Full text: Arbeiter-Jugend - 24.1932 (24)

Heute ist Tanzabend 
Wir haben heute Tanzabend und da 
freuen wir uns immer mächtig. Mit dem 
Lied: „Berggipfel erglühen und einem 
kräftigen „Freundschaft!“ wird der Abend 
eröffnet. Und dann geht's los! Zunächst 
tollen wir uns noch eine halbe Stunde 
aus. Da gibt es ja Schöne Volkstänze, 
wie: „Sechs wackere, Mädels im Kreise 
Sich dreh'n“, „Wir Sind zwei Musikanten , 
„Wenn ich des Morgens früh aufstehe“ 
und noch viele andere. Der ganze Saal 
dröhnt von dem lauten Singen. Im Som- 
mer ISt es freilich noch Schöner, wenn 
wir im Freien tanzen Können, aber wir 
haben ja auch im Saal! mächtig viel Platz. 
In der einen Ecke 
Karl, unser KassSierer. Er hat heute keine 
große Lust mitzutanzen und guckt Sich 
den Betrieb stillschweigend an. Da tritt 
ein Genosse zu ihm und Sagt: „Haste 
denn Schon für den Saal Kkassiert?“ „Nee, 
kann ich ja jetzt machen!“ ist die Ant- 
wort. Nun beginnt die mühSselige Arbeit, 
von jedem Mitglied 10 Pfennige für den 
Saal herauszuschinden. „Hallo, Fritz, gib 
mal 'nen Groschen her!“ „Menschens- 
kind, ich bin ausgesteuert, ich habe Kei- 
des Saales Steht 
nen Pfennig! Diese und ähnliche Ant- 
worten bekommt Karl oft, denn, wie fast 
alle SAJ.-Gruppen, So besteht auch un- 
Sere zum großen Teil aus Arbeitslosen. 
Es ist doch tragisch, wie diese jungen 
Menschen zum Nichtstun gezwungen 
werden. Aber ein Ziel und einen Zweck 
hat ihr Dasein, und Sie haben trotz ihrer 
Arbeitslosigkeit Arbeit und Zerstreuung, 
denn Sie Stehen mit uns in den Kampf 
reihen der SozialistiSchen Jugendbewe- 
gung. Sie verleben mit uns frohe, heitere 
und ernsfe Stunden. 
InzwisSchen hat Karl die 2 Mk. für den 
Saal zusammengescharrt, denn wir Sind 
30 bis 40 Mädels und Burschen, da 
kommt es nicht s0 darauf an, wenn einer 
mal nicht bezahlen kann. Nun machen 
wir zur Abwechslung mal ein paar Ge- 
Sellschaftsspiele, wie Augenzwinkern, Lie- 
derraten und andere. Dann kommen die 
Paartänze an die Reihe. Da gibt es den 
„Heuwalzer , „Auf der Lüneburger 
Heide“ usw. So vergehen die zwei Stun- 
den wie im Fluge, und wenn wir um 
10 Uhr mii einem frohen Lied Schluß 
machen und uns mit „Freundgschaft“ 
trennen, da hat es jedem gefallen. NML. H. 
Vergnügen oder Freude 
Schrill ertönt die Glocke. Montag“ 
abend! -- Feierabend! -- Gott sei Dank, 
daß dieser Tag um ist. Der Schädel 
brummt noch von gestern. 
Gestern war Tanz. Ich war mit meinen 
Freunden dort., Das Bier mußte Stim- 
mung machen. Wie immer! Nach jedem 
Tanz ein paar Glas Bier zur Abkühlung. 
Aber Schnell trinken; gleich Spielt die 
Musik wieder. Und dann ein Mädel! 
Lauter lachende, von Bier-, Zigaretten 
dunst und Tanz erhitzte Gesichter. 
Die Musik spieli wieder. Walzer -- 
One Step -- Tango -- Charleston. Alles 
in bunter Abwechslung. Die Musik Spielt 
unermüdlich. Die Tänzer und Tänzerin- 
nen tanzen unermüdlich. Es dauert bis - 
tief in die Nacht. 
Zu Hause angekommen gehts gleich 
zu Bett. Ich falle in einen bleiernen 
Schlaf. Der Alkohol tut Seine Wirkung. 
Es ist nicht mehr lange bis zum Morgen. 
Nur zwei Stunden, dann muß ich in die 
Fabrik. 
Dort gilt es den Kopf hochzuhatten. 
Halbe Arbeit wird nicht bezahlt. Um et- 
was zu verdienen, muß man der ganzen 
Tag arbeiten. Das Kreischen der Maäa- 
SChinen und das Surren der Riemen und 
Räder hält einen wach. 
Es ist nur gut, daß mein Arbeitskol- 
lege neben mir nicht ebenso müde ist wie 
ich. Er ist SAJ.ler und hat Seinen Sonn- 
tag anders verlebt. Begeistert erzählt 
er mir von einem Ausflug, den Sie 
gestern gemacht haben. Seine Erzäh 
lungen muntern mich immer wieder auf. 
Er ist frisSch und froh. 
Nun ist Feierabend. Heute gehe ich 
nicht zu meinen Freunden. Die Erzäh- 
lungen meines Arbeitskollegen, Seine 
Freude und Begeisterung, haben mich 
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