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Grundlagen des ersten Lesens
mitleidete „vulgare" Pädagogik Früchte und eine festgegründete Berufsliebe ge
zeitigt hat, welche von der modernen Schule erst nachzuweisen sind, jedenfalls aber
zu achten." Diese Worte Kellners dürfen wir ohne Gefahr für die Sache auf den
Fibelpshchologen anwenden.
Dann der Humor! Welche besonderen Qualitäten empfehlen die Mitarbeiter
des „Simplizissimus" und der „Jugend" als Fibelillustratoren? Welche Umstände
empfehlen diese indifferenten Bilder und nicht selten Karikaturen, die mit schreck
lichem Fleiß verfertigt werden, einzuwirken auf das ethische und ästhetische Ge
wissen des Kindes? Verschonen wir die deutsche Jugend mit diesem Salbader;
merkt denn niemand in deutschen Landen, daß dadurch jeder naive Kulturinstinkt
und jedes natürliche Kunstbedürfnis in Grund und Boden verwirtschaftet wird!
Das erste Kinderbuch muß sein ein Kaleidoskop der Welt mit ihren Dingen und
abertausend Erscheinungen; ich meine nicht etwa, man solle den Kindern nur phan
tastische Dinge im Bilde zeigen; zwar scheint mir die völlige Abwesenheit solcher
Motive allzu bedeutsam, aber fraglos würde ein Uebermaß illusionärer Darstellungen
die Kinder zur Phantasterei führen und die Vorstellungskraft eher lahmhetzen als
auf selbstsichere Sprünge richten. Sichten wir die Mappen und Bilderstudien
von Richter, Schwind, Menzel, Thoma, Diefenbach, Konewka, Pocci usw. Die
Mühe, welche eine solch kunstsinnige Auslese und Zusammengruppierung von Wort
und Bild kostet, lohnt sich auch besser, als irgendeinen tüchtigen Dutzendzeichner
oder ein „paar namhaften Schulmännern" einen Auftrag in Bausch und Bogen zu
geben. Sichern wir der Fibel in Wort und Bild erst wieder Grundlagen, ehe
wir uns an einen neuen Wurf wagen; je besser die Theorie, desto besser die Praxis.
Halten wir auch eine Umfrage bei den alten Gesetzgebern der methodischen Er
ziehung. Denn eins tut besonders not: Methode. Im Gegensatz zum chaotischen
Schlagwort „Leben"; klare, einfache Methode. Das erste Büchlein kann sie erst
nicht entbehren. Auch in Zukunft nicht.
Noch manche Fragen kleineren und größeren Stiles liegen unberührt zwischen
den Zeilen. Ganz natürlich; dazu fehlt uns eben noch das Verständigungsmittel:
die Fibel auf Grundlagen, auf methodischen und pädagogischen Grundlagen, die
wir erst verstehen, wenn wir unabhängig vom Fragekasten des Experiments und
psychologischer Pointen wieder nach zügigen Maßstäben der Kritik trachten.
:: pädagogische Belletristik ::
Luis.
Roman von Pierre Lhande, 8. J. - Autorisierte Uebersetzung von C. Schlesinger
7. Der Gewaltstreich.
<77>er erste Zug, der nach Mitternacht von Lora abgeht, trifft in Sevilla gegen
^ 4 Uhr morgens ein. Kaum am Bahnhof San Bernardo angekommen, eilte
Luis zur Conde-de-Benomar-Straße. Der erste Blick auf das maurische Haus sagte
ihm, daß er alles richtig vorausgesehen hatte. Seine Mutter war wieder in der
Stadt, um dem Bahnhof näher zu sein, in dem sie den Zug besteigen wollte. In
den Zimmern der Diener brannte Licht; offenbar bereiteten fie alles zur Abreise vor.
Der übrige Teil des Gebäudes lag im Dämmerschein des anbrechenden Morgens.