokratiſchen Studenten, des Genoſſen 
Viſek, der die Verſtändigung zwiſchen deut- 
ſchen und tſchechiſchen Sozialdemokraten auf 
der Grundlage eines Programmes der natio- 
nalen Autonomie forderte. Ein Wunſch, der 
leider noch nicht der Erfüllung nahe iſt und 
deſſen Verwirklicung ausſchließlich von der 
iſchechiſchen Sozialdemokratiſchen Partei ab- 
hängt. 
Den Beſchluß des Verbandstages bildeten 
die Wahlen. Zum Vorſißenden des Ver- 
bandes wurde Genoſſe Karl Kern gewählt. 
Den aus der Leitung ausſcheidenden Genoſſen 
Paul und Joſef Hofbauer, den Gründern und 
Leitern des Verbandes in der Zeit der ärgſten 
Fährniſſe, dankte der Verbandstag für ihre - 
langjährige Arbeit. 
 
Bureauſißung der Sozialiſtiſchen Iugend- 
Internationale. 
Am 24. und 25. Januar 1926 tagte in 
Amſterdam das Bureau der Sozialiſtiſchen 
Jugend-Internationale. An den Beratungen 
nahmen die Mitglieder des Bureaus, die Ge- 
noſſen Voogd- Amſterdam, Dllen- 
hauer- Berlin, Heinz-Wien, Paul- 
Prag ſowie die Leiter der holländiſchen ODrga-
	        
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