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wären Bürger von heute geweſen, die aber troßdem im ISu-
fammenhang mit den ganz primitiven Chriſten geſtanden
hätten. Dod) das hätte mid zu ſehr erregt. TH würde daran
zugrunde geben. Aber ſpäter, ſpäter worde ich vielleicht
einen neuen Derſjucd) mgdden . , . &n all das darf iM aber
niht denken, ich muß ſchaffen, und wären es au<g nur Kohl-
und Salatſtudien, um ruhig zu werden, und wenn ic Ruhe
gefunden habe, dann . . . ſ<affen, wozu iH fähig bin.“
Das Siel dieijes Shaffens iſt heilige Erlöſung der Mtenſ<hen
--“ dur< die BienſgGen! „Zuſfammenarbeiien“, fo klingt es
dur die wilderregten provencaliſhen Iahre. Sujammen-
arbeiten mit befreundeten Künfilern zu Werken, „die die
Migadt bes Individuums übertreffen“. Unperſönlic iſt dieſer
höchſt perſönliGe Waaler. Tur ſeiten jeßi er ſeinen Uamen
unter das Bild, und wonn er es tut, dann iſt es ein Gruß
an don Freund. dem er das Bild gage'i<enkt. Perſänlihkeit iſi
ihm Dienſt. Dienſt an der Seſamtheit. Ein neues Arbeits-
ethos gündet ſich an. Erſt die Generationen nad uns werden
die ganze Tiefe der Seele dieſes Blannes verſtehen.
Er hat ſich im Kampf unter der glühenden Sonne, im
Kampf mit der glühenden Sonne und in Sechnfucht nah ihr
ſeiber zerſtört. Sein Geiſt verſagie, und doh fühlte er: „Ie
kränker ic< werde, deſto mehr Künſtler werde i<.“ Frei-
willig ging er ins Irrenhaus zu Arles. Geheilt, fand er bei
Dr. Tahet, dem Freund vieler Mater, eine Stätte der Ruhe.
Im Jahrg 1890 hat er ſich ſelbſt vom Leben befreit, vom
Teben, das ſi< ihm in die? urwilde ShaffonsSkraft zweier
Jahre zuſammengedrängt hat. Ex fiel als Ulärtyrer für alle,
die in der Menſ<enfeele die Erlöſung ſuchen. In unſerem
Bomiühoen um dis neue Kunſt durfte er nimmermehr fehlon.
Wir wiſſen nict, was Expreſſionigmus iſt, wenn uns nicht
das Ceben dieſes Dlannes im Innerſten gepaRt hat, das
Ceben des Mannes, deſſen Bilder feine Seele ſind.
Die Abbildungen ſind dem Buche Meier- Gräfe, Vincent van Gogh,
5. Aufl,, Piver u. Co., München 1822, eninommen,
EARIRI
EIE
Solidarität im Betrieb.
(Fortſezung von Seite 283.)
Cohmann: Ua, du kannſt dim? gleich mal hier an die
Arbeit machen. Wo haſt du denn ſchon überall gearbeitet?
Weuer Geſelle: In Berlin habe ie) noh nicht gearbeitet.
I<h bin auf der Walze. Meine leßte Arbeitsſtelle war in
Eijen bei der Firma Grtmann u. Ludwig. Es iſt eine
elektrotehniſhe Fabrik.
Cehmann: Dann haſt du wohl ſo eine Arbeit no<h nicht ge-
mat? Ua, wenn du dich zuſammen nimmſt, dann wirds
ſ<on gehen. Du biſt ja no<h. jung, mit der Zeit wirſt du
es ſhon lernen. Alſo dann arbeite mal dieſe Flacheiſen hier
aus. Bier iſt eine Zeichnung. Du kannſt doh eine Seih-
nung leſen?
Ueuer Geſelle: Siher kann iM das.
Cehmann: Ua, dann iſt es gut. (Zu den Lehrlingen:)
Habt ihr alle Arbeit?
Cehrlinge (alle bis auf einen): Ia.
Cehrling: Id habe keine Arbeit.
Cehmann: Du kannſt died mal umziehen. Der Meiſter
ſagte mir, daß eine Kiſte zum Bahnhof zu bringen iſt. Du
nimmſt den kleinen Bandwagen. Aber ſieh zu, daß du ſchnell
wieder ZUrÜkk biſt.
Cehrling: Ih mödte Ihnen ſagen, daß i< nicht zum
Bahnhof fahre. Mein Dater hat es mir verboten, er ſagt,
daß es niht zu meiner Berufsausbildung gehört. Er ſagte
aud nod, er könne nicht verlangen, daß der leiſter mi
auh no<G als Chauffeur auf Handwagen ausbilde,
Tehmann: Ua, das muß iQ mal dem Vieiſter erzählen,
was der dazu ſagt. .
(Geht ab. Klle arbeiten, bis der Meiſter erſcheint.)
Meiſter (ſ<impfend): Ua, iſt denn heute der Teufel lo05?
Was fällt dir denn ein, du Lauſejunge? Als Lehrling hoſt
du zu gehorhen. Du kannſt deine Sachen packen. Das
weitere regele im) mit deinem Dater.
(Ganz aufgelöſt ab.)
ÜL
-TIJuvugend Ur. 12
UÜeuer Geſelle: Kollegen, eine Frage. Seid ihr organi-
ſiert, und beſteht hier ein Betriebsrat? H
Betriebsrat: Allerdings ſind wir organiſiert und den
Betriebsrat madhe ich.
UÜeuer Geſelle: Ua, vann verſtehe ic nicht, warum ihr
gu nimmt für die Lehrlinge einſegt.
BetriebSrat: Ady, was heißt hier Lehrlinge! UnS iſt es
früher, als wir lernten, nod) viel ſhledter gegangen. Tehr-
jahre find keine Herrenfahre.
Leuer Geſelle: Das iſt eben ein ganz verkehrter Stand-
punkt. Wir als erwachſene KErbeiter haben in dem Lehr-
ling der zukünftigen Berufskollegen zu ijehen. Unjere
Pflicht ijt es, darauf zu achten, daß die Lehrlinge nicht nur
Ausbeutungsobiekt für die Wleiſter ſind. Weiter haben wir
für eine menſ<henwürdige Behandlung und eing vbeljſere
Berufsausbildung des Cehrlings zu ſorgen. I< verſtehe
en nimt! Ihr wollt doh dieſe jungen Kollegen für den
Derband gewinnen. Ob ihr das aber erreicht, wenn ihr
ihnen gegenüber fo wenig Intereſſe zeigt, iſt eine große
Frage. Uns darf nicht kümmern, was früher gewejen itt,
ſondern die neue Seit muß auch in diejer Frage mit uns
marſchieren. I< erkläre nochmals, die Sache der Lehrlinge
iſt die unſere, deshalb müſſen wir uns für ſie einſetzen.
Anderer Geſelle: Id finde, daß der Kollege vollſtändig
reht hat. Unſere Aufgabe als erwachſene Arbeiter iſt es,
den Cohrlingen Helfer und Freunde zu jein. I< ſc<lage des-
halb vor, daß wir für die Lehrlinge etwas tun.
Betriebsrat: Aber was ſollen wir da unternehmen? I<
glaube, daß die Sache wenig Ausſiht auf Erfolg hat.
UÜever Geſelle: Id ſ<lage folgendes vor: Wir erkiüren
dem Meiſter, daß, falls der Lehrling nicht ſofort wieder ein-
geſtellt wird und die andern Cehrlinge nicht wie gewöhnli<d
nad Baufe gehen dürfen, wir alle unſere Krbeit nieder-
legen. Weiterhin fordern wir eine beſſere Behandlung und
Berufsausbildung für die Lehrlinge. Außerdem mödte ich
bitten, da die Wirtſ<haftsverkältniſſe von Tag zu Tag
ſchlechter werden, dieſe Forderung gleich mit einer Lohn-
forderung zu verbinden. Wir fordern eine zehnprozentige
Cohnerhöhung für dig Lehrlinge ſowohl wie für UnS.
Betriebsrat: Kollegen! Seid ihr damit einverſtanden,
daß wir dieſe Forderung ſtellen? (Alle ſtimmen zu. Be-
iriebsrat ab. Alle arbeiten weiter, bis der Betriebsrat
wieder erſ<eint.)
Gefelle: Va, was iſt? Hat er
willigt?
Betriebsrat: Lege, ex ſagt, er gibt in dieſer Same nicht
fürn Sechſer na<, und mit dem Streiken würden wir es
UnS bei den ſ<lehten Zeiten wohl auh nod) überlegen.
Gefelle: So werden wir ihm beweiſen, daß wir für unſere
Forderungen zu kämpfen wiſſen. I< ſchlage vor, daß wir
augenbliälich in den Ausſtand treten.
Betriebsrat: I< mödte vor allzu großer Ueberſtürzung
warnen. I< ſ<lage vor, zu verſuchen, die Sache auf dem
Derhandlungswege zu klären.
UÜeuer Geſelle: I< möchte dem widerſprechen und viel-
mehr dem Kollegen zuſtimmen. Der Streik iſt kein Spiel-
zeug, mit dem man dem Unternehmer bei Derhandlungen
droht, ſondern er iſt die einzige Waffe, die die Arbeiter-
ſHaft dem Unternehmer gegenüber hat. DeShalb iſt es
unſere Aufgabe, daß wenn wir einmal von Streik ge-
ſprochen haben und unſere Forderungen abgelehnt worden
jind, auch für ihre Dur<führung eintreten, damit das Wort
nicht zu einem Schlagwort wird. I<h ſc<lage vor, daß wir
in den Qusſtand treten und troß alledem weiterverhandeln.
Betriebsrat: Wir müſſen ſomit darüber abſtimmen, ob
wir in den Streik treten. Wer für den Streik iſt, den bitte
ic um das Handzeichen. I< ſtelle einſtimmige Annahme
feſt. Wir verlaſſen ſomit den Betrieb.
(Lehrlinge allein.)
]. Lehrling: Id finde den neuen Geſellen einfa< blen-
dend, wie er ſich gleich am erſten Tag ſo ſtark für uns ein-
ſe3t. Wenn id) daran denke, wie es uns früher bei ſolchen
Anläſſen ging, ſo können wir uns jeßt über die Beſſerung
freuen. . |
2. Lehrling (SAI.-Genoſſe): Ihr ſeht, was die Organi-
ſation ausmacht. Wieviel beſſer würde es der Arbeiteri<aft
gehen, wenn ſie einig wäre. Es ſtehen eben no< vieizuviele
unſere Forderungen D2-