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Pädagogische Werttheorie.
andere das Ergebnis näherer timologischer Forschungen und Zusammenstel
lungen sein; und mögen sich dadurch gerade fünf Wertdisziplinen als philo
sophische Teilfächer (Ethik, Aesthetik, Logik, Praktik, Hedonik) oder aber eine
andere Zahl und Gruppierung ergeben: jedenfalls und mit mehr Wichtigkeit
bleiben noch einige Probleme übrig.
Vor allem das der Unterscheidung idealer und realer Werte. Sie
geht zurück auf die Unterscheidung idealer und realer Gegenstände überhaupt,
die längst klar sein konnte, aber doch erst in der letzten Zeit mit genügender
Klarheit und Bestimmtheit hervorgetreten ist. Um die Eigenart von idealen
Gegenständen gegenüber den realen rasch zu verstehen, denke man besonders
an die Objekte der Mathematik. Deren Linien und Figuren usw. existieren
nicht so, wie physikalische Gegenstände existieren, haben aber doch einen Be
stand oder eine Geltung. Ebenso ist es mit den Objekten der Logik: sie
bestehen hauptsächlich als Notwendigkeitsbeziehungen zwischen Urteilen. Auf
beiden Gebieten ist es noch lange nicht notwendig, daß die fraglichen Objekte
von jemand gedacht werden oder etwa in Büchern usw. vorliegen. Das
tritt erst dann ein, wenn jene Jdealgegenstände realisiert werden, wenn sie zu
realen Gegenständen werden. Denkt z. B. jemand mathematische oder logische
Beziehungen, so hat er eben ideale Gegenstände realisiert. Sie hatten erst „Be
stand" oder ein „Bestehen", eine „Gültigkeit"; nun haben sie auch ein „Dasein".
Zu den idealen Gegenständen gehören die Werte als solche, nnd zwar
zunächst alle, gleichgültig gegen unsere Unterscheidungen von theoretischen und
praktischen Werten usw. Demnach aber stehen auch den Werten die Reali
sierungen bevor: sie können reale Gegenstände oder Wertrealitäten oder Wert
dinge u. dgl. werden. Gleich jedem idealen Gegenstand gehen sie dann nicht
etwa in der Realität unter, sondern behalten all ihr Eigentümliches bei.
Wie das zu verstehen sei, lehrt am besten die Verschiedenheit zwischen einem
mathematischen und einem physikalischen Würfel, die rein mathematisch ge
nommen gar keine Verschiedenheit ist, insoferne nur zur unveränderten mathe
matischen Gestalt die physikalische Realität hinzukommt. Oder: der Vorzug
von Wohltun gegenüber Böstun ist ein idealer Wert; er kann sich in einer
menschlichen Handlung verwirklichen; diese Realität aber bricht ihm selbst
nichts ab, ausgenommen natürlich, daß jene Verwirklichung ebenso unvoll
kommen sein kann, wie auch etwa ein physikalischer Würfel mehr oder weniger
unvollkommen ist.
Pädagogisch spricht man von Bildnngsidealen. Das sind also ideale
Gegenstände und sind wohl regelmäßig als Werte zu betrachten. Diese Bil-
dungsideale aber sind großenteils schon verwirklicht nnd sollen auch weiterhin
verwirklicht werden. Sind sie also Wertrealitäten geworden, so heißen sie
nun am besten Bildungsgüter. Den Charakter, den sie als ideale Gegenstände
besessen haben, brauchen sie als reale Gegenstände nicht zu verlieren. Sie
sind für uns ein besonderes Beispiel dafür, daß wir für alle realisierten