Full text: Arbeiter-Jugend - 24.1932 (24)

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Seine Behauptungen restlos widerlegt. 
Dabei weiß die erdrückende Mehrzahl der 
Anwesenden, Selbst Seine Anhänger 
wiSSen es, daß er lügt. Ein Gefühl des 
Ekels und der Traurigkeit ergreift mich. 
Dann beginnt die Kabarettstunde. Zwei 
Kandidaten erschienen auf dem Podium. 
Zu den Spezialitäten des französSiSschen 
Wahlkampfes gehören auch diese Kan- 
didaten ohne Wähler. Sie Sind entweder 
Querulanten, Leute mit fixen Ideen, 
Projektemacher und waschechte Geistes- 
kranke, oder Spaßmacher und Komödi- 
anten, die diese drei Wochen benützen 
wollen, um die Aufmerksamkeit auf Sich 
zu lenken. Das Publikum erholt Sich von 
den früheren Szenen und macht lustige 
ZwiSchenrufe. Der erste Redner ist ein 
Weltbeglücker, der einen untrüglichen Sa“ 
nierungsplan gefunden hat. Er ist ob der 
ZwiSchenrufe Sehr empört. Dem. nächsten 
aber Scheint die Hetze Spaß zu machen. 
„Viein Alter“, Sagt ihm der Vorsitzende, 
„das ist hier Kein Kasperltheater; ver“ 
dufte Schnell.“ 
Bald darauf ist die Versammlung aus. 
Unser Kandidat verläßt, auf den Schul- 
' tern einiger handfester GenosSen reitend, 
den Saal. Er Sitzt dort Sehr unbequem, 
aber er muß durch die Reihen der Kom 
munisten getragen werden. Das gehört 
zum guten Ton. 
Wir gehen in ein Gasthaus, das das 
Stabsquartier des Unterbezirkes ist. Die- 
Genossen begrüßen mich. 
„Ah, du kommst wieder aus 
Wien? Nicht wahr, wir haben 
dort wieder gewonnen? Ers 
zähl“ uns!“ S5] 
Und im Nu Stellt man mich auf einen 
SesSel und in andächtiger Stille beginnt 
inmitten der französSisSchen Wahlschlacht 
der Vortrag über das rocete Wien -- 
Vienne la Rouge. 
Was ist Marxismus und Kliassenkampf? 
Wie viele arme Menschen in Stadt und 
Land, die jetzt die Schimpfreden über 
den Marxismus hören, mögen Sich eine 
Vorstellung davon machen Können, was 
dieser Marxismus eigentlich ist? Hört 
man die Gegner, dann Könnte Iman Sich 
ein vierschwänziges Ungeheuer vor- 
Stellen, das Menschen frißt, Menschen- 
blut Saugt und das ganze deutsche Volk 
in einen Abgrund des Elends tauchen 
möchte. Eine klare Vorstellung haben die 
wenigsten. Wir müssgen Sie ihnen zu geben 
versuchen, auch wenn es nicht leicht ist, 
weil - es Sich um eine wissSensSchaftliche 
Lehre, eine Erklärung der Weltvorgänge 
handelt und gewisse Kenntnisse und ein 
wenig Verstand voraussetzt. 
Der „Marxismus“ wird nach Karl 
Marx benannt, einem SozialistiSschen 
Forscher, der im Jahre 1818 in Irier ge 
doren wurde und im Jahre 1883 in Lon- 
don starb. Er war das Gegenteil von 
einem Kapitalisten, nämlich ein Sprich 
wörtlicher Hungerleider, der Seine Fami- 
lie mit Schriftstellerischen Arbeiten müh 
Sam ernährte, bei dem der Gerichtsvoll- 
zieher zu Gaste war.und den oft genug 
Sein Freund Engels mit Beihilfen aus 
Schlimmen Lagen befreien mußte, Die 
Lehre, die dieser arme Gelehrte als Re» 
Sultat Seiner Forschungen verkündete, 
nennt man den „Marxismus “. Wir Kön» 
nen aber diese am besten erläutern, wenn 
wir das Leben um uns betrachten. 
Es gibt zuviel Kleider und Schuhe 
Die Welt wird gegenwärtig von einer 
Schweren Wirtschaftskrige heimgegsucht. 
Millionen Arbeitslose klopfen vergeblich 
an die Tore der Fabriken. Das Kommen 
Solcher Krisen hat Karl Marx in Seinen 
Schriften prophetisch vorhergesagt. Ist 
nun diese Krise durch einen Mangel an 
notwendigen Lebensmitteln entstanden? 
Gibt es So wenig Getreide, Kohlen, Eisen, 
Holz, Ziegel, Kleider und Schuhe? Nein, 
es gibt zuviel! Die Krise, die Arbeits- 
loSigkeit, entsteht nicht aus Mangel, Son» 
dern aus Ueberfluß an diesen Dingen! 
Auch diesen merkwürdigen Wider» 
Spruch hat Karl Marx kommen Sehen, im 
voraus angekündigt. Er hat davor ge- 
warnt und hat dieses Mißverhältnis zu 
klären gesucht. Er weist darauf hin, daß 
die Werkzeuge, die Maschinen, die Tech 
nik, die Organisation in der Kapitalisti»
	        
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