Organ 9es IDeflfälildien PioDinjialDereins des „Kafh. Lehreroerbandes“ un9 9er
„Bermann-Buberfus-Sfiffung“.
Gratisbeilagen: „Liferafurblaff“, „3ugen9- un9 Dolhsiehfüre“.
Herausgegeben von 9en Dörflän9en 9iefer Dcreine unser 9er Oeranfmorfllchheif 9es Verlegers.
Verlag un9 oefchäftsffeüe: 3. Stahl in Firnsberg
Hrnsberg, Samstag den 8. September 190b. 2, Jahrgang.
erscheint jeden Samstag im Umfange non wenigstens 16 Seiten.
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^ Telegramm-Adrette; Stahl, Arnsberg. Fernfpreckr-AntchluH Ar. 31.
KriInhaltsverzeichnis. Zur Psychologie der Dummheit. —
Bff . ^) Harkort. — Das preußische Gesetz, betr. die Unterhaltung der
Mischen Volksschulen vom 28. Juli 1906. — Aus dem Spruchschatz.
OorVf und Leben als Ankläger der heutigen Volksschule. — Päda-
Unh s ^kreifzüge. — Zur Besoldungsfrage. — Aus der Schulwelt
^ehrerleben. — Amtliche Bekanntmachung. — Auskunfsstelle des
3-.J '• Prov.-Vereins des kath. Lehrerverbandes. — Von der Ernte des
- Inserate.
Zur Psychologie der Dummheit.
Von I. Brockmeyer.
(Fortsetzung.)
Überhaupt muß jedes Versagen einer Geisteskraft ans
»len abnormalen Zustand des substanziellen Teiles zurück-
desuhrt lverden, dessen sich die Seele zur Erzeugung der be-
l-'sfenden geistigen Äußerung gewissermaßen als Werkzeug
. uetit. Die Lehre von der Lokalisation der Geisteskräfte,
u i),eißt die Gebundenheit des Geistes zur Äußerung seiner
Na'j^iedenen Kräfte an bestimmte Stellen des Gehirns, ist
Ez cm diese Theorie schon früher aufgestellt und heftig be-
glühst worden lvar — 1870 von Hitzig und Fritsch in Berlin
- fundet Mid seitdem immer überzeugender ausgebaut lvor-
^ k. Danach gibt es iin Gehirn Rindengebiete, die nur der
tz?M»du»g und solche, die nur der Belvegung dienen.
üere lverden „sensorische" imb letztere „motorische Centren"
E^nnt. — dläheres darüber findet sich in dem interessanten,
Piehlenslverten „Führer durch den Rechtschreibunterricht,
! ÜOlndet auf psychologische Versuche" von W. A. Lay (Ver-
n von ^ Otto Nemnich in Wiesbaden).
bo .,|. ^enn nun eine solche Schwäche zu geistiger Betätigung
^gt, daß ohne Täuschung und im vollen Sinne des
Um- /'on Dummheit gesprochen werden kann, dann müßte
^liraussetzung der Nichtigkeit der eben aufgestellten
di^mlptung die gesamte Zellenmaße des Körpers, dessen sich
Q5 e r. ee l e zu geistigen Lebensäußerultgen bedient, die lvir in
eii>.e " "nd Äterven zu suchen haben, den Anforderungen an
!nche H0L"lile Bildung nicht entsprechen. Wenn das nun Tat-
Zey' ‘ 5anu liegt die Vermutung nahe, daß außer den
Iw Cn ' ^ie im Dienste des rein Psychologischen stehen, auch
Wf/Hi' e ^bllgewebe eine krankhafte Bildung aufweisen,
^chül - » .^rt "litt auch die Erfahrung, daß wirklich dumme
^Mlsig nervös oder epileptisch veranlagt, ja bis ztlr
Idiotie entartet sind.
So also erklärt sich die Abhängigkeit des Geistes vom
Körper und so auch das alte und viel zitierte Wort: „Ein
gesunder Geist in einem gesunden Körper." Streng ge-
nommen ist der darin enthaltene Sinn nicht korrekt ausge
drückt, denn einen kranken oder Minderbegabten Geist an und
für sich kann es gar nicht geben. Wenn sich die menschlichen
Geister vom Ballast der Körper befreit haben, also nach dem
Tode, dann müssen alle inbezug auf natürliche Dinge gleiche
Einsichtsfähigkeit haben, das liegt schon im Begriff „Geist".
Die menschlichen Seelen gehen in gleicher Vollkommenheit
aus der Hand des Schöpfers hervor. Das Maß des Talentes
mißt Gott dein Menschen durch seinen Körper — als Organ
der Seele — zu. Kant sagt: „Wenn der Körper gänzlich
aufhört, so ist die Seele von ihrem Hindernis befreit, und
nun fängt sie erst an recht zu leben." Der oben angeführte
Spruch könnte, ziemlich sinnrichtig ausgedrückt, lauten: Soll
der menschliche Geist seine Kräfte betätigen können, dann setzt
dieses einen gesunden Körper voraus. Ganz genau sinnrichtig
ist auch das noch nicht, es gehört noch die Einschränkung
hinzu: soweit er Organ zur Äußerung der Geisteskräfte ist.
Ohne diese Einschränkung müßte sonst die Folgerung richtig
sein: Jede körperliche Krankheit führt zur Beschränkung der
geistigen Fähigkeiten. Das ist aber offenbar unrichtig. Es
muß aber der Schluß zulässig sein: Eine Erkrankung der
Körperteile, die der Seele als Organ zur Äußerung der
geistigen Fähigkeiten dienen, müssen eine Einschränkung der
Äußerung der Seelenkräfte zur Folge haben während der
Dauer der Erkrankung. Tatsächlich lehrt denn auch die Er
fahrung, daß gewisse Erkrankungen, z. B. vorübergehende
Störungen im Nervensystem, geistige Störungen zur Folge
haben. So folgen epileptischen Anfüllen bei sonst gut bean-
lagten Personen regelmäßig auffallende Störungen der Ge
dächtniskraft. Aus den vorstehenden Erörterungen ergibt sich
auch die Begründung für die Forderung, daß Mangelhaftig
keit der Schülerleistungen, soweit sie unmittelbar aus Dumm
heit zurückzuführen ist, niemals bestraft werden darf. Damit
soll m.n keineswegs gesagt sein, daß jede ungenügende Lei
stung oder Nichtanfertigung von Arbeiten seitens der dummen
Schüler straffrei ist. Wie ein Magnet durch allmähliche
Mehrbelastung stärker gemacht werden kann, so vermag in
der Regel auch der Schwachbegabte durch fleißige Übung den
Grad der Äußerung seiner geistigen Kräfte in gewissem Maße
zu erhöhen.