Rundschau.
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P. Herbert vor. Dann wollte er ihn auch Luis und der ganzen Abteilung zeigen.
Aber sein Bruder sagte ihm: „Nein, Manolito, Luis braucht diesen Brief nicht
zu sehen."
„Warum nicht?" fragte der Kleine überrascht.
„Siehe, weil ihm seine Mama noch nicht einmal seinen Brief beantwortet hat.
Sie hat ihm nur einfach ihren Schneider aus Sevilla gesandt, um ihm das Maß für
den Kommunionanzug zu nehmen. Du verstehst also, es würde ihm gewiß sehr
wehe tun, wenn er sähe, daß er nicht so geliebt wird wie wir, du und ich!"
Fortsetzung folgt.
:: Rundschau. ::
Erkenntnis aus dem Weltkrieg.
„Vielleicht wird die zukünftige Ge
schichtschreibung einmal unsere Zeitperi-
ode als die einer beginnenden Reaktion
gegen den Willen zur Macht und die
Gewaltinstinkle preisen, als die des
Wiedererwachens eines gesunden Ide
alismus, der sich auf die mit ungeheuren
Opfern erkaufte Erfahrung gründet, daß
eben letzten Endes doch die alten Sitten
gesetze die einzig richtige Basis für den
Erfolg enthalten Wer dann eine religiöse
Unterlage jener Sittengesetze leugnet, wird
sich nur daran zu erinnern brauchen, daß
sie nach der Ethik Herbert Spencers auch
aus den endgültigen Ergebnissen der
praktischen Erfahrung abgeleitet werden
können" (Neue Zürcher Zeitung, Nr. 5,
Morgenblatt, 1915). Dazu bemerkt die
Redaktion der Schweizer Kirchenzeitung
in Nr. 1, 1915: „Wie viel Wahres liegt
in diesem Geständnis. Ja, der Weltkrieg
stimmt konservativ. Gegen den letzten
Satzteil erhebt die Bergpredigt Jesu
laute Einsprache. Diese erhabenste Offen
barung des Sittengesetzes ist nach vor
wärts und rückwärts in die Glaubens
schule Jesu eingebettet. Und auch philo
sophisch betrachtet ruht „die einzig richtige
Basis der alten Sittengesetze" auf der
noch tieferen Grundlage der Religion,
des Gottesgedankens, der Gottesüber
zeugung. Die „endgültigen Ergebnisse
der praktischen Erfahrung" weisen den
tieferen Denker immer wieder auf das
Gottesproblem zurück.
Militärdienstfreie Lehrer.
Professor Messer hat für solche beach
tenswerte Gedanken (Zeitschrift für Päda
gogische Psychologie und experimentelle
Pädagogik, 11/12. Heft, 1914, S.529):
Was zunächst die Lehrer betrifft, so wird
ein bestimmtes Gefühl bei gar vielen
vorherrschen: die Trauer darüber, daß
sie nicht selbst wie Tausende ihrer Amts
genossen mit ins Feld ziehen konnten.
Diese Stimmung wie zugleich auch die
innere Unruhe, die mit der ständigen
Erwartung neuer Nachrichten vom Kriegs
schauplatz und der Sorge um teure An
gehörige, die im Felde stehen, gegeben
ist, hat aber die Tendenz, die gewohnten
Interessen und Wertschätzungen in hohem
Grade zu verändern oder ihre Motiv
kraft zu mindern.
Die Beschäftigung mit wissenschaft
lichen Dingen erscheint leicht schal und
bedeutungslos; es fällt schwer, auf andere
Gegenstände als die praktischen Fragen
des Tages seine Aufmerksamkeit zu kon
zentrieren. Selbst die Arbeit in der
Schule trägt für viele — und zwar um
so mehr, je mehr sie den Kampf fürs
Vaterland ersehnen und schätzen — den
Charakter des Minderwertigen. Darunter
aber muß diese Arbeit selbst leiden.
Soll darum eine schwere Schädigung
der ganzen Schularbeit während der
Dauer des Krieges abgewendet werden,
so muß sich jeder Lehrer von der Ueber
zeugung durchdringen lassen: Das, was
du als Erzieher und Lehrer zu leisten
hast, ist nicht minderwertig gegenüber
dem Kampf mit der Waffe. Zwar ist
die Verteidigung des angegriffenen Va
terlandes heute die dringlichste Pflicht,
aber der Krieg selbst empfängt doch nur
seine sittliche Rechtfertigung, sofern er
notwendiges Mittel zum Schutze unserer
nationalen Kultur ist. An deren Er
haltung und Förderung aber mitzuar-