Full text: Pharus - 6.1915, Halbjahrband 1 (6)

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Rundschau. 
schäften in den Briefen an ihre Ange 
hörigen meist fröhlich und aufgeräumt, 
sie drückten ihre Zufriedenheit über die 
ihnen zuteil werdende Behandlung, 
ihr Essen und Trinken usw. aus, die 
Offiziere dagegen seien meist nieder 
gedrückt gewesen über die ihnen auf 
gezwungene Tatenlosigkeit. Ein sehr 
günstiges Urteil hat der Zensor, hinter 
dem man vielleicht einen in Brügge tätigen 
Schulmann zu suchen hat, von den Lei 
stungen der deutschen Volksschule ge 
wonnen. Er bemerkt darüber: „Was 
einen günstigen Eindruck machte, war 
die nette, deutliche Handschrift auf den 
Postkarten der Soldaten, die doch zum 
weitaus größten Teil einfache Bauern 
jungen aus Mecklenburg oder Pommern 
waren. In ein paar Sätzen teilten sie ge 
rade das Nötige mit; all diese Menschen 
besitzen einen Grad von Bildung, der ein 
schönes Zeugnis ablegt für die Tüchtig 
keit der deutschen Volksschule. Gern 
lassen wir dem Feind das Recht wider 
fahren, das ihm zukommt." 
Unsere Volksschule im Urteil einer 
Generals. 
Dr. Max Brahn bringt im „Archiv für 
Pädagogik" (1915, 2. Heft) einige Aus 
züge aus dem Buche Generals Bernhardt 
„Deutschland und der nächste Krieg", 
darunter einige Urteile desselben über 
unsere heutige Volksschule. Ohne uns 
dieselben aneignen zu wollen — einige 
Sätze fordern zum direkten Widerspruch 
heraus — seien die Urteile doch als 
eine Zeitstimme registriert? 
Der General schreibt: „Unsere heutige 
Volksschule bedarf . . . einer durchgrei 
fenden und gründlichen Reform, wenn 
sie als eine Vorschule nicht nur für die 
Heereserziehung, sondern für das Leben 
überhaupt gelten soll. 
Völlig urteilslos und mit den dürf 
tigsten Kenntnissen ausgestattet schickt sie 
die Kinder ins Leben hinaus und macht 
sie dadurch nicht uur unselbständig, son 
dern auch widerstandslos gegen alle ver 
derblichen Einflüsse des sozialen Lebens. 
Tatsächlich ist der Rekruten-Unterricht 
der erste, der das Verständnis und das 
1 Vergleiche hierzu auch auf Seite 374 
der „Rundschau" dieses Heftes: „Krieg und 
Klassenfrequenz der Volksschulen". 
Urteilsvermögen des Volksschülers zu 
entwickeln sucht. 
Vor allem muß der Unterricht indi 
vidueller werden. Das läßt sich nur er 
reichen, wenn man die Zahl der Lehrer 
vermehrt und die der Schüler vermindert. 
In letzterem Sinne wäre zu erwägen, ob 
der Schulunterricht nicht erst mit dem 
achten Lebensjahre beginnen könnte. Dann 
muß der ganze Unterricht mehr als jetzt 
das Ziel im Auge haben, die Kinder 
geistig zu fördern, und erst im Einklang 
mit der geistigen Entwicklung dürfte der 
formale Religionsunterricht einsetzen. 
Endlich muß den Realien, vor allem 
aber der vaterländischen Geschichte, eine 
erweiterte Bedeutung beigemessen, die 
patriotische Gesinnung mit allen Mitteln 
gefördert werden; beim Religionsun 
terricht aber müßte der sittliche Einfluß 
des Religiösen weit mehr in den Vorder 
grund treten als der formale Inhalt. 
Auch die Ausbildung der Volksschullehrer 
muß auf eine völlig neue Basis gestellt 
werden. Heute entspricht sie durchaus 
dem einseitigen und beschränkten Stand 
punkt der Volksschule selbst und macht 
die Lehrer in keiner Weise fähig, Geist 
und Gemüt ihrer Zöglinge zu entwickeln. 
Als ein sehr erheblicher Schaden für das 
heranwachsende Geschlecht muß es ferner 
bezeichnet werden, daß mit dem vier 
zehnten Jahr jeder Unterricht aufhört, 
also gerade in der Entwicklungsperiode, 
in der das Urteilsvermögen sich auszu 
bilden beginnt, die Kinder ganz sich selbst 
und Zufallseinflüssen überlassen bleiben. 
In diesen Jahren bis zum Diensteintritt 
vergessen die jungen Leute nicht nur alles, 
was sie doch vielleicht bei guter Begabung 
auf der Volksschule gelernt haben, sondern 
gerade in dieser Zeit nehmen sie verkehrte 
Lebensanschauungen kritiklos in sich auf 
und verrohen vielfach, da alle idealistischen 
Gegengewichte fehlen." 
Patriotismus und Geschichtsunterricht. 
Dr. Fritz Friedrich bezeichnet in seinem 
jüngst erschienenen Buch „Stoffe und 
Probleme des Geschichtsunterrichts in 
höheren Schulen" (Teubner, 1915, S. 6) 
als Zweck des Geschichtsunter 
richts: 
I. 
Einsicht in das Werden der uns um 
gebenden Welt, soweit sie das Erzeugnis
	        
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