Vor dem pädagogischen Problem.
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Menge pädagogischer Probleme ist erst ihr zum Bewußtsein gekommen. Da,
wo man im Strome des erzieherischen und schulenden Lebens und Wirkens
nach einigen Hauptlinien voranging, gar manches für selbstverständlich hielt
und deshalb eine reichere, spezialisierte und wahrhaft höhere und exaktere
Bildung und Schulung nicht oder nur in Ansätzen besaß, tauchten Probleme
über Probleme auf. Wir haben bereits durch angestrengte Arbeit vieler,
wissenschaftlich Vorgebildeter und mit bis dahin ungekannten Mitteln Aus
gerüsteter eine ausgedehnte und in vielen Zweigen ausgebaute pädagogische
Wissenschaft. Ob der Spezialisierung, welche auch hier vorgenommen wird,
droht die Gefahr vielfacher, übertriebener und darum unwahrer, verderblicher
Einseitigkeiten und das Verschwinden des notwendigen und starken Sinnes
für das Ganze der Erziehung und der Schule. Ja, wir haben schon wieder
erfahren, daß man im Anfechten der einen, schwer empfundenen Einseitigkeit,
z. B. der Wissenspflege, zur gegenteiligen Einseitigkeit mit neuen Gefahren,
wie sie z. B. in diesen und jenen „Willenskulturen" liegen, gekommen ist.
Die Pädagogik und Schule umfassen zwar ein einheitliches Gebiet: das
der Jugenderziehung; doch weil sie dem aufsteigenden Leben gehören, sind
sie an die Entwicklungen des Gesamtlebens und die Fortschritte des Wisiens
überhaupt notwendig gewiesen. So erheben die Wissenschaften, insbesondere
jene, welche irgendwie mit dem Menschen und seinen Tätigkeiten sich be
fassen, den Anspruch, in Erziehung und Schule gehört, angewendet zu werden.
Nicht genug, sie selbst machen jugendliche Entwicklung, Kindesseele, Sprache,
Gedächtnis, Intelligenz, Willen usw. zum Gegenstand besonderer Forschung.
Vieles haben sie geleistet, Probleme um Probleme tauchen mit der ernsten
Arbeit auf.
Während da, wo die sogenannten exakten Wissenschaften arbeiten, ein
weit objektiver gerichteter Sinn tätig ist, weit mehr streng wissenschaftlicher
Ernst waltet, kann man nicht umhin, dort, wo erzieherische Fragen besprochen
und gelöst sein wollen, die ihrer Natur nach nicht Sache der streng exakten
Methode, aber doch echter und ebenso gültiger Wissenschaft sind, — und solcher
Art sind und bleiben die zahlreichsten und größten Erziehungs- und Schul
fragen, ein Tummelfeld von Meinungen, Einfällen, unbewiesenen Behaup
tungen mit Vernachlässigung wissenschaftlichen Ernstes und mit Anzweiflung
alles Bisherigen zu erblicken. Schule und Pädagogik sind das Abbild des
ganzen Volkes und der lebenden Menschheit.
Wie das Schrifttum der Förderung und Verbreitung der Erziehungs
kenntnisse und des soliden Bildungssinnes beste Dienste leistet, so gibt es
erst recht Förderung, sogar Antrieb und Verlockung zur Aeußerung und
Geltendmachung von Anschauungen, Bestrebungen, zu einer Behandlung der
pädagogischen Probleme, welche so viele Uebelstände in den Geistern und in
ihrem Wirken hervorbringen, wie wir sie heute bedauern.