Arbeiker-Jugend “ 93
Troß alledem: der Verband hat, wenn er
' auch nicht ſichtbar nach außen wuchs, doch
gute Arbeit geleiſtet. Er hat in Tauſenden
von Verſammlungen und Vortragsabenden,
durch ſeine Zeitſchrift, durch ſeine Schriſten-
abteilung und durch ſeine Verlagswerke
Wiſſen verbreitet, für die Sicherung und den
Ausbau des geſetzlichen Jugendſchußes ge-
tämpft und wertvolle Kulturarbeit geleiſtet.
Er hat getan, was unter den gegebenen Ver»
hältniſſen zu tun möglich war. Und es gab
darum auf dem Verbandstage auch keine
ernjtliche Kritik an ſeiner Führung und an
jeinen Leiſtungen. Der Verbandstag hatte
eine wichtigere Aufgabe: zu unterſuchen, ob
es nicht vod) ſelbſt unter den ungünſtigen
politiſchen und wirtſchaftlichen Verhältniſſen,
deren Aenderung in allernächſter Zeit nicht
erwartet werden kann, möglich iſt, breitere
Maſſen der Arbeiterjugend zu erfaſſen und
werbend in Kreiſe zu treten, die uns bisher
ſaſt unzugänglich waren.
Dem Verbandstage, der von 110 Dele-
gierten und 60 Gäſten beſucht war und an
dem als Vertreter der „Sozialiſtiſchen Jugend-
Internationale“ Genoſſe Ollenhauer teil-
nahm, verſuchten die Genoſſen Paul und
Iakſch ſole Wege zu zeigen. Genoſſe
Paul ſchlug, bei ſelbſtverſtändlicher Bei-
behaltung der bisherigen erzieheriſchen Be-
tötigung, ſtärkere politiſche Aufklärung und
politiſche Schulung vor, beſſere Berückſichti-
gung der verſchiedenen Ultersſtufen der
Jugend, energiſchen Kampf um Sicherung
aller. Jugendſchußzbeſtimmungen und um
deren Ausgeſtaltung. Er hatte ſeine Vor-
ſchläge, die er in ſchöner Rede begründete, in
einem Antrage zuſammengefaßt, der be-
ſonders auf den Ausbau der Jugendſchuß-
arbeit, auf die Urlaubsſicherung und Urlaubs-
verwertung verweiſt und in bezug auf die
organiſatoriſche und erzieheriſche Arbeit die
Gliederung der Mitgliedſchaft in Jüngeren-
und Aolierengruppen vorſieht, Vorſchläge zur
Ausgeſtaltung der Preſſe macht und die Ver-
anſtaltung einer Werbeaktion vorſieht.
Genoſſe Ia kſ< beſprach die Möglichkeiten
der Werbung unter der ländlichen
Arbeiterjugend. Unter Berückſichtigung aller
beſonderen Schwierigkeiten, die hier zu über
winden find, ſchlug er die Schaffung von
Gtammgruppen vor, von ſolchen Orls-
gruppen, die als Stüßpunkte ſür die Agita-
tion in den agrariſchen Gebieten benüßt
werden ſollen. Sie ſollen Mittelpunkte
unſerer: Bropaganda, unſerer ſozialen Arbeit,
unſerer kulturellen Arbeit auf dem Lande
ſein. Es wird nicht überall möglich ſein, dort,
wo wir Anhänger unter der Landjugend ge-
winnen, auch Drganiſationen zu gründen.
Kleinheit der Ortſchaften und örtliche Hinder-
niſſe machen dies oſt unmöglich. In ſolchen
Fällen ſollen Jugendſektionen der Partei-
erganiſationen geſchaffen werden.
Die Vorſchläge der beiden Referenten
wurden nach einer intereſſanten Wechſelrede,
die des Zeitmangels wegen leider vorzeitig
abgebrochen werden mußte, einſtimmig an-
genommen. Die Vorausſetzungen für größere
Bewegungsfreiheit des Verbandsvorſtandes in
finanzieller Beziehung wurden geſchaffen
durc< die Erhöhung des Verbandsbeitrages
von 2 Kr. auf 2,50 Kr. Welchen Erfolg die
Anwendung der von den beiden Bericht-
erſtattern, beſonders vom Genoſſen Jakſch ge-
machten Vorſchläge bringen wird, ſoll nicht zu
beurteilen verſucht werden. Denn das Er-
gebnis auch der fleißigſten Arbeit unſerer
Jygendlichen hängt nicht allein von ihnen
ſelbſt ab, ſondern auf dem Lande vom Ver-
ſtändnis und von der Mitarbeit der er-
wachſenen Genoſſen, im allgemeinen jedoch
von einer Aenderung der politiſchen Situa-
tion, von einer allgemeinen Wiederbelebung
des politiſchen Intereſſes, das eine ſolche
Aenderung zur Folge haben würde.
Die deutſche ſozialdemokratiſche Partei in
ver Tſchechoſlowakei hatte ihr Intereſſe an
der Jugendbewegung durch die Teilnahme
des Parteivorſizenden Genoſſen Dr. Czech am
BVerbandstage bewieſen. Befreundete Jugend-
verbände hatten Begrüßungsſchreiben ge-
ſc<hi>t. Die tſchechiſ<e ſozialdemokratiſche
Jugend war durch vier Genoſſen vertreten.
Beſondere Erwähnung verdient die von
wahrhaft internationalem Denken zeugende
Rede des Vertreters der tſchechiſchen ſozial»
demokratiſchen Studenten, des Genoſſen
Viſek, der die Verſtändigung zwiſchen deut-
ſchen und tſchechiſchen Sozialdemokraten auf
der Grundlage eines Programmes der natio-
nalen Autonomie forderte. Ein Wunſch, der
leider noch nicht der Erfüllung nahe iſt und
deſſen Verwirklicung ausſchließlich von der
iſchechiſchen Sozialdemokratiſchen Partei ab-
hängt.
Den Beſchluß des Verbandstages bildeten
die Wahlen. Zum Vorſißenden des Ver-
bandes wurde Genoſſe Karl Kern gewählt.
Den aus der Leitung ausſcheidenden Genoſſen
Paul und Joſef Hofbauer, den Gründern und
Leitern des Verbandes in der Zeit der ärgſten
Fährniſſe, dankte der Verbandstag für ihre -
langjährige Arbeit.
Bureauſißung der Sozialiſtiſchen Iugend-
Internationale.
Am 24. und 25. Januar 1926 tagte in
Amſterdam das Bureau der Sozialiſtiſchen
Jugend-Internationale. An den Beratungen
nahmen die Mitglieder des Bureaus, die Ge-
noſſen Voogd- Amſterdam, Dllen-
hauer- Berlin, Heinz-Wien, Paul-
Prag ſowie die Leiter der holländiſchen ODrga-