Full text: Pädagogische Woche - 2.1906 (2)

Püflagostisd 
Organ 8gs UMfälilcher, PioDinjialoerems 9es „Kath. Lehreroerbanäes“ und 3er 
„Bermann-Buberfus-Stiffung“. 
Gratisbeilagen: „Liferafurbiatf“, „Jugend- und Dolhslehfüre“. 
Aerausgegeljen uon 9en DorflänDen Dieser vereine unser 9er Öeranfröorfüchheif 9es Verlegers. 
Verlag un9 ßefchäffsnelle: J. Stahl in Arnsberg. 
2 r ’ 23. 
Brnsberg, Samstag den Y. üuni lYStz. 
2. üahrgang. 
erscheint jeden Samstag im Umfange von wenigstens 16 Seiten. 
1,50 5?P reis - Vierteljährlich bei der Polt abgeholt oder durch den Buchhandel 1,25 Jt, von der Polt zugestellt 1,37 Jl, direkt unter Streifband 
deren r Einzelnummern gegen Einsendung von 20 poitfrei. - Preis der anzeigen und Beilagen: Die 4gespaltene Petitzeile oder 
ly r // K s aurn 30 für Familienanzeigen von Bbonnenten 25 bei Wiederholungen ilachlafj. Beilagen bis 8 ©ramm wiegend 1000 Exemplare 
' lcfl werere nach Vereinbarung, gfjgr* Blle Zuschriften und Sendungen an die Geschäftsstelle der «Pädagogischen Woche», Brnsberg erbeten. 
°* e gramm-Adresse : Stahl, Brnsberg. Fernfprech-AnsciNuH Br. 31. 
künde ^"tzaltsverzeichnis. Die Kirnst in der Schule. — DieHüniat- 
Bolksschule. — Eberhard van Rochows Verhältnis zum 
"8all (x/opinisinils. — Gesinnungsbildung für Schule und Hans. — Der 
des d»i.r ~ Die 12. Generalversammlung des Kath. Lehrerverbandes 
Reiches zu Berlin am 3., 4., 5. und 6. Juni 11)06. — 
Best? ! Clt ' ~~ Zengengebnhren — Tagegelder. — Anskunstsstelle des 
Beia;.. ck -Vereins des Kath. Lehrerverbandes des deutschen Reiches. — 
Steins "v.-Vereins des Kath. Lehrerverbandes des 
^^^^^chrichten. — Dies und das — Inserate. 
Die Kunst in der Schule. 
fj er mtfmerfföincn Auges und mit empfänglichen Lehrer- 
11 oie Verhandlungen der Lehrerversammlungen der letzten 
der ^ ^befolgte, lver eifrig und mit Interesse die Äußerungen 
o'Ochtzresse studierte, lver mit einem Worte auf dem 
in Logischen Gebiete, solveit 9leu- imb R e f o r mb estrebnngell 
eins o . ^chl kommen, kein Fremdling geblieben ist: betn wird 
a(( c ° entgangen sein, das sich lvie ein roter Faden durch 
Ä^ik^^^ndlungen der Lehrertage solvohl. als auch durch die 
dys S.r Cr Fachpresse hindurchzog und noch zieht, ich meine 
F^'d,/^aglvort: Erziehung zum Kunstgenuß! die entschiedene 
hin,-. l 'r Un iJ, daß die Schule unter anderem auch die Berpflich- 
^"Ui> s r P utiui inivvum UllWj VtV« ( vlu ; 
tjei’ , ^ie ästhetische Bildung der Kinder mehr als bis 
und m Ordern, daß die Kunst in die Schule hineingehöre 
Weiln ich soeben den Ausdruck „Schlag- 
zeich» ..^brauchte, so lvill ich durchaus nicht das damit be- 
Äin C ® tre * lcu als ein tadelnswertes oder verfehltes be- 
inan wenn ich anderseits auch der Meinung bin, daß 
gewgg^ wch über das Ziel hinausschießt, da es sich in dem 
rnna oaFhnfange wohl nie realisieren wird. Die Forde- 
shr'a!,VzUusklerischer Erziehung" leidet offenbar an einer 
Fuqeirn c n Unrichtigkeit und sachlichen Überspanntheit. Unsere 
emL ö i°K und kann in ihrer Gesamtheit nicht zu Künstlern 
des §>V„^brden. Daher sollte ntan besser von der Pflege 
Die (vj ülu ' n , nicht aber von künstlerischer Erziehung reden. 
'' Anregung in dieser Frage ging von Hamburg aus, 
stifte o? Hamburg, das in jüngster Zeit in der Jugend- 
Stem, oine — sagen lvir — höchst merklvürdige 
auf z "'9 eingenommen hat. Bereits im Jahre 1896 lvurde 
gestellt deutschen Lehrerversammlung in Hamburg der Antrag 
Und z'. "dhis Gründen der Pädagogik, der sozialen Ethik 
zum J X Nationalökonomie muß die Erziehung der Kinder 
nwralü^>^'uuß gleichberechtigt neben der intellektuellen und 
jchen Erziehung stehen. Deshalb sind besonders im 
Literatur-, Zeichen-, Gesang-, Turn- und Handarbeitsunter 
richte solche Stoffe, die einen künstlerisch und ästhetisch er 
zieherischen Wert besitzen, zu bevorzugen." Der Urheber 
dieses Antrages, der im Prinzip die Zustimmung der Ver- 
sammlung fand, lvar die Hamburger Vereinigung für ästhe 
tische Erziehung. Man konnte sich der Ansicht nicht ver 
schließen, daß der Schule neben der Ausbildung des Ver 
standes auch die des Empfindens und des Geschmackes ob 
liege. In der Seele des Kindes sind, wie uns die Wissen 
schaft der Psychologie lehrt, neben intellektuellen und mora 
lischen auch ästhetische Anlagen vorhanden, die der Entwick 
lung bedürfen. Gerade in der gegenwärtigen Zeit, in welcher 
der' Materialismus deu Idealismus zu überwuchern droht, 
ist die ästhetische Bildung der Jugend von besonderer Bedeu 
tung. Denn der Kunstgenuß ist es, der den Menschen aus 
dem ewigen Einerlei des Alltagslebens emporhebt in das 
Reich der Ideale. Ohne aufdringliche Absicht soll und will 
die Liebe zur Kunst nichts weiter als Sinn und Begierde 
vom Niedrigen und Gemeinen ablenken und dein Hohen und 
Reinen zuwenden, also im wahrsten Sinne des Wortes er 
zieherisch wirken. Gleichwohl ist der Kunstgenuß gegenwärtig 
nur einer Anzahl Bevorzugter zugänglich. Ihn mehr als 
bisher zum Gemeingut des deutschen Volkes zu machen, dazu 
kann und soll die Schule durch die Entwicklung der ästhe 
tischen Anlagen im Kinde beitragen. Es bleibt bei Lösung 
dieser Aufgabe alles ausgeschlossen, was mit dem Kunstunter 
richte zusammenfällt, was die Beurteilung von Kunstwerken 
berührt. Damit würden ja nach dem Satze: „Schnell fertig 
ist die Jugend mit denk Wort" Kunstschwätzer herangebildet, 
das künstlerische Empfinden aber geradezu untergraben. Diese 
der Schule gestellte Aufgabe ist im Grunde nicht gar zu 
schwer und auch keineswegs neu. Lassen Sie mich dafür den 
Beiveis erbringen. 
Die Aufgabe ist, so sage ich, nicht so schwer, lvie es 
auf den ersten Blick scheinen möchte. Die Anlage zur Kunst 
ist in jedem Kinde vorhanden, die Kunst wirft schon in die 
ersten Lebensjahre ihre Lichtstrahlen. Ich erinnere Sie an 
einen Ausspruch Goethes im 4. Kapitel von Wilhelm 
Meisters Lehrjahre: „Kinder wissen aus allein alles zu 
machen, jeder Stab wird zur Flinte, ein Stückchen Holz zum 
Degen, jedes Bündelchen zur Puppe, jeder Winkel zur Hütte." 
Daß in diesen Worten das Wesen jeglichen Kunstgenusses 
angedeutet liegt, ist uns wohl kaum zum Bewußtsein ge-
	        
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