Bücherschau. U 573 ::
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bekommt nun ein neues Licht; und das An
wendungsbeispiel der Geographie kann auch
Fernerstehenden hohe Achtung vor dem da
Geleisteten beibringen. — Je gediegener und
umfassender ein solches Werk ist, desto eher
möchte man noch manches dazu, manches
(hier z. B. unnötige und zu breite Zitate)
weg, manches anders haben. Namentlich die
Systematisierung, die von der manuellen
Arbeit erst allmählich zu der reingeistigen
aufsteigt, könnte vom Selbsttun überhaupt
ausgehen und dann zu seinen Arten weiter
schreiten, könnte auch den Begriff der „Psy
chischen Arbeit" (S. 353 f.) voranstellen und
dabei die Bearbeitung dieses Gegenstandes
durch A. Höfler von 1894 benützen. Zur
arbeitspädagogischen Geschmacksbildung ge
hören auch'L. Segmillers „Neuzeitliche
kunstgewerbliche Fragen" von 1914. Von der
„Anschauung" würde noch die „Veranschau
lichung" deutlicher zu unterscheiden sein.
Selbst die Gefahr, daß ein Arbeitsunterricht
das Innere eines Lehrstoffes nicht nur nicht
erfassen, sondern auch verfehlen läßt, sollte noch
diskutiert werden; man denke an den Typus
des fingernden Musikunterrichtes ohne Ge
hörsbildung l — Die überreiche Geschichte
des Themas wird bis ins 16. Jahrhundert
zurückgeführt. Doch wie war es vorher?
Hat nicht die Ersetzung des Werktuns durch
die Gnadenerwartung auch die Arbeitsschule
gehemmt? Und hat nicht (S. 108) Fröbel
im Tun die „heiligende Verwandtschaft des
Menschen mit Gott" gesehen, sodaß Arbeit
samkeit und Werktätigkeil aus der Arbeits
pädagogik ein Stück Religions-Pädagogik
machen, weil Arbeit (S. 565) dem im Gott
menschen verwirklichten Jdealmenschen, doch
mit einem Innewerden des Abstandes, näher
bringen soll? — So scheinen wir gegen die
vorliegende Gabe ungerecht zu werden. Bolle
Gerechtigkeit kann sie aber nur dann finden,
wenn Buch und Autor dort aufgenommen
werden, wohin sie in erster Linie gehören:
an der Universität. Dr. Hans Schmidkunz,
Berlin-Halensee.
Des heiligen Thomas von Uquin Abhand
lung „Ueber den Lehrer". Uebersetzt von
Dr. theol. Jos. Adrian. Beilage zum
Lehrbericht des Pädagogischen Kursus in
Erfurt, Ostern 1914. Im Selbstverläge.
10 Pfg.
Eine angelegentlichere Pflege solcher Ueber-
setzungen von mittelalterlichen, speziell scho
lastischen Geisteserzeugnissen wäre überhaupt
wünschenswert; es würde manche Perle, deren
Glanz noch nicht verblichen, einem breiteren
Publikum wieder teuer werden. Dabei dürfte
ein planmäßiges Vorgehen, das nach und
nach F l o r i l e g i e n zusammenbrächte, in
seinem Erfolge schon den Lohn empfangen;
man begann mit ähnlichem schon auf philo
sophischem Gebiete; freilich wird dabei an
eine Auswahl lateinischer Texte gedacht
(z. B. Krebs' Ausgabe der „Texte zum
Gottesbeweis" aus Thomas von Aquino in
den Lietzmannschen „Kleinen Texten für theo
logische Vorlesungen und Uebungen", 1912). —
Mit der vorliegenden Uebertragung der ein
zigen größeren und zusammenhängenden päda
gogischen Gedankenfolge bei Thomas von
Aquino ist ein guter Griff getan worden.
Sie findet sich bekanntlich zweimal: in den
Quaestiones disputatae, de veritate qu. XI,
art. 1, und verkürzt in der Summa theo-
logica, pars I, qu. CXVII, art. 1 — freilich
nicht unter der obigen Benennung, die auch
Adrian in Beibehaltung der später für den
Inhalt üblich gewordenen Bezeichnung ge
wählt hat. Manches pädagogische Gut aus
dem Mittelalter könnte noch hinzutreten, in
dem man vielleicht z. B. die mittelalterliche
Literatur der sogenannten Fürstenspiegel (de
regimine oder educatione principum) noch
mehr ausschachten würde, als es z. B. durch
die Verdeutschung von Stücken aus päda
gogischen Schriften von Zeitgenossen des
Aquinaten, eines Peraldus und Aegidius
Romanus, geschehen ist in der „Bibliothek der
katholischen Pädagogik" (bei Herder seit 1888).
Auch die Ausbeutung der großen Enzyklopä
dien, auf deren Gehalt man in letzter Zeit
mehr das Augenmerk richtet, dürfte nicht
unlohnend bleiben. Die spätmittelalterliche
Zeit und der sogenannte Uebergang zur Neu
zeit sind mit Uebersetzungen pädagogischer
Literatur in derselben Bibliothek schon etwas
vertreten (viel dürftiger in der „Sammlung
der bedeutendsten pädagogischen Schriften
aus alter und neuer Zeit", die bei Schöningh
seit 1915 erscheint). — Wer Erziehungslehren
mit geschichtlichem Interesse verfolgt, der
weiß, daß der Fürst der Hochscholastik in
seiner Abhandlung „Ueber den Lehrer" stellen
weise in der strengen scholastischen Form
sachlich durchaus Modernes sagt, so
z. B. mit den schlichten, klaren Gedanken
über das Jndividualprinzip in Erziehungs
sachen, mit der grundlegenden Unterscheidung
der beiden didaktischen Hauptwege, des ana
lytischen und des synthetischen, u. a. m.; auf
dergleichen wird überdies in dem kurzen
Schlußwort zu der Uebersetzung die Auf
merksamkeit des Lesers hingelenkt. — Die
Uebersetzung selbst ist genau und flüssig. Im
Aufbau hat der Uebersetzer das übliche scho
lastische Schema der Darstellung etwas durch
brochen; dem Unkundigen wird dadurch über
gewisse Gefahren für das Verständnis, die aus
der scholastischen Behandlungstechnik sich er-
eben können und mehr als einen Philosophie-
istoriker irreleiteten beziehungsweise nicht
zur Klarheit kommen ließen, besser hinweg
geholfen. tz. Rüster, Bonn, zurzeit im Felde.
Drittes Jahrbuch der pädagogischen Zentrale
des Deutschen Lehrervereins. Leipzig, Klink-