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Ermüdungsmessungen im Dienste der Schule.
da der Geist durch die vorangegangene Nachtruhe am frischesten ist. Diesen Lek
tionen müssen solche, die geringere Anforderungen an die Denkkraft stellen, folgen,
und im weiteren Verlauf müssen beide miteinander wechseln. Besonders berücksichtige
man die letzte Unterrichtsstunde, da fie die ungeeignetste des ganzen Vormittages ist.
Wagner fand bei seinen Versuchen, daß die Ermüdungsziffern nach schriftlichen
Klassenarbeiten sich durchweg erhöhten, da sie eine allgemeine und anhaltendere
Anspannung erforderten. Stunden, in denen Probearbeiten (Diktate, Klassenauf
sätze) angefertigt werden müssen, sollten daher möglichst in die erste Unterrichtsstunde
gelegt werden, weil zu dieser Zeit noch die größte Kraft vorhanden ist. Ferner
halte man gleichwertige Lehrfächer in angemessenen Zwischenräumen auseinander
und dieselben Fächer verteile man symmetrisch auf beide Wochenhälften, weil im
anderen Falle ein Erlahmen des Interesses zu befürchten ist. Die dadurch er
zeugten Unlustgefühle aber setzen die geistige Spannkraft herab und beschleunigen
den Eintritt der Ermüdung. Auch vermeide man die Aufeinanderfolge von Fächern,
die den Körper einseitig durch vieles Sitzen und durch ermüdende Schreibhaltung
(Schreiben und Zeichnen) anstrengen. Kurze Unterbrechungen solcher Stunden durch
Aufstehen, Anlehnen und einige Armfreiübungen sind sehr heilsam, da auf diese
Weise die Blutzirkulation beschleunigt wird und dadurch ein besseres Auswaschen
und Beseitigen der entstandenen Ermüdungsstoffe möglich ist. Ganz besonders lasse
man aus diesen Gründen im ersten Schuljahre häufiger einen Wechsel zwischen
Lesen, Schreiben und Sprechübungen eintreten.
Kemsies stellte bei seinen Ermüdungsmessungen fest, daß Montag und Dienstag
die besten Arbeitsbedingungen liefern, während Sonnabend der ungeeignetste Arbeits
tag ist (vgl. oben S. 519); daher wird die Hauptarbeit den ersten beiden Wochen
tagen zufallen können und nach diesen dem Donnerstag und Freitag, während der
Sonnabend und ebenso der Mittwoch möglichst entlastet werden müssen.
An dieser Stelle ist auch zu berücksichtigen, ob durch geteilte oder ungeteilte
Unterrichtszeit die Ermüdung möglichst verhindert wird. Wagner weist in seinen
Messungen (vgl. a. a. O., S. 128—130) nach, daß der Nachmittagsunterricht weit
bedeutendere Ermüdungssteigerung zur Folge hat als der fünfstündige Vormittags
unterricht. Sogar eine dreistündige Mittagspause bringt nicht vollkommene Erholung;
nur 16% der Schüler hatten die Ermüdung überwunden. Griesbach und Friedrich
stützen diese Behauptung durch ihre Ergebnisse, und alle Untersuchungen aus diesem
Gebiete kommen zu dem Schluß: Ein fünfstündiger Vormittagsunterricht erzeugt
durchaus keine übergroße Ermüdung; daher kann man wohl in dieser Hinsicht kurz
die Frage zugunsten der ungeteilten Unterrichtszeit entscheiden. Mancherlei Gründe
sprechen für diese Unterrichtsweise: Den Kindern wird dadurch ein zweiter Schul
weg erspart, der doch auch mehr oder weniger ermüdend wirkt; fast der ganze Nach
mittag bleibt ihnen zur Erholung und Kräftigung ihres Körpers und wird nur un
wesentlich durch die Hausaufgaben verkürzt; während des Nachmittagsunterrichtes
tritt die Berdauungstätigkeit ein, die einen hemmenden Einfluß auf die geistige
Leistungsfähigkeit ausübt. Ganz besonders störend wirken alle diese Momente im
Hochsommer; eine bleierne Schwere lastet dann oft auf der ganzen Klasse. Wird
aber dennoch geteilte Unterrichtszeit bevorzugt, so dürfen dem Nachmittagsunterrichte,
der erst nach dreistündiger Mittagspause eintreten sollte, nur leichtere, vor allen
Dingen technische Fächer zugewiesen werden. Aus all diesen Erwägungen geht als