Full text: Pharus - 5.1914, Halbjahrband 1 (5)

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Ermüdungsmessungen im Dienste der Schule. 
da der Geist durch die vorangegangene Nachtruhe am frischesten ist. Diesen Lek 
tionen müssen solche, die geringere Anforderungen an die Denkkraft stellen, folgen, 
und im weiteren Verlauf müssen beide miteinander wechseln. Besonders berücksichtige 
man die letzte Unterrichtsstunde, da fie die ungeeignetste des ganzen Vormittages ist. 
Wagner fand bei seinen Versuchen, daß die Ermüdungsziffern nach schriftlichen 
Klassenarbeiten sich durchweg erhöhten, da sie eine allgemeine und anhaltendere 
Anspannung erforderten. Stunden, in denen Probearbeiten (Diktate, Klassenauf 
sätze) angefertigt werden müssen, sollten daher möglichst in die erste Unterrichtsstunde 
gelegt werden, weil zu dieser Zeit noch die größte Kraft vorhanden ist. Ferner 
halte man gleichwertige Lehrfächer in angemessenen Zwischenräumen auseinander 
und dieselben Fächer verteile man symmetrisch auf beide Wochenhälften, weil im 
anderen Falle ein Erlahmen des Interesses zu befürchten ist. Die dadurch er 
zeugten Unlustgefühle aber setzen die geistige Spannkraft herab und beschleunigen 
den Eintritt der Ermüdung. Auch vermeide man die Aufeinanderfolge von Fächern, 
die den Körper einseitig durch vieles Sitzen und durch ermüdende Schreibhaltung 
(Schreiben und Zeichnen) anstrengen. Kurze Unterbrechungen solcher Stunden durch 
Aufstehen, Anlehnen und einige Armfreiübungen sind sehr heilsam, da auf diese 
Weise die Blutzirkulation beschleunigt wird und dadurch ein besseres Auswaschen 
und Beseitigen der entstandenen Ermüdungsstoffe möglich ist. Ganz besonders lasse 
man aus diesen Gründen im ersten Schuljahre häufiger einen Wechsel zwischen 
Lesen, Schreiben und Sprechübungen eintreten. 
Kemsies stellte bei seinen Ermüdungsmessungen fest, daß Montag und Dienstag 
die besten Arbeitsbedingungen liefern, während Sonnabend der ungeeignetste Arbeits 
tag ist (vgl. oben S. 519); daher wird die Hauptarbeit den ersten beiden Wochen 
tagen zufallen können und nach diesen dem Donnerstag und Freitag, während der 
Sonnabend und ebenso der Mittwoch möglichst entlastet werden müssen. 
An dieser Stelle ist auch zu berücksichtigen, ob durch geteilte oder ungeteilte 
Unterrichtszeit die Ermüdung möglichst verhindert wird. Wagner weist in seinen 
Messungen (vgl. a. a. O., S. 128—130) nach, daß der Nachmittagsunterricht weit 
bedeutendere Ermüdungssteigerung zur Folge hat als der fünfstündige Vormittags 
unterricht. Sogar eine dreistündige Mittagspause bringt nicht vollkommene Erholung; 
nur 16% der Schüler hatten die Ermüdung überwunden. Griesbach und Friedrich 
stützen diese Behauptung durch ihre Ergebnisse, und alle Untersuchungen aus diesem 
Gebiete kommen zu dem Schluß: Ein fünfstündiger Vormittagsunterricht erzeugt 
durchaus keine übergroße Ermüdung; daher kann man wohl in dieser Hinsicht kurz 
die Frage zugunsten der ungeteilten Unterrichtszeit entscheiden. Mancherlei Gründe 
sprechen für diese Unterrichtsweise: Den Kindern wird dadurch ein zweiter Schul 
weg erspart, der doch auch mehr oder weniger ermüdend wirkt; fast der ganze Nach 
mittag bleibt ihnen zur Erholung und Kräftigung ihres Körpers und wird nur un 
wesentlich durch die Hausaufgaben verkürzt; während des Nachmittagsunterrichtes 
tritt die Berdauungstätigkeit ein, die einen hemmenden Einfluß auf die geistige 
Leistungsfähigkeit ausübt. Ganz besonders störend wirken alle diese Momente im 
Hochsommer; eine bleierne Schwere lastet dann oft auf der ganzen Klasse. Wird 
aber dennoch geteilte Unterrichtszeit bevorzugt, so dürfen dem Nachmittagsunterrichte, 
der erst nach dreistündiger Mittagspause eintreten sollte, nur leichtere, vor allen 
Dingen technische Fächer zugewiesen werden. Aus all diesen Erwägungen geht als
	        
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