Ur. 12
Arbeiter-Jugend
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außerhalb der Arbeiterorganiſationen. Aber niht nur die
erwachſenen Arbeiter haben die Pflicht, ſic) zu organiſieren.
Aud) wir Lehrlinge müſſen uns organiſieren.
3. Lehrling: In welcher Organiſation biſt du denn? Td)
bin im CDI. (Chriſtlicher Derein junger Männer.) IH
hielt biSher die <Hrijtliche Cehre für das einzig richtige. Ulir
ſind natürlich einige Sweifel nach all den Dorfällen ge-
kommen, denn unſer leiſter iſt au<h ein eifriger Kirdhen-
gänger. Bei ſeinem heutigen Auftreten hat man allerdings
niht viel von der <riſtlichen Liebe gemerkt.
Lehrling (SAI.-Genoſſje): Daran ſiehſt du eben, daß die
Sache faul iſt. Die Kirche benußt der Unternehmer geſ<i<t,
um die Arbeiter von jeglicem politiſchen Denken ab3u-
bringen. Durd;) Dertröſten auf das beſſere Ienſeits verijucht
man den Arbeiter von ſeiner wahren Beſtimmung abzu-
bringen. Die wahre Beſtimmung der Arbeiter iſt, für die
beſſere Geſtaltung der TebensSverhältniſſe im Diesſeits zu
ſorgen, und das iſt die Dur<führung des SozialisSmus. Du
fragſt, in welcher Organiſation im ſei. I<h bin erſtmal im
DMD. In dieſen Derband gehört ein jeder Arbeiter und
au<h wir Cehrlinge. Zweitens bin ich in der SAT. DaS iſi
eine Organiſation von jugendlicgen Arbeitern und Lehr-
lingen, welche ſhon jahrelang für beſſere Derhältniſſe der
Cehrlinge kämpft. „Für JIugendſ<uß und Tugendrecht“ iſt
ihre Coſung. Sie erſtrebt die Erziehung ihrer IMitglieder
zum Sozialismus. Pflicht eines jeden Arbeiterjungen und
-müdels iſt es, ſi< dieſer Organiſation anzuſ<ließen. I<
erwarte euch auf einem unſerer nächſten Heimabende. I<
Ww
würde mig) freuen, wenn aud) ihr tümtige Kämpfer für den
SozialiSmus würdet.
1. Cehrling: Id werde erſ<heinen, denn iQ habe ein-
geſehen, daß iM meine ITreizeit, die im? biSher in Tanz-
[ozaten und auf der Straße zubradhte, nußlos vergeudet
abe.
3. Cehrling: Aud ih werde beſtimmt erſ<einen, denn die
heutigen Dorfälle haben gezeigt, wo mein Plaß iſt. I<
gelobe, daß iM mid für die Sache des SozialisSmus mit allen
mir zur Derfügung ſtehenden Kräften einjeßen werde.
2. Cehrling: Es freut midh, das zu hören. Unſer näucſter
Deimabend iſt heute. Id ſ<lage vor, daß wir uns um
“A8 Uhr Flora- Ede Nlühlenſtraße treffen.
1. Cehrling: I<G höre Geräuſch! Id glaube, unſere Ge-
ſellen kommen wieder.
(Geſellen erſ<Heinen.)
Ueuer Geſelle: Uun freut au<h ihr eum Unſere jämt-
lichen Forderungen ſind bewilligt. Als der Alte merkte, daß
wir nicht nahgaben, ſay er ſich gezwungen, unſere Forde-
rungen zu bewilligen. Wir ſehen, was wir dur< Einigkeit
und Geſhlojienbheit erreichen können. ES iſt dies aber nuür
ein kleiner Erfolg. Wir dürfen nicht aufhören, für die Dur<)-
führung des Sozialismus zu kämpfen. In dieſer Stunde er-
klären wir, die Erwachſenen- und die Iungarbeiterſ<aft
ſind ein geſ<loſſenes Ganzes. Das Siel beider iſt der
SozialiSmuS.
Cied: „Dir ſind die Schmiede.“
Kulturarbeit im Sowjetjtaat.
(S> ie Fommnen von der Zentrale?“ fragte der Arbeiter-
18 Flub-Borſteher mit Dienſtbefliſſener Geſchaäftigfeit.
cs „Bitte ſehr, Genoſſe. Cie intereſſieren ſich für unſre
Kulturarbeit? Höchſt angenehm. Jc< will nicht übertreiben,
-- aber wirklich, in dieſem Punkte ſteht's bei uns Cins-2l.
Na, Sie werden's ja ſelber ſehen. Da haben wir 3. B.
unſern Ochach-Zirfel“ ...
Der Klubvorſteher ſtieß eine Tür auf und machte eine ver-
bindlich einladende Handbewegung. TJu einer engen voll-
gerauchten Gtube ſaßen, tief über ihre Chachbrefter ge-
beugt, ſchweigſame OGruppen von Gchachſpielern.
„Was ſagen Sie nun dazu?“ zwinkerte der Borſjtebor
ſelbſtzufrieden ſeinem Gaſte zu. „Das ijt ſozujagen Gym-
naſtif des Geiſtes -- entwickelt den Berſtand und lenkt vvn
der Gauferei ab.“
In dieſem Augenblick warf einer der Cpieler triumphierend
den Kopf zurück und rief in dröhnendem Baß: „INatt!
Genug davon. Die zweite Zeche mußt du mir ſchmeißen.
Alſo komm, Wanja, genug, zieh die Angel ein, auf in Die
Bierkneipe!“
„Zeufel no< mal, jo warte doch auf uns!“ ließen ſich
unzufriedene Ctimnmen vernehmen. „Wir jind mit unjrer
Partie noch nicht fertig. Wer ſoll uns das Bier berappen?“
Der Klubvorſteher zerrke den Gaſt am Nockärmel, ſchob
ihn in den Flur hinaus und ſtotterte haſtig:
„Tas ſind alſo unſre Cehachfreunde. Gymnaſtik des
Geiſtes, ſozuſagen. Aber jeßt zeige ich Jhnen gleich unſre
Fußballgruppe. Goldige Burſchen, ſag ich Jhnen. Genojſe
Shabfin, komm doch mal ber!“
Hinten aus dem Korridor tauchte eine ſtämmige Geſtalt in
einer Lederjoppe auf.
„Der bejte Opieler unjrer Gruppe,“ erklärte der Klub-
vorſteher ſtrahlend. „Ueberhaupt unſre Fußballer =- alles
durch die Bank Teufelsferle! Iteulich ſpielten ſie gegen die
Glagarbeiter = ſie haben die Jungens zu Ccherben ge-
ſchlagen. Und dann gegen die Holzarbeitfer =- die nahmen
Reißaus mik zerſplitterken Schädeln.“
„Nicht doc<,“ wehrte der junge Fußballer verſchämt ab.
„Ganz ſv war es nichf. Bei den Holzarbeitern gab's alles
in allem drei zerſchlagene Schädel, die Glasarbeiter haben
freilich feſt dcan glauben müſſen, für ſie mußte ein Retkungs-
wagen geholt werden!“
„Sreilich, freilich,“ bejtätigte der Abgejandtfe der Jentrale
leiſe murmelnd und fragte dann etwas verblüfft: „JItun, und
die Vildungspflege?“
„Wie meinen Cie?“ taf der Vorſteher harmlvs verwun-
dert. „Ach ja! In der Tak, wir hatten hier einen INuſik-,
einen <heaterzirfel und eine Gruppe für politijche Er-
ziehung. Oa gab's aber nur die leidigſten Cherereien. Cie
jehen ja, unſre Räume ſind nicht gerade fürſtlich und die
Wande ſind dunn. Wenn unſre Nuſifanten probken und
aus Ceibesfräffen fleißig drauflos blieſen, beflagien jich die
Theaterliebhbaber nebenan, daß ſie beim Lernen ihrer Tollen
geſtört würden. Und die politiſche Oruppe beſchwerte ſich
ſowohl über die Muſik wie über den Theatkerrummel, Da
meinte der Leiter unſrer Kulturabteilung: „Dieje KRKultkur-
arbeit bringt nur Konfuſion in die Bude. Spucken wir auf
dieſe faule Cache! Richten wir lieber Cportzirkel ein!“ Co
Fam 9. Der Leiter unſrer Kulturabteilung iſt feiber ein be-
geiſterfer Cportfreund. Weſtern iſt er Chneeſjc<uh gelaufen
und bat ſich ſogar das Bein gebrochen. un feiert Der
Aerinſte im Bett.“ |
Die Worte des Klubvorſtehers wurden plößlich von einem
obrenbefänbenden Lärm und VGeſchimpfe übertönt. Aus
einem fernen Winkel des Korridvors brach drohend eine
Gruppe von Meniſchenwejen hervor, deren Haupker in
weißes Berbandzeug gehüllt und deren Antlize mit blukt-
unferlaufenen Kraßwunden und blauen FSlecfen gejychmücdt
tvaren.
„Ach Herrje!“ rief der Klubvorſtehex und faßte ſich voll
Enkſeßen an den Kopf. „Cie ſind ausgebrochen, die Bande,
will ſagen, unſre Borerabteilung. Wir hatten hier geſtern
einen Borfampf, unſre Leutchen ſind gar zu hitige Geſellen.
Nac: Chluß haben wir ſie alleſamt einge) perrt = damit
ſich ihre Kampfeshiße ein biſſel abkühlt. Tun baben ſie,
ſcheint's, die Tür eingeſchlagen. Kommen Cie, Genoſſe,
belfen Sie mir, die Burſchen zurückzuhalten. Conſt ſtürmen
ſie auf die Ctraße und richten wer weiß was an!“
Doch der Bertreter der zentralen Kulturabteilung entk-
ſchlüpfte flinf und unauffällig in einen Ceitfenforridor und
umarmte flehentlich den ihm in den Weg laufenden Klub»
wuchter:
„Genoſſe! Ochnell, bitte, ſchnell -- Wo iſt hier bei Jhnen
der hintere Ausgang?“
(Nus dem ſntiriſchen Mosfarer Wigblatt „Krokodil“.)