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gendverbände, und da wird uns bewußt, wie ſtark der ſozia-
liſtiſche Einfluß unter der arbeitenden Jugend ſeit 1914 ge-
wachſen iſt. Die Hunderttauſend des Iahres 1914 haben ſi
auf A<Hthunderttauſend erhöht. =
Unſer Derband bildet in der Kette der ſozialiſtiſchen
Jugendverbände eines der wichtigſten Glieder. Wir umfoſſen
den aktivſten Teil der arbeitenden Jugend, ſind die KRern-
truppe der ſozialiſtiſ<en Iugendbewegung geworden, die weit
über ihre zahlenmäßige Stärke Hinaus die jozialiſtijche
Iugenderziehung entſcheidend beeinflußt. Da, wo vor zwanzig
Jahren die loſe Derbindung der Abonnenten der „Krbeiter-
Jugend“ die einzige organiſatoriſche Bindung war, ſteht heute
cine feſtgefügte Organiſation mit einem gausgebauten Er-
ziehungswerk, das ſich eine führende Stelle in der gejamten
Iugendbewegung erobert hat. Dor zwei Iahrzehnien eine ver-
folgte, ſc<ikanierte und unter Ausnahmere<ht geſtellte Be-
wegung, heute führend beteiligt in allen öffentlichen und
freien Körperſ<aften der Iugenderziehung und der JIugend-
wohlfahrt. Die Erfolge der Arbeiterbewegung ſind auch unſere
Erfolge geweſen.
Wir ſind noh nicht am Ziel, und wir haben keinen Grund,
ein Loblied anzuſtimmen: „Wie herrlich weit haben wär vs
gebracht!“ aber wir wollen den Fortſc<ritt klar erkennen
und daraus die Kraft gewinnen für die Arbeit am nächſten
Erfolg. Es gibt auch in unſeren Reihen Genoſſen, die boi der
Erinnerung an die Zoit des Kampfes um das Cebensre<ht der
Bewegung im kaiſerlißen Deutſchland wehmütig klagen: „Das
war eine ſ<öne Zeit, damals war noh Kampfgeiſt in der
Bewegung.“ Wir halten von ſol<en ſentimentalen Betrad-
tungen nichts, denn wir ſind der Meinung, daß die Gegen-
wart mit wehmütigen Klacen über die gute alte Zeit nicht
gemeiſtert wird. In dieſer Gegenwart leben wir aber; ſie be-
anſprucht uns ganz, mit ihr müſſen wir uns auseinander-
ſezen, ſie wollen wir meiſtern. Und gab es jemals eine
größere Aufgabe in der Arbeiterbewegung als die, die uns in
der Gegenwart geſtellt iſt: Uun, nachdem das Bollwerk der
Monardhie gefallen, die politiſche Demokratie unſer geworden
iſt, aufzubauen den neuen Staat, die neue Wirtſ<ait, das
neue ſozialiſtiſche Reih? Begegnet uns nicht no< immer auf
Shritt und Tritt die ſoziale Uot der Iugend, müſſen wir nicht
noh immer wie damals um 'das Recht der Arbeiterjugend auf
ein menſ<enwürdiges Iugendleben kämpfen, ſteht vor uns
nicht noch immer das leuchtende Ziel einer neuen Geſell-
ſhaft5ordnung, in der die arbeitenden Denſchen frei und
froh ſchaffen für die Gemeinſ<aft? Gewiß, die Formen des
Kampfes ſind geändert, die Aufgaben ſind größer, zumal
unſere Aufgabe als Erziehungsorganiſation, denn wir wollen
uns in unſeren Reihen heranbilden und ringen für das große
Ur. 1
Werk ves Aufbaus und der Ueugeſtaltung. Unverrückbar
ſteht vor uns das alte Ziel: die ſozialiſtiſche Geſellſchaft, der
ſozialiſtiſche Menſch, die ſozialiſtiſce Gemeinſ<aft.
Diejem Ziel muß au<> die Arbeit im neuen Iahr gelten,
ihm wollen wir dienen an unſerem Plaßz, d. h. in der Iugend-
organiſation. Die Stärkung des JTugendverbandes und der
AuSbau unſerer Arbeit ſind unſere Aufgabe, für die wir der
Arbeiterbewegung verantwortlich) ſind. Ihr muß unſere ganze
Kraft gehören, und im Iahre 1929 wollen wir vor allem
varauf hinarbeiten, daß unſer Einfluß unter der arbeitenden
Iugend wüchſt, daß die Mitaliederzahl weiter ſteigt. Unſer
Ehrgeiz muß es ſein, die Kunderttauſend, die 1914 die ge-
'meinjame Jugendarbeit der Partei und der Gewerkſchaften
crfaßten, allein in unſerem Derband zu organiſieren. Kgi-
tation iſt darum die wichtigſte Auſgabe des neuen JIahres.
QAgitieren, das heißt nicht nur neue Ulitglieder werben, das
heißt au< Mitglieder halten und die Bewegung ins Licht der
VGeffentli<hkeit rücken. Ulitglieder halten, bedeutet gute
Jugendarbeit leiſten bis hinab in die kleinſte OrtSgruppe
und bis hinab zum leßten Spielabend. Dazu gehört
Shulungsarbeit an unſeren Funktionären in den Be-
zirken und im Reih, die im kommenden Jahr mit erhöhtem
"Uahdruck geleiſtet werden: foll. Und wenw dann die Be-
wegung öffentlih Zeugnis ablegen muß von ihrer Kraft,
dann: müſſen, wig in Dortmund die Bataillone junger Arbeiter
und Arbeiterinnen, unſere Roten Falken aufmarichieren in
Diſziplin und Geſchloſſenheit. Zwei große Deranſtaltungen
des Iahres 1929 werden uns dazu die Gelegenheit bieten, der
Mitteldeutſ<e Iugendtag in Magdeburg am
9. und 10. März und der Internationale Iugend-
tag in Wien vom 12. bis 14. Juli. In Magdeburg gilt
unſer Aufmarſ< der deutſ<en Sozialdemokratie, die nam dort
ihr Parlament, den Parteitag, einberufen hat. In Wien
dokumentieren wir unſeren Willen zur Sozialiſtiſchen
Jugend-Internationale. Dem roten 'Iugendtag auf Deutſch-
- lands rotor Erde, in Dortmund, folat das Treffen der roten
Jugend-Internationale im roten Wien, dem internationalen
Symbol ſozialiſtiſ<er Aufbaupolitik. |
Ein reiches Iahr ſteht uns bevor, denn es wird ein Jahr
doer Arbeit und der Mühe ſein, der Arbeit und der Mühe für
ein aroßes Ziel, für eine aroße Idee, für den SozialiSMUS.
Das lette Iahr des zweiten Iahrzehnts hat abgeſchloſſen mit
einem Wiederaufſtieg der Bewegung. Wohlan denn, wir
wollen au< das neue Jahrzehnt einleiten mit einem friſ<en
Doranſ<reiten. Am Ende des neuen Iahres ſollen die roten
Fahnen wehen über Tauſende neuer Mitſtreiter, und bis zum
lezten Wann ſoll der heilige Wille in uns lebendig jein, das
gaukze Teben daran zu geben für die Sache des SozialismuSs.
Max Peters: Dor zwanzig Jahren.
Die Eingliederung der Ingendorganiſation in die Arbeiterbewegung.
„Fp eoen Ende des Iahres 1908 wurde in KusSführung der
ſ 3859 Beſchlüſſe des Gewerkſchaftskongreſſes in Hamburg
W32/ und des Sozialdemokratiſhen Parteitages in Uürnbera
die Zentralſtelle für die arbeitende Iucend Deutſchlands ge-
bildet. Damit begann für die proletariſche Iugendbewegung
eine noug Phaſe ihrer Entwicklung.
. Bis dahin war die Iugendbowegung, vornehmlich die in
Lorddeutſ<hland, eine ausgeſprochene Bewegung der Iugend-
li<en. Entſtanden aus der Empörung der jungen Arbeiter Über
wirtſchaftliche Ausbeutung und geiſtige Bevormundung dur<
die ältere Generation, war dieſe Bewegung der Jugend
abſolut ſelbſtändig; ſie hatte ihre eigene, von den Organi-
ſationen der Erwachſenen vollkommen unabhängige Organi-
ſation und faßte vollkommen ſelbſtändig ihre Entſ<lüſſe. Der
mädctige Aufſ<wung der Iugendbewegung -- bis September
1908 hatten die norddeutſchen Dereine mehr als 6000 Uit-
glieder, und der ſüddeutſ<e Derband zählte bei ſeiner Liuf-
löſung im Mai desſelben Iahres 4500 Mitglieder -- ließ
ihre Gegner auf ein Univerſalmittel zur Dernichtung dieſer
jungen Bewegung ſinnen. un
In dem am 8. Spril 1908 vom Deutſchen Reichstag be-
ſ<loſſenen neuen Reichsvereinsgeſeß glaubte man
das probate Vlittel gefunden zu haben. Ua dieſem Geſeß
war Iugendlichen unter 18 Jahren die Teilnahme an politi-
ſchen Dereinen und Derſammlungen verboten. Zwar beſtand
dieſer Rechtszuſtand ſ<on vordem für Preußen, Sachſen und
einige andere Staaten Ulitteldeutſ<lands. Die ſüddeutſ<en
Staaten hingegen kannten in ihrem DereinSre<ht eine der-
artige Beſchränkung für Iugendlic<e niQt. Die Derhandlun-
gen im Reidhstag ließen keinen Zweifel darüber, daß die
politiſchen Machthaber den feſten Willen hatten, das neu
geſhaffene Reichsvereinsgeſeß zur Guillotine der Pproletari-
ſchen Iugendorganiſationen in ganz Deutſ<land zu maden.
Dazu bedurfte es nur einer entſprec<enden Kuslegung des
ſ<wammigen Begriffs „politiſch“ dur< die Iuſtiz. . |
Der Mannheimer Derband Süddeutſchlands beſchloß j<on