Full text: Pharus - 6.1915, Halbjahrband 1 (6)

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Pädagogische Werttheorie. 
andere das Ergebnis näherer timologischer Forschungen und Zusammenstel 
lungen sein; und mögen sich dadurch gerade fünf Wertdisziplinen als philo 
sophische Teilfächer (Ethik, Aesthetik, Logik, Praktik, Hedonik) oder aber eine 
andere Zahl und Gruppierung ergeben: jedenfalls und mit mehr Wichtigkeit 
bleiben noch einige Probleme übrig. 
Vor allem das der Unterscheidung idealer und realer Werte. Sie 
geht zurück auf die Unterscheidung idealer und realer Gegenstände überhaupt, 
die längst klar sein konnte, aber doch erst in der letzten Zeit mit genügender 
Klarheit und Bestimmtheit hervorgetreten ist. Um die Eigenart von idealen 
Gegenständen gegenüber den realen rasch zu verstehen, denke man besonders 
an die Objekte der Mathematik. Deren Linien und Figuren usw. existieren 
nicht so, wie physikalische Gegenstände existieren, haben aber doch einen Be 
stand oder eine Geltung. Ebenso ist es mit den Objekten der Logik: sie 
bestehen hauptsächlich als Notwendigkeitsbeziehungen zwischen Urteilen. Auf 
beiden Gebieten ist es noch lange nicht notwendig, daß die fraglichen Objekte 
von jemand gedacht werden oder etwa in Büchern usw. vorliegen. Das 
tritt erst dann ein, wenn jene Jdealgegenstände realisiert werden, wenn sie zu 
realen Gegenständen werden. Denkt z. B. jemand mathematische oder logische 
Beziehungen, so hat er eben ideale Gegenstände realisiert. Sie hatten erst „Be 
stand" oder ein „Bestehen", eine „Gültigkeit"; nun haben sie auch ein „Dasein". 
Zu den idealen Gegenständen gehören die Werte als solche, nnd zwar 
zunächst alle, gleichgültig gegen unsere Unterscheidungen von theoretischen und 
praktischen Werten usw. Demnach aber stehen auch den Werten die Reali 
sierungen bevor: sie können reale Gegenstände oder Wertrealitäten oder Wert 
dinge u. dgl. werden. Gleich jedem idealen Gegenstand gehen sie dann nicht 
etwa in der Realität unter, sondern behalten all ihr Eigentümliches bei. 
Wie das zu verstehen sei, lehrt am besten die Verschiedenheit zwischen einem 
mathematischen und einem physikalischen Würfel, die rein mathematisch ge 
nommen gar keine Verschiedenheit ist, insoferne nur zur unveränderten mathe 
matischen Gestalt die physikalische Realität hinzukommt. Oder: der Vorzug 
von Wohltun gegenüber Böstun ist ein idealer Wert; er kann sich in einer 
menschlichen Handlung verwirklichen; diese Realität aber bricht ihm selbst 
nichts ab, ausgenommen natürlich, daß jene Verwirklichung ebenso unvoll 
kommen sein kann, wie auch etwa ein physikalischer Würfel mehr oder weniger 
unvollkommen ist. 
Pädagogisch spricht man von Bildnngsidealen. Das sind also ideale 
Gegenstände und sind wohl regelmäßig als Werte zu betrachten. Diese Bil- 
dungsideale aber sind großenteils schon verwirklicht nnd sollen auch weiterhin 
verwirklicht werden. Sind sie also Wertrealitäten geworden, so heißen sie 
nun am besten Bildungsgüter. Den Charakter, den sie als ideale Gegenstände 
besessen haben, brauchen sie als reale Gegenstände nicht zu verlieren. Sie 
sind für uns ein besonderes Beispiel dafür, daß wir für alle realisierten
	        
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