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Erziehungsgrundsätze eines Feld Herrn
.. Wegen Deiner Versetzung habe ich auch an den Herrn Direktor geschrieben.
Ich freue mich, wenn Du Deines Fleißes und Deiner Kenntnisse wegen nach
Sekunda kommst; ich lege gar keinen Wert darauf, im Gegenteil, ich würde es
nicht gern sehen, wenn Du aus Rücksicht auf Bitten Deiner Mutter, was man so
sagt mit Hängen und Würgen versetzt würdest. Deine Mitschüler müssen sagen,
er hat die Versetzung verdient, sonst ist sie Dir nur nachteilig und mir schmerzlich.
Denn ich will, daß meine Söhne ihr Fortkommen in der Welt nur ihrem inneren
Werte verdanken... Sei fleißig, konzentriere die Gedanken, habe Willenskraft und
habe immer den lieben Gott vor Augen und im Herzen..."
8. Der Grundakkord in den Manteuffelschen Erziehungsgedanken ist zweifels
ohne sein unerschütterliches Gottvertrauen. In allen seinen Briefen weiß er den
oft verzagten Sohn immer wieder zu Gott emporzurichten. So schreibt er am
29. Juli 1870 unmittelbar nach der Kriegsproklamation:
„Königsberg, 29. Juli 1870.
... Du bist wohl schon ausmarschiert, ich tue es morgen. Nun, so segne Dich
der liebe Gott. Stehe im Glauben, halte an im Gebet, sei stark und sei männlich,
und das nicht nur, wenn's hübsch und gut und so geht, wie es einem recht ist,
sondern, wenn's 'mal nicht gut geht, wenn man hungert und dürstet und müde ist
und der Körver versagen will, dann erst recht stehe im Glauben, bete, sei stark, sei
männlich! Man nennt das auch moralische Kraft, und das ist die Hauptaufgabe,
die der Mann vom lieben Gott bekommt. Habe die!..."
Dieser tiefwurzelnde Gottesglaube, der in der Manteuffelschen Fassung die
packendste Feldpredigt darstellt und den wackeren Soldaten mit Begeisterung erfüllen
wird, hat in einem hohen persönlichen Mut bei dem Generalfeldmarschall seinen
schönsten und treuesten Begleiter. Mit eiserner Konsequenz fordert er bei seiner
unentwegt zielbewußten Erziehungsarbeit an seinem Sohne Hans Karl dieselbe
Treue und Entschiedenheit. Menschenfurcht bei Ausübung seiner religiösen Sonn
tagspflicht ist ihm verhaßt; es ist ihm eine unverkennbare Gewissenssache, aus
innerstem Herzen zu seinem Gott zu beten und Trost und Stärke von ihm in
allen Lebenslagen und reichsten Segen für seine Berufsarbeiten zu erlangen.
9. Von Königsberg schreibt er am 10. Mai 1870:
„... Du sagst, Du lebtest zu sehr in Dir selbst und in Deiner Ideenwelt und
nähmest dabei zu wenig Rücksicht auf die anderen Menschen und seiest oft sehr
schroff und abstoßend, um vor Dir selbst gerechtfertigt zu sein von dem Vorwurf,
den Leuten gegenüber zu untertänig zu sein. Ueber den Vordersatz sind wir einig,
aber bist Du über die Motive ganz im klaren mit Dir? Tust Du es Deiner
inneren Rechtfertigung wegen, um mit Deiner Ideenwelt im Einklang zu bleiben,
oder fürchtest Du, daß die Leute, wenn Du höflich und zuvorkommend wärest, dies
so und so auslegen und Dir Absichten, die Du nicht hast, unterschieben könnten?
Prüfe Dich einmal selbst hieraufhin recht genau. Ist letzteres mit der Fall, dann
hängst Du ja gar nicht von Dir und Deiner Ideenwelt ab, sondern von der Außen
welt, bist abhängig von fremden Leuten.. . Prüfe Dich hierin recht, mein Sohn,
ob Du nicht zu leicht den Handlungen anderer Absichten unterlegst, die sie gar
nicht zu haben brauchen, und nun denkst, alle Leute grübelten ebenfalls bei allem,
was Du tust, und legen Dir, Gott weiß, was für böse Motive unter. Frisch und
unbefangen, mein Hans Karl, und nicht zu sehr sich mit dem eigenen Ich beschäs-