Benfey-Schuppe, Ist die Fröbelsache religionsfeindlhh?
681
Ist die fröbelsache religionsfeindlich?
Yon A- Benfey-Schuppe.
Unter den vielen Vorurteilen, mit denen Fröbels Erziehungs-
idee zu kämpfen hatte, und die auch noch lange nicht über
wunden sind, ist eins der schlimmsten, daß sie religionsfeindlich
sein soll. Dieses Vorurteil machte sich schon im Anfange der
Entstehung jener Idee, so wie ihrer teilweisen praktischen Ver
wendung im Leben, geltend. Ja, man hielt Fröbel selbst sogar
für einen Atheisten. Unkenntnis der Sache war daran schuld,
so wie der traurige Zug in der menschlichen Natur, jedem Kultur
fortschritt zuerst feindlich entgegen zu stehen, namentlich jedem
Fortschritt, der sich auf das innere Leben des Menschen, auf
Bildung, Erweiterung des geistigen Horizontes bezieht. Die Fort
schritte im äußern Verkehr werden etwas günstiger von vorn
herein beurteilt, obwohl die Kulturgeschichte uns auch unsäglich
Trauriges aus diesem Gebiete aufbewahrt hat. Dampfbetrieb,
Dampfschiffe, Maschinen wurden zuerst auch von einer Menge
Menschen mit den mißtrauischesten Blicken betrachtet. Und
immer witterte man etwas Teuflisches dahinter. Der Erste, de
Caux in Frankreich, dem der Gedanke kam, den Dampf in den
Dienst des Verkehrs der Menschen zu bringen, wurde als geistes
krank deshalb betrachtet und starb im Irrenhause. Wie langsam
die menschliche Einsicht fortschreitet, ist staunenswürdig. Wie
wäre es sonst möglich gewesen, daß man sich Jahrtausende hin
durch der Folter bedient hat, um den Menschen Geständnisse zu
erpressen? Abgesehen von der furchtbaren Grausamkeit dieses
Verfahrens, hätte es doch der menschlichen Vernunft einleuchten
müssen, daß ein in dieser Weise gemarteter Mensch nur eben
das aussagt, was man von ihm verlangt, um der schrecklichen
Pein zu entgehen,' daß also von Wahrheit nicht die Rede sein
kann! In Preußen schaffte zuerst Friedrich der Große die Folter
ab, dann bald darauf in Österreich die Kaiserin Maria Theresia,
nachdem einer ihrer treuesten Diener sie auf den Knieen darum
beschworen hatte. Weit entfernt davon den edlen Fürsprecher
gleich zu erhören, gab die große Frau erst dann nach, als jener
sie auf das Beispiel des alten Fritz hinwies. Und so ist es ge
blieben. Die bedeutendsten und geistvollsten Menschen sind nicht
frei von Vorurteilen. Wenn sie in dem und jenem Punkte auch