ja monatelang studiert und dann in
eurem Lande mit Wort und Schrift ge
schildert habt, euch bitte ich, jene mora
lische Tapferkeit zu zeigen, die überall
der Wahrheit die Ehre gibt, wo sie in
Gefahr ist, zerstört zu werden. Ihr
rühmt euch, im Vaterlande der Freiheit
zu wohnen. Die wahre Freiheit lebt nur
da, wo Aufrechte und Aufrichtige trotz
Haß, Neid und Mißgunst der Menschen
zur rechten Stunde das rechte Wort nicht
bloß sagen dürfen, sondern auch zu sagen
wagen."
Erziehende werte des Verständnisses
fürs Kurland.
Man hat besonders in unseren Tagen
wieder der deutschen „Ausländerei" harte
Worte gesagt. Sicher ist dabei viel be
rechtigte Kritik. Die „Katholische Schul
zeitung für Norddeutschland" hat (in
Nr. 51 von 1914) einem Aufsatz „Die
Ausländerei im deutschen Volk" an
leitender Stelle das Wort gegeben, in
dem gesagt wurde: „Die Ausländerei,
das ist die Sucht, alles Fremdländische
über das Heimische zu stellen, hat seit
etwa zwei Jahrzehnten unser deutsches
Leben vergiftet. Eine Zusammenstellung
ihrer schlimmsten Erscheinnngen wird uns
die ungeheure Größe dieses Uebels zum
Bewußtsein bringen. Die leichtfertigen
Pariser und geckenhaften englischen Mo
den, die für unser Volk nicht passen,
wurden vorbildlich. Ausländische Ar
beiten wurden bevorzugt; wenn's nicht
anders ging, mußten unsere guten deut
schen Artikel fremde Namen annehmen;
das kaufende Publikum verlangte sie. Die
Bezeichnungen „echt englisch", „echt
japanisch" waren beste Empfehlungen.
Wir fanden im Schaufenster den „Smo
king-Anzug auf französischer Seide nach
englischer Mode, elegant, schick"! „Kra
watten, wie König Georg V. sie trägt."
Nebenbei bemerkt: jetzt sieht man schon
wieder „echt amerikanische" Waren! Die
Geschäfte, Vergnügungslokale usw. führten
fremde Namen und Aufschriften (Messinger
Boys, Clou, Boardinghouse). Jedes
„bessere" Geschäft hatte natürlich seinen
Franzosen und Engländer. Manche Ge
schäfte nahmen überhaupt nur Personal
mit „Sprachenkenntnissen" an. Eine
Glanzleistung vollbrachte jenes Berliner
Haus mit der Aufschrift an der Eingangs
Rundschau
tür: „Man spricht auch deutsch!" Die
in den Schaufenstern bei den Waren
liegenden Anweisungen waren natürlich
in fremder Sprache abgefaßt, Kataloge
und Rechnungen enthielten englische Be
zeichnungen, Kleidungsstücke trugen eng
lische Namen. Industrie und Handel
stellten in großem Umfange Ausländer
in ihre Betriebe ein, und so stark war
in Deutschland der allgemeine Respekt
vor dem Auslande, daß diese Fremden
bis in die jüngste Zeit hinein unbehelligt
ihres Weges gingen, während in den
feindlichen Ländern überall bald nach
Beginn des Krieges wütende Deutschen
hetzen ausbrachen. Diese Ausländer traten
in Deutschland sehr herausfordernd auf,
schlossen sich in nationalen Vereinen zu
sammen (namentlich die Slaven) und
sangen öffentlich ihre deutschfeindlichen
Lieder; man hat nicht gehört, daß unser
Volk sich hierüber besonders stark auf
geregt hätte.
Dieser Kritik wird man rückhaltlos
zustimmen. Mit einiger Einschränkung
wohl auch dem, was speziell über die
Schule gesagt wird: „Ebenso war in
unsere Schulen ein fremder Geist ein
gezogen, das bekannte Räsonnieren mit
den Kindern und das samtartige Anfassen
unserer Großstadrräudels widerspricht
einer christlich deutschen Zucht. Auf dem
meilenweiten Wege der Reformen war
man bei der amerikanischen Schulstadt
angekommen. Der Unhold der Sprachen
drescherei treibt in der deutschen Schule
sein Unwesen."
Daß in dem Verständnis fürs Aus
land eben auch stark bildende und
erziehende Werte liegen, wollen
wir indessen bei dieser berechtigten Kritik
nicht vergessen. Es ist ein Verdienst
unserer katholischen Monatschrift für alle
Gebiete des Wissens, der Literatur und
Kunst „Hochland" (XII, 3) einen weniger
zugänglichen Artikel herausgehoben zu
haben, der interessante Schlaglichter auf
diese Frage wirft. Otto Hintze hat
im ersten Kriegsheft der „Internationalen
Monatschrift für Wissenschaft, Kunst
und Technik" einen Beitrag geliefert, m
dem hiernach gesagt ist: „Wir Deutschen
haben ein gewisses Bedürfnis nach inter
nationaler Ausweitung unseres geistigen
Horizonts. Wir sind in dieser Beziehung
das gerade Gegenspiel der Engländer,