Bücherschau.
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(Kulturgeschichte im weitesten Sinn), S ch r e m -
mer,Breslau (Quellenverwertung und Ar
beitsprinzip). — Der zweite Teil des vor
trefflichen Jahrbuches gehört der Theorie
der Erziehungswissenschaft: „Ausbau und
Pflege der Pädagogik als Wissen
schaft". Da kommt zuerst der bekannte
Münchener Privatdozent Dr. Alois Fischer
mit einer Abhandlung „UeberdieBedeu-
tung des Experiments in der päda
gogischen Forschung und die Idee
einer exakten Pädagogik" zum Wort.
Er gibt nach einer Einleitung von der Ent
wicklung der Wissenschaften eine Skizze der
Pädagogik alS Wissenschaft: Instituts-Päda
gogik, empirische Pädagogik, systematische
Pädagogik und autonome Pädagogik; bespricht
die Hauptgebiete der Pädagogik, die einer
exakten Behandlung zugänglich und bedürftig
sind; ebenso das psychologische und didaktische
Experiment. Ein zweiterAufsatz heißt: „W e l ch e
Einrichtungen sind, vom heutigen
Standpunkt der Wissenschaft aus
betrachtet, zum Betrieb der Päda
gogik an der Universität nötig?"
Er ist von dem Vertreter der Pädagogik an
der Universität Tübingen, Dr. Deuchler. Er
bespricht einige typische Anschauungen über
die Art des wissenschaftlichen Betriebs der
Pädagogik; den pädagogischen Praktiker, den
philosophischen Pädagogen, den Theoretiker,
den einübenden Pädagogen. Er fordert für
die Pädagogik an der Universität: eine Biblio
thek, ein erziehungsgeschichtliches Museum,
ein pädagogisch-psychologisches Institut, eine
Lehrmittel-Sammlung, eine Versuchsschule.
Ueber „Erfahrung und Versuch im
Psychologie-und Pädagogikunter
richt des Seminars" schreibt wieder
Sehfert. Der Aufsatz ist äußerst lehrreich für
Seminarlehrer. Wenn er auch nicht einen
systematischen Lehrgang gibt, sagt er doch
sehr vieles Wertvolle und gibt ganz ausge
zeichnete Fingerzeige. Vier kleinere Aufsätze
am Schlüsse referieren über das Leipziger
Institut für experimentelle Pädagogik und
Psychologie, über das pädagogisch-psycholo
gische Institut München, über die wissenschaft
lichen Vorlesungen des Berliner Lehrervereins
und über die Arbeitsgemeinschaft für exakte
Pädagogik in Berlin. Kottmann, uim.
Gesamtunterricht im ersten und zweiten
Schuljahr. Zugleich ein Bericht üder die
Leipziger Reformklassen. Herausgegeben
von Mitgliedern der Methodischen Ab
teilung des Leipziger Lehrervereins. Leip
zig, Brandstetter. 1914. VIII, 170 S.
Mk. 2,50, geb. Mk. 3.
Der Buchbesprecher kennt zum Teil aus
Selbstbeobachtung und Erfahrung die in diesem
Buche niedergelegten Gedanken, Vor- und
Ratschläge. Die Sprungwelle der Bewegung
zur Rettung der kindlichen Eigenart „im
Jahrhundert des Kindes" hat im öffentlichen
Schulleben eine Bewegung erzeugt, die die
bisherige Ausgestaltung des Unterrichts nach
„Fächern" umzugestalten strebt in eine Art
Lebensgemeinschaft der Schule. Aehnlich dem
Bestreben der Naturgeschichtslehrer, am Dorf
teich die Anschauungen und Belehrungen zu
bieten, die das genannte Unterrichtsfach um
faßt. — Zugleich wird angestrebt die An
bahnung eines Ueberganges von der Spiel
zeit des Kindes in seine Schulzeit. Innerlich
hängt damit zusammen eine Verschiebung der
Anfangszeiten für Lesen, Schreiben und
Rechnen. Als Mittel, diesen Uebergang zu
erzielen, empfiehlt man den „Handfertigkeits
unterricht" im Sinne der ausgeweiteten
„Schule" des großen Kinderfreundes Fröbel.
Insbesondere erblickt man in dem Formen
das Hauptbelehrungsmittel der Anschauung,
der inneren Belebung. — Alle diese beach
tenswerten Gedanken sind in vorliegendem
Buche klar und übersichtlich dargestellt. AuS
vollem Herzen stimmen wir den leitenden
Gedanken zu. Es wird zurzeit viel, sehr
viel von unseren Abc-Schützen verlangt. Das
Buch steckt voll anregender Gedanken und
praktisch erprobter Vorschläge. Es wird und
möchte bald die Zeit kommen, wo diese vor
getragenen Gedanken in die Praxis umgesetzt
werden. Man wird sich später schließlich
noch wundern, daß Gedanken dieser Art, die
so sichtlich das Beste unserer Kinder wollen
und dabei die kleine Strebewelt bewerbungs
tüchtig (leider ist das eine schlimme Not
wendigkeit) erhalten, doch manchen Miß
verständnissen begegnen konnten. Wir glauben
an den Durchbruch der Ideen und erhoffen
ihn. — Lehrer, die über die glückliche Sonder
begabung als Elementarlehrer verfügen, wer
den das Buch mit Freuden lesen, denn sie
werden sich in ihrer Geheim-Reform-Arbeit
verstanden sehen. Leser, die guten Willens
sind, werden, auch wenn sie keine Elementa-
risten zu lehren haben, nicht ohne innere Teil
nahme und Spannung das Buch sich zu eigen
machen. Die Verfasser verfügen über reiche
Erfahrung und die Gabe der Mitteilung.
Dr. Hugo Löbmann, Leipzig.
Natz. Dr. David, Die pädagogische Aus
bildung des Oberlehrers an der
Universität. Göttingen, Vandenhoeck
und Ruprecht. 1914. 29 S. 80 Pfg.
Ein Vortrag, der nun schon oft Gesagtes
wiederholen darf, ohne sich mit der schon vor
handenen einschlägigen Literatur auseinander
setzen zu müssen. Die pädagogische Ausbil-
düng der Oberlehrer, wie sie in Preußen vor
geschrieben ist — andere Bundesstaaten oder
Länder werden nicht berücksichtigt — ist un-
enügend. Die theoretische Vorbildung ge-
ört ganz und viel ausgiebiger als bisher
an die Universität, nur die praktische Schu-