Heute ist Tanzabend
Wir haben heute Tanzabend und da
freuen wir uns immer mächtig. Mit dem
Lied: „Berggipfel erglühen und einem
kräftigen „Freundschaft!“ wird der Abend
eröffnet. Und dann geht's los! Zunächst
tollen wir uns noch eine halbe Stunde
aus. Da gibt es ja Schöne Volkstänze,
wie: „Sechs wackere, Mädels im Kreise
Sich dreh'n“, „Wir Sind zwei Musikanten ,
„Wenn ich des Morgens früh aufstehe“
und noch viele andere. Der ganze Saal
dröhnt von dem lauten Singen. Im Som-
mer ISt es freilich noch Schöner, wenn
wir im Freien tanzen Können, aber wir
haben ja auch im Saal! mächtig viel Platz.
In der einen Ecke
Karl, unser KassSierer. Er hat heute keine
große Lust mitzutanzen und guckt Sich
den Betrieb stillschweigend an. Da tritt
ein Genosse zu ihm und Sagt: „Haste
denn Schon für den Saal Kkassiert?“ „Nee,
kann ich ja jetzt machen!“ ist die Ant-
wort. Nun beginnt die mühSselige Arbeit,
von jedem Mitglied 10 Pfennige für den
Saal herauszuschinden. „Hallo, Fritz, gib
mal 'nen Groschen her!“ „Menschens-
kind, ich bin ausgesteuert, ich habe Kei-
des Saales Steht
nen Pfennig! Diese und ähnliche Ant-
worten bekommt Karl oft, denn, wie fast
alle SAJ.-Gruppen, So besteht auch un-
Sere zum großen Teil aus Arbeitslosen.
Es ist doch tragisch, wie diese jungen
Menschen zum Nichtstun gezwungen
werden. Aber ein Ziel und einen Zweck
hat ihr Dasein, und Sie haben trotz ihrer
Arbeitslosigkeit Arbeit und Zerstreuung,
denn Sie Stehen mit uns in den Kampf
reihen der SozialistiSchen Jugendbewe-
gung. Sie verleben mit uns frohe, heitere
und ernsfe Stunden.
InzwisSchen hat Karl die 2 Mk. für den
Saal zusammengescharrt, denn wir Sind
30 bis 40 Mädels und Burschen, da
kommt es nicht s0 darauf an, wenn einer
mal nicht bezahlen kann. Nun machen
wir zur Abwechslung mal ein paar Ge-
Sellschaftsspiele, wie Augenzwinkern, Lie-
derraten und andere. Dann kommen die
Paartänze an die Reihe. Da gibt es den
„Heuwalzer , „Auf der Lüneburger
Heide“ usw. So vergehen die zwei Stun-
den wie im Fluge, und wenn wir um
10 Uhr mii einem frohen Lied Schluß
machen und uns mit „Freundgschaft“
trennen, da hat es jedem gefallen. NML. H.
Vergnügen oder Freude
Schrill ertönt die Glocke. Montag“
abend! -- Feierabend! -- Gott sei Dank,
daß dieser Tag um ist. Der Schädel
brummt noch von gestern.
Gestern war Tanz. Ich war mit meinen
Freunden dort., Das Bier mußte Stim-
mung machen. Wie immer! Nach jedem
Tanz ein paar Glas Bier zur Abkühlung.
Aber Schnell trinken; gleich Spielt die
Musik wieder. Und dann ein Mädel!
Lauter lachende, von Bier-, Zigaretten
dunst und Tanz erhitzte Gesichter.
Die Musik spieli wieder. Walzer --
One Step -- Tango -- Charleston. Alles
in bunter Abwechslung. Die Musik Spielt
unermüdlich. Die Tänzer und Tänzerin-
nen tanzen unermüdlich. Es dauert bis -
tief in die Nacht.
Zu Hause angekommen gehts gleich
zu Bett. Ich falle in einen bleiernen
Schlaf. Der Alkohol tut Seine Wirkung.
Es ist nicht mehr lange bis zum Morgen.
Nur zwei Stunden, dann muß ich in die
Fabrik.
Dort gilt es den Kopf hochzuhatten.
Halbe Arbeit wird nicht bezahlt. Um et-
was zu verdienen, muß man der ganzen
Tag arbeiten. Das Kreischen der Maäa-
SChinen und das Surren der Riemen und
Räder hält einen wach.
Es ist nur gut, daß mein Arbeitskol-
lege neben mir nicht ebenso müde ist wie
ich. Er ist SAJ.ler und hat Seinen Sonn-
tag anders verlebt. Begeistert erzählt
er mir von einem Ausflug, den Sie
gestern gemacht haben. Seine Erzäh
lungen muntern mich immer wieder auf.
Er ist frisSch und froh.
Nun ist Feierabend. Heute gehe ich
nicht zu meinen Freunden. Die Erzäh-
lungen meines Arbeitskollegen, Seine
Freude und Begeisterung, haben mich
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