Full text: Pharus - 5.1914, Halbjahrband 1 (5)

Ermüdungsmessungen im Dienste der Schule. 
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arbeiteten und daher unverstandenen Stoffes! Wieviel unnütze, ermüdende Schul 
arbeit, wieviel Unlust, Aerger, Angst, Strafen und Widerwille hat solcher Unter 
richt zur Folge! Alles das ist geeignet, der Ermüdung Vorschub zu leisten. Wie 
viel freie Zeit, die der Erholung dienen könnte, wird den Kindern entzogen, da 
zumeist infolge des umfangreichen Stoffes die Hausaufgaben gesteigert werden! 
Wenn auch zugegeben werden muß, daß unsere Zeit in jeder Hinsicht höhere Arbeits 
leistungen fordert, daß es darum notwendig ist, unser Geschlecht schon in der Jugend 
leistungsfähiger zu machen, so muß zur Erreichung dieses Zweckes die Stoffmenge 
durchaus nicht übergroß sein. Es erscheint allerdings gewagt, in einer Zeit, 
die Kenntnisse so gern überschätzt, das Ansinnen zu stellen, den Stoff möglichst ein 
zuschränken; aber jedermann weiß, wie viel von umfangreichem, unsicher angeeig 
netem Schulwissen bald nach dem Verlassen der Schule verloren geht. Sind weniger, 
aber sichere und wertvolle Kenntnisse im Leben nicht höher zu schätzen als unsichere 
und ungeordnete? Lücken im Wissen lassen sich jederzeit leichter beseitigen, wenn 
nur gute Grundlagen vorhanden sind, als körperliche und geistige Ueberanstrengung 
und Ermüdung mit ihren unausbleiblichen Folgen. Beschränken wir daher den 
Schulstoff aus ein geringeres und wertvolles Maß, das unter allen Umständen mit 
gutem Erfolg nach allen Seiten hin gründlich verarbeitet werden kann; wir schonen 
auf diese Weise der Schüler Kraft und werden schädliche Ermüdung vermeiden. 
Aber nicht nur der Auswahl des Unterrichtsstoffes ist in dieser Hinsicht eine 
große Bedeutung beizumessen; fast die gleiche Wichtigkeit besitzt seine weise An 
ordnung. Ein ganz beliebiges Nacheinander und Nebeneinander des Stoffes ohne 
wechselseitigen Zusammenhang wird bei der Behandlung weit mehr geistige An 
strengung erfordern als ein geordneter Lehrgang und eine planmäßige Konzentration 
Denn nur dadurch kommen die psychologischen Gesetze der Apperzeption und Asso 
ziation, die ein Verstehen, Behalten und Vertiefen viel leichter ermöglichen, voll 
zur Geltung, während ein planloses Durcheinander diese Vorteile und Erleich 
terungen, also ein Einschränken der Ermüdung, nicht zu gewähren vermag. 
Im innigen Zusammenhange mit dem Unterrichtsstoffe stehen die häuslichen 
Aufgaben, die diesem ja entnommen werden. Sie haben den Zweck, durch Fort 
setzung der Uebung (im Lesen, Schreiben, Rechnen) und durch das notwendige 
Memorieren gewisser Stoffe die Schularbeit zu ergänzen, nicht aber zu ersetzen. 
Ihre gänzliche Beseitigung ist wohl kaum denkbar, vielleicht auch gar nicht wünschens 
wert; mag das Kind immerhin fühlen, daß es auch außerhalb der Schule Pflichten 
dieser gegenüber zu erfüllen hat; mag ihm beizeiten schon zum Bewußtsein kommen, 
daß wir in einer Welt voller Arbeit leben, in der nur der Pflichttreue und Flei 
ßige sich ehrlich behaupten kann. Aber die häuslichen Aufgaben dürfen nicht zu 
hoch bemessen sein, damit den Kindern auch genügende Zeit zur Erholung, zu Spiel 
nnd Bewegung in freier Natur verbleibt. Darum sind die häuslichen Aufgaben 
möglichst einzuschränken. Als Höchstmaß der Arbeitszeit für Hausaufgaben genügen 
vollkommen für unsere Volksschulen 15 Minuten für das erste, 30 bis 40 Minuten 
für das zweite und dritte, 45 bis 60 Minuten für das vierte und fünfte, 1 bis 
1^/2 Stunde für das sechste bis achte Schuljahr. In den ersten Schulwochen häus 
liche Arbeiten aufzugeben, darf als verfehlt angesehen werden, da Kinder erst ganz 
allmählich ans Arbeiten gewöhnt werden sollen. Vom Vor- zum Nachmittags' 
unterricht dürfen unter keinen Umständen Aufgaben gestellt werden. Endlich ist es
	        
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