Bücherschau.
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Jugendpflege.
Hammer, Walter, Nietzsche als Erzieher.
(Zwanzig Briefe an einen Wandervogel.)
Leipzig, Vollrath. 1914.166 S. Geb.Mk.2.
Der verdienstvolle Verfasser von „General
anzeigerpresse" und „Dokumente des Vege
tarismus" entnimmt der Philosophie Nietzsches
unter Ablehnung von dessen radikalen staats
feindlichen, atheistischen und antichristlichen
Grundsätzen eine Reihe von „kulturschöpse
rischen Gedanken". Er spricht vom Kampf gegen
„deutsche Biergemütlichkeit und Alkoholge
sinnung", von heroischer Naturbetrachtung",
von „sanehhgienisch begründeter Lebenslehre",
von „prachtvoll geschmeidiger Leiblichkeit",
von „Herrwerden über Kaufmann und Phi
lister" und „stolzer Männlichkeit", von „Be
freiung aus der Sklaverei der öffentlichen
Meinung" u. a. Die Wandervögel sind ihm
in erster Linie dazu berufen, diese „neuen"
Grundsätze ins Leben überzuführen. — Das
Buch läßt bei aller kernigen und kraftvollen
Bekämpfung moderner deutschen Kulturwidrig
keiten eine starke Begeisterung für Nietzsche
und dessen Radikalismus erkennen. Zur Er
kenntnis des Wesens der Wandervogelbe
wegung ist es ein wertvoller Beitrag.
Dr. I. Schwab, Parkstein.
Jugend, Die. Vorträge für Jugendvereine.
Herausgegeben vom Volksverein für das
katholische Deutschland. 3. Heft: Charak
terbildung. M.-Gladbach, Volksvereins
verlag. 1913. 130 S. Mk. 1.
Die Vorträge (Charakteranlagen-Flegel
jahre — Verstimmungen im Jugendleben —
Die gefährlichste Klippe — Die Phantasie —
Jugendlicher Wankelmut — Willensenergie —
Menschenfurcht — Oeffentliche Meinung —
Lektüre — Geld — Wirtshaus — Sonn
tage — Freundschaft — Anstand — Dank
barkeit — Gemeinsinn — Eltern — Priester
— Berufskenntnisse — Religiöse Kenntnisse —
Menschenkenntnis — Das Mädchen — Un
glaube — In der Fremde) sind ersichtlich
aus der Praxis herausgewachsen. Sie bringen
den Stoff in guter Ordnung und in leicht
verständlicher, fließender Darstellung. Mit
kurzen, lebensvollen Beispielen versehen, wer
den diese Vorträge ihren Eindruck auf die
Jugend nicht verfehlen. — Das Heft kann
den Präsides der Jugendvereine bestens emp
fohlen Werden. Dr. I. Schwab, Parkstein.
Iugendabende, Darbietungen für unsere
Jugend im Jugendheim. Herausgegeben
im Aufträge des Arbeitsausschusses für
Jugendpflege im Regierungsbezirk Merse
burg von Karl Hemprich. I.Heft. Langen
salza, Beltz. 1914. 79 S. Mk. 1,25.
„Fröhliche, erquickliche, das Herz begei
sternde, den Willen stärkende Stunden un
serer lieben Jugend an traulichen Winter
abenden in ihren Heimen und den Versamm
lungsräumen zu verschaffen, dazu sollen die
,Jugendabende' mithelfen." — Das vor
liegende erste Heft ist für diesen Zweck vor
züglich geeignet, und wird der ganzen Samm
lung viele Freunde werben. Erzählungen
wie „Der Kampf am Kirchhof von Beaune
la Rolande", „Fliegers Tod", „Wie Johannes
Ruhn Kaufmann wurde" werden in der Jugend
begeisterte Zuhörer finden. Mögen die folgen
den Hefte nicht lange auf sich warten lassen.
Dr. I. Schwab, Parkstein.
Iugendpflege-Urbeit. 2. Teil: Der Kieler
Jugendpfleger-Kursus 1913 in Vorträgen
und Berichten. Herausgegeben vom Orts
ausschuß für Jugendpflege in der Stadt
Kiel. Leipzig. Teubner. 1914. 198 S.
Mk. 2; kart. Mk. 2.50.
Die hier gesammelten Vorträge behan
deln alle wichtigen Fragen der modernen
Jugendpflege: Rechtsfragen in der Jugend
pflege, Jugendpflege auf dem Lande, religiöse
Beeinflussung Jugendlicher, staatsbürgerliche
Erziehung, Wandern und Geländespiele,
Jugendheime, Lichtbilder, Kino u. a. Den
Grundsätzen, die hier ernste und erfahrene
Jugendpfleger aussprechen, wird man gerne
zustimmen, wie auch das Buch zur Einfüh
rung in die moderne Jugendpflege überhaupt
die besten Dienste leisten wird. Das Literatur
verzeichnis ist übrigens weder reichhaltig,
noch mit besonderem Geschick zusammengestellt.
Dr. I. Schwab, Parkstein.
Lauterbach, F., Fürs Vaterland. Er
fahrungen aus der Jugendpflege auf dem
Lande. Leipzig, Dürr. 1914. 173 S.
Brosch. Mk. 2,40.
Die Broschüre ist vor dem Kriege ge
schrieben worden. Die bange Furcht, eS
möchte bei dem kommenden Kampfe um unsere
Existenz auch die Landjugend versagen, hat
es diktiert. Dem fortschreitenden Nieder
gang gegenüber ist lokale und persönliche
Jugendpflegetätigkeit machtlos, ganze Arbeit
ist nötig: Volksschulpflicht bis zum 16. Lebens
jahr, daran anschließend Fortbildungsschule
für beide Geschlechter, mehr Handbetätigung
auch in der Landschule, Verpflichtung zum
Anschluß an einen Jugendverein, erhöhter
und ernster Jugendschutz. Die Mittel hierzu
müssen aufgebracht werden, wie ein Wehr
beitrag. Die gehegten Befürchtungen sind,
Gott sei Dank, nicht eingetroffen. Unsere
wehrhafte Jugend erweist sich der Väter
wert. Ob wir aber nach einem Jahrzehnt
noch dieselbe stattliche und starke und einige
Wehrmacht hätten aufbieten können? Dieser
Blick in die Zukunft macht das Buch Lauter
bachs auch heute noch aktuell. Wehrfähigkeit
der Landjugend zum Schutze des Volkstums,
das unser höchstes Gut darstellt: das ist für
den Verfasser Ziel und Ende der Jugendpflege.
Religion, freilich eine gefühlsmäßige, imma
nente, erscheint ihm als notwendig für sie.