Full text: Pharus - 6.1915, Halbjahrband 1 (6)

Bücherschau. 
:: 575 :: 
(Kulturgeschichte im weitesten Sinn), S ch r e m - 
mer,Breslau (Quellenverwertung und Ar 
beitsprinzip). — Der zweite Teil des vor 
trefflichen Jahrbuches gehört der Theorie 
der Erziehungswissenschaft: „Ausbau und 
Pflege der Pädagogik als Wissen 
schaft". Da kommt zuerst der bekannte 
Münchener Privatdozent Dr. Alois Fischer 
mit einer Abhandlung „UeberdieBedeu- 
tung des Experiments in der päda 
gogischen Forschung und die Idee 
einer exakten Pädagogik" zum Wort. 
Er gibt nach einer Einleitung von der Ent 
wicklung der Wissenschaften eine Skizze der 
Pädagogik alS Wissenschaft: Instituts-Päda 
gogik, empirische Pädagogik, systematische 
Pädagogik und autonome Pädagogik; bespricht 
die Hauptgebiete der Pädagogik, die einer 
exakten Behandlung zugänglich und bedürftig 
sind; ebenso das psychologische und didaktische 
Experiment. Ein zweiterAufsatz heißt: „W e l ch e 
Einrichtungen sind, vom heutigen 
Standpunkt der Wissenschaft aus 
betrachtet, zum Betrieb der Päda 
gogik an der Universität nötig?" 
Er ist von dem Vertreter der Pädagogik an 
der Universität Tübingen, Dr. Deuchler. Er 
bespricht einige typische Anschauungen über 
die Art des wissenschaftlichen Betriebs der 
Pädagogik; den pädagogischen Praktiker, den 
philosophischen Pädagogen, den Theoretiker, 
den einübenden Pädagogen. Er fordert für 
die Pädagogik an der Universität: eine Biblio 
thek, ein erziehungsgeschichtliches Museum, 
ein pädagogisch-psychologisches Institut, eine 
Lehrmittel-Sammlung, eine Versuchsschule. 
Ueber „Erfahrung und Versuch im 
Psychologie-und Pädagogikunter 
richt des Seminars" schreibt wieder 
Sehfert. Der Aufsatz ist äußerst lehrreich für 
Seminarlehrer. Wenn er auch nicht einen 
systematischen Lehrgang gibt, sagt er doch 
sehr vieles Wertvolle und gibt ganz ausge 
zeichnete Fingerzeige. Vier kleinere Aufsätze 
am Schlüsse referieren über das Leipziger 
Institut für experimentelle Pädagogik und 
Psychologie, über das pädagogisch-psycholo 
gische Institut München, über die wissenschaft 
lichen Vorlesungen des Berliner Lehrervereins 
und über die Arbeitsgemeinschaft für exakte 
Pädagogik in Berlin. Kottmann, uim. 
Gesamtunterricht im ersten und zweiten 
Schuljahr. Zugleich ein Bericht üder die 
Leipziger Reformklassen. Herausgegeben 
von Mitgliedern der Methodischen Ab 
teilung des Leipziger Lehrervereins. Leip 
zig, Brandstetter. 1914. VIII, 170 S. 
Mk. 2,50, geb. Mk. 3. 
Der Buchbesprecher kennt zum Teil aus 
Selbstbeobachtung und Erfahrung die in diesem 
Buche niedergelegten Gedanken, Vor- und 
Ratschläge. Die Sprungwelle der Bewegung 
zur Rettung der kindlichen Eigenart „im 
Jahrhundert des Kindes" hat im öffentlichen 
Schulleben eine Bewegung erzeugt, die die 
bisherige Ausgestaltung des Unterrichts nach 
„Fächern" umzugestalten strebt in eine Art 
Lebensgemeinschaft der Schule. Aehnlich dem 
Bestreben der Naturgeschichtslehrer, am Dorf 
teich die Anschauungen und Belehrungen zu 
bieten, die das genannte Unterrichtsfach um 
faßt. — Zugleich wird angestrebt die An 
bahnung eines Ueberganges von der Spiel 
zeit des Kindes in seine Schulzeit. Innerlich 
hängt damit zusammen eine Verschiebung der 
Anfangszeiten für Lesen, Schreiben und 
Rechnen. Als Mittel, diesen Uebergang zu 
erzielen, empfiehlt man den „Handfertigkeits 
unterricht" im Sinne der ausgeweiteten 
„Schule" des großen Kinderfreundes Fröbel. 
Insbesondere erblickt man in dem Formen 
das Hauptbelehrungsmittel der Anschauung, 
der inneren Belebung. — Alle diese beach 
tenswerten Gedanken sind in vorliegendem 
Buche klar und übersichtlich dargestellt. AuS 
vollem Herzen stimmen wir den leitenden 
Gedanken zu. Es wird zurzeit viel, sehr 
viel von unseren Abc-Schützen verlangt. Das 
Buch steckt voll anregender Gedanken und 
praktisch erprobter Vorschläge. Es wird und 
möchte bald die Zeit kommen, wo diese vor 
getragenen Gedanken in die Praxis umgesetzt 
werden. Man wird sich später schließlich 
noch wundern, daß Gedanken dieser Art, die 
so sichtlich das Beste unserer Kinder wollen 
und dabei die kleine Strebewelt bewerbungs 
tüchtig (leider ist das eine schlimme Not 
wendigkeit) erhalten, doch manchen Miß 
verständnissen begegnen konnten. Wir glauben 
an den Durchbruch der Ideen und erhoffen 
ihn. — Lehrer, die über die glückliche Sonder 
begabung als Elementarlehrer verfügen, wer 
den das Buch mit Freuden lesen, denn sie 
werden sich in ihrer Geheim-Reform-Arbeit 
verstanden sehen. Leser, die guten Willens 
sind, werden, auch wenn sie keine Elementa- 
risten zu lehren haben, nicht ohne innere Teil 
nahme und Spannung das Buch sich zu eigen 
machen. Die Verfasser verfügen über reiche 
Erfahrung und die Gabe der Mitteilung. 
Dr. Hugo Löbmann, Leipzig. 
Natz. Dr. David, Die pädagogische Aus 
bildung des Oberlehrers an der 
Universität. Göttingen, Vandenhoeck 
und Ruprecht. 1914. 29 S. 80 Pfg. 
Ein Vortrag, der nun schon oft Gesagtes 
wiederholen darf, ohne sich mit der schon vor 
handenen einschlägigen Literatur auseinander 
setzen zu müssen. Die pädagogische Ausbil- 
düng der Oberlehrer, wie sie in Preußen vor 
geschrieben ist — andere Bundesstaaten oder 
Länder werden nicht berücksichtigt — ist un- 
enügend. Die theoretische Vorbildung ge- 
ört ganz und viel ausgiebiger als bisher 
an die Universität, nur die praktische Schu-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.