Full text: Pharus - 6.1915, Halbjahrband 1 (6)

Vor dem pädagogischen Problem. 
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Menge pädagogischer Probleme ist erst ihr zum Bewußtsein gekommen. Da, 
wo man im Strome des erzieherischen und schulenden Lebens und Wirkens 
nach einigen Hauptlinien voranging, gar manches für selbstverständlich hielt 
und deshalb eine reichere, spezialisierte und wahrhaft höhere und exaktere 
Bildung und Schulung nicht oder nur in Ansätzen besaß, tauchten Probleme 
über Probleme auf. Wir haben bereits durch angestrengte Arbeit vieler, 
wissenschaftlich Vorgebildeter und mit bis dahin ungekannten Mitteln Aus 
gerüsteter eine ausgedehnte und in vielen Zweigen ausgebaute pädagogische 
Wissenschaft. Ob der Spezialisierung, welche auch hier vorgenommen wird, 
droht die Gefahr vielfacher, übertriebener und darum unwahrer, verderblicher 
Einseitigkeiten und das Verschwinden des notwendigen und starken Sinnes 
für das Ganze der Erziehung und der Schule. Ja, wir haben schon wieder 
erfahren, daß man im Anfechten der einen, schwer empfundenen Einseitigkeit, 
z. B. der Wissenspflege, zur gegenteiligen Einseitigkeit mit neuen Gefahren, 
wie sie z. B. in diesen und jenen „Willenskulturen" liegen, gekommen ist. 
Die Pädagogik und Schule umfassen zwar ein einheitliches Gebiet: das 
der Jugenderziehung; doch weil sie dem aufsteigenden Leben gehören, sind 
sie an die Entwicklungen des Gesamtlebens und die Fortschritte des Wisiens 
überhaupt notwendig gewiesen. So erheben die Wissenschaften, insbesondere 
jene, welche irgendwie mit dem Menschen und seinen Tätigkeiten sich be 
fassen, den Anspruch, in Erziehung und Schule gehört, angewendet zu werden. 
Nicht genug, sie selbst machen jugendliche Entwicklung, Kindesseele, Sprache, 
Gedächtnis, Intelligenz, Willen usw. zum Gegenstand besonderer Forschung. 
Vieles haben sie geleistet, Probleme um Probleme tauchen mit der ernsten 
Arbeit auf. 
Während da, wo die sogenannten exakten Wissenschaften arbeiten, ein 
weit objektiver gerichteter Sinn tätig ist, weit mehr streng wissenschaftlicher 
Ernst waltet, kann man nicht umhin, dort, wo erzieherische Fragen besprochen 
und gelöst sein wollen, die ihrer Natur nach nicht Sache der streng exakten 
Methode, aber doch echter und ebenso gültiger Wissenschaft sind, — und solcher 
Art sind und bleiben die zahlreichsten und größten Erziehungs- und Schul 
fragen, ein Tummelfeld von Meinungen, Einfällen, unbewiesenen Behaup 
tungen mit Vernachlässigung wissenschaftlichen Ernstes und mit Anzweiflung 
alles Bisherigen zu erblicken. Schule und Pädagogik sind das Abbild des 
ganzen Volkes und der lebenden Menschheit. 
Wie das Schrifttum der Förderung und Verbreitung der Erziehungs 
kenntnisse und des soliden Bildungssinnes beste Dienste leistet, so gibt es 
erst recht Förderung, sogar Antrieb und Verlockung zur Aeußerung und 
Geltendmachung von Anschauungen, Bestrebungen, zu einer Behandlung der 
pädagogischen Probleme, welche so viele Uebelstände in den Geistern und in 
ihrem Wirken hervorbringen, wie wir sie heute bedauern.
	        
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