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bruar 1928
SEICHT
I FIeder Krieg noh Frieden! -- Wer entſinnt ſim nicht
7 H dieſer zugeſpizten Formel Troßkis, mit der er die
-2P5 Friedensvoerhandlungen in Breſt-LitowjkR abgebrochen
hatte? Ironie der Weltgeſhic<te: dieſelbe Zzweideutige Formel,
die die Bolſ<ewiken unter dem Dru der deutſchen Offenſive
bald aufgeben mußten, indem ſie mit dem Kaiſer Wilhelm I1.
einen „hundsgemein2n“ Frieden ſchloſſen, ſcheint am
.„ Fe
treffendſten die durc den Derſailler Dertrag geſhaffeng gegen-
wärtige Cage Europas zu <arakteriſieren. Krieg? =- Das
freilich niht: ſiebe Dölkerbund, Cocarno, Woltwirtſ<afts-
konferenz ... Frieven? -- Bber wie kann man damit die.
Rheinbeſeßung ac<t Iahre nach dem Waffenſtillſtand, die Wett-
rüſtungen der großen und kleinen Mächte, die Aufrictung der
Zollmauern, das Vlißlingen der Abrüſtungskonferenzen, die
mal hier, mal dort auflodernden Konflikte in Einklang
bringen?
Weder Krieg nod) Frieden ... Dieſer zweideutigs Zuſtand
zeigt ſich auf die Dauer als unerträglich. Ex ſteht im kraſſen
Geg2nſaßs zu den gebieteriſ<en JForderungen der vor ſi
aehenden finanziellen und wirtſchaftlichen Stabiliſierung
Europas. Daß ſeit Cocarno ſich die Währungen in Frankrei,
Belgien, Italien einigermaßen ſtabiliſiert, die Staatshaushalte
überall gefeſtigt, die Induſtrie und der Handel ſich entwilelt
haben, ſteht außer Frage. Aber die Unſicherheit der inter-
nationalen Cage, die nur für die einzelnen Zweige der Shwer-
induſtrie, vor allem die Waffen- und Kriegsſ<iffsfabrikanten
vorteilhaft iſt, hemmt und verlangſamt die ökonomij<e Ge-
ſundung Europas, die unter den ſ<weren Folgen der Rriegs-
kataſtrophe immer nodh) leidet. . -
Zugleich widerſprict der unhaltbare Zuſtand: „Weder
"Krieg noh Frieden“ immer mehr den Hoffnungen, den JForde-
rungen, den Intereſſen der breiteſten Dolksmaſſen der Welt,
vor allem denen des Proletariats. Die Bolſ<ewiſten Über-
treiben freilich demagogiſ<, wenn ſie behaupten, daß Europa,
wie die ganze Welt, mit vollen Segeln einer unabwendbaren
„Epoche neuer großer Kriege“ entgegenſteuers. Su fur<tbar
waren die Kriegsverheerungen, zu klaffend ſind nor die
Kriegswunden, als daß ein neuer Weltkrieg in abjehbarer
- Zeit wieder möglich wäre. In den letzten Iahren, beſonders
ſeit der Ruhrbeſezung, iſt denn auch die Kriegsgefahr in
Europa nicht gewachſen, ſondern abgeflaut. UicmMt die Kriegs-
gefahr, ſondern das Bedürfnis na< Frieden iſt ſeither un-
gemein aewachſen. Die Dölker Europas verlangen, daß die
. zweideuktige und brüchige Uahkriegszeit von einer geſicerten
Friedensperiode endlich abgelöſt wird. Die Dolks-
maſſen, und vor allem die Arbeitermaſſen, empfinden es als
unerträglih, wenn ein beliebiger Konflikt in einem be-
liebigen Weltwinkel -- ſei es der italo-jugoſjlawiſ<e, der
anglo-ruſſiſche, der polniſc<-litauiſc<e oder der italo-fran-
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Wahljahr und Weltfrieden.
zöſiſche Gegenſaß -- das Rriegsgeſpenſt heraufbeſ<wören und
die Kulturwelt ins Derderbon ſtürzen könnte.
Dieſe zunehmende Beunruhigung und Unzufriedenheit der
Dolksmaſſen einerſeits und die gebieteriſcen Bedürfniſſe
des Wirtſchaftslebens anderſeits führten bekanntliM vor
kurzem zu einer neuen FriedensSoffenſive. Der kläg-
lie Mißerfolg der vom Präjidenten Coolidge einberufenen
Seeabrüſtungskonferenz der Dreimädzte (USKÄ., England und
Japan) hat die Unzufriedenheit und das WMißbehagen weit
über die Grenze der Arbeiterſchaft hinausSgetrieben. Wie weit
die allgemeine Unzufriedenheit ſelbſt in die Reihen der Bour-
geoiſie eingedrungen iſt, beweiſt das demonſtrative Zurüt-
treten des engliſ<en Dertreters im Dölkcrbund, Lord Cecils,
ſowie des franzöſiſ<en, Henry ds Jouvenels, die jich faſt
gleichzeitig weigerten, ſim? fernerhin an einer Politik zu be-
tciligen, die unter dem Dekmantel der offiziellen FriedenS-
betätigungen den Wert und den Einfluß d2s Dölkerbundes
untergräbt, ſowie jegliche ernſte Abrüſtungsarbeit jabotiert.
loch auffallender kam dieſe Stimmung in der September-
ſizung des Dölkerbundes zum AuSdrusts, in der ſim die
kleinen Staaten gegen die Großmächte auflehnten. Die nah
dem Krieg neugebildeten kleinen Staaten, die zwiſ<en die
rivaliſierenden Großmächte eingeklemmt ſind, fürchten nicht
weniger als ihre Gegner ihre Beſhüßer und ſind deShalb um
ihre Exiſtenz ſelbſt beunruhigt, während die „alten“ kleinen
Staaten nah den Erfahrungen des Weltkriegs auf ihre „Lieu-
tralität“ keinen großen Wert mehr zu legen ſ<einen. Immer-
hin erbliken die kleinen Staaten, die gegen die eigennüßige
imperialiſtiſche Politik der Großmächte aufgebracht ſind, ihre
einzige Zuflucht in der demokratiſchen KusSbildung und der
Befeſtigung des Dölkerbundes, ſowie in der möglichſt baldigen
Derwirklihung der Abrüſtungsidee. Um die mißtrauiihen
kleinen Stoaten und die aufgebrachte öffentlicde Dleinung
dor Welt zu beruhigen, wurde ja au< von Polen eine große
Aktion -in Genf unternommen, die alle Dölkerbundsſtaaten
feierlich verpflichten ſollte, auf Kriege zu verzichten. Dod
iſt es ſ<Hließlich dem ſonſt ſo „friedfertigen“ Empfänger des
LUobelpreiſes, Sir Auſten Chamberlain, gelungen, der polni-
ſchen Formel die Spiße abzubrechen und ſie zu einer harm-
loſen Kundgebung des Dölkerbundes gegen Angriffskriege
abzuſchwädcen. |
Die ruſſiſche Diplomatie verſtand es, die allgemeine Diß-
ſtimmung über dieſes Derſagen des Dölkerbundes und die
Intrigen der imporialiſtiſc<en Großmächte auszunußen, um
ihrerſeits in der Dezemberſigung der vorbereitenden Ab-
rüſtungskommiſſion einen groß angelegten aber rein dem-
agogiſchen Entwurf einer allgemeinen, ſofortigen und baldigen
Abrüſtung vorzulegen. Dieſer Entwurf ſteht zwar im kraſſen
Widerſpruc< zu dem gewöhnlichen „weltrevolutionären“ Säbel-