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9 — - 3m {(Iben Matz du willst empfangen, mußt b« geben; □
□ willst du ein ganze» herz, so gib ein ganzes Leben. NLck,rt. 3
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wie WUHelm Schäfer die Anerkennung der seltenen Vollkommenheit,
der Klassizität verdient? Neben Hebel nennt man auch gern Ludwig
Kurbacher, den bayrischen und katholischen Johann Peter Hebel;
wir stehen nicht an. seine Erzählung von den Streichen der sieben
Schwaben und der Heimkehr des Spiegelschwaben (der schwäbischen
Ilias und Gdyffee, wie man scherzhaft bemerkt hat), mit dem trefft
lichen Heinrich Mohr als einen „Berggipfel und Edelstein volksechter
deutscher Erzählungskunst" zu werten. Da wir mit Hebel und Aurbacher
bei echten Kündern deutschen Humors angelangt sind, liegt es nahe,
nun zu Raabe und Fritz Reuter weiterzugehen und sie als treue
Hüter und Mehrer echten deutschen Geistes-- und Herzensreichtums
zu grüßen. Vas kostbare Erbe, das sie uns hinterlasien haben,
-rann gar nicht hoch genug geschätzt werden. Die sittliche Reinheit, die
ihre Werke auszeichnet, das gütige herz, das mit den Meinen und
Schwachen, den verstoßenen und Belächelten schlägt, der gemütstiese
Humor, der aus christlicher Lebensauffassung herausquillt, es sind
Werte, um derentwillen diese Werke eine volkserzieherische Mission
in unserem Lande zu erfüllen haben.
Mit ganz besonderer Freude und Genugtuung können wir fest-
stellen, daß es auch unter den Lebenden noch treue Eckarde guter
deutscher Art gibt, die ihre Sendung mit hohem sittlichen verant-
wortungrgefühl und klarer Erkenntnis unserer geistigen und seelischen
Lage auffassen und zu erfüllen suchen. Auf dem Münchener Katho-
likentage im Sommer 1922 hat Peter Dörfler es für die Gesun
dung unserer geistigen und sozialen verhältnisie als unerläßlich be»
zeichnet, daß die „unselige Kluft zwischen Gebildeten und Volk über
brückt wird ... wer wirklich für sein Volk wirken will," rief er aus,
„muß sich immer selber einschließen, wenn er vom Volke redet . . .
wenn eine Rückkehr der Geblldeten aus einer modischen Allerwelts
geistigkeit stattfindet, dann wird ihre schöpferische Kraft die not
wendige Wechselbeziehung zum Volke wiederfinden." wie kaum
ein anderer unter den Lebenden hat Dörfler nach der Verwirklichung
dieses Ideals gerungen. In welcher gesättigten Fülle blüht in so
manchem köstlichen werke des Dichters echtes deutsches Volkstum
auf, und zwar in der besonderen und anziehenden katholischen Prä
gung, wie sie im Schwabenstamme Gestalt gewann. Allein die Tat
sache, daß Dörfler uns eine Gestalt schenkte, wie die Mutter in der
Erzählung „Ihr Fest" („Dämmerstunden"), verpflichtet uns ihm zu
tiefem Danke. Auf engstem Raume und in der schlichtesten, herz
lichsten Natürlichkeit hat er hier ein Menschenbild geschaffen, in deffen
Wesen all das Edle, Zarte und Tiefe eingefangen ist, was jahr
hundertelange christllche Erziehungs- und Pflegearbeit an edler
Frucht aus dem guten Kerne deutschen Wesens zu entwickeln ver
mochte. So dürfen wir Dörfler zu den Menschen rechnen, die uns
nach einer Forderung Leo Weismantels unentbehrlich sind, wenn
wir die Not unserer Zeit überwinden, den Fluch unserer geistigen
Entwurzelung bannen und in den Segen einer höheren Volksgeburt
verwandeln wollen. Das sollen Menschen sein, die „gewappnet mit
dem ganzen Rüstzeug der Wissenschaft und Kunst überwiffenschaftliche
und überkünstlerische Erziehung auszuüben vermögen; die, in festem,
heimatlichem Boden verwurzelt, nicht nur ein bestimmtes Fachgebiet
pflegen und darüber hinaus sich noch für dieses und jenes „auch"
interessieren, sondern die alle Fragen, alle Nöte unseres Volkes als
ihre eigenen Fragen, ihre eigenen Nöte ansehen. Daß ein Wort
führer unserer jungen vichtergeneration diese Losung ausgibt, erfüllt
uns mit Zuversicht und Trost, und wir wollen die Aufgabe, die
Weismantel als „die Aufgabe, die große, einzige unseres Volkes"
ansieht, die „der Maffe, ihren Denkern, Lenkern und Dichtern ge
meinsam ist", bei all unserem Bemühen um die Wiedergeburt unseres
Volkes niemals aus den Augen verlieren, nämlich diese: „das Bild
der neuen deutschen Menschen, des volkhasten Menschen, erst zu
träumen, - dann zu versuchen, es zu verwirklichen, jenes Bild,
dar alle Züge ausweist, die uns als für unser Leben sittennotwendig
erscheinen, so daß der unter uns, der diesem Bilde nicht gleichen
will, der Schande verfällt, jener aber allein vor uns ehren- und
. 1 Schäfer, Lebensabriß. München. Georg Müller.
? weirmmitel, Volk schaff und Dichtung. Nürnberg 1923. §. 27. -
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heldenhaft erscheint, der diesem Bilde in seinem sittlichen Streben
nach Vollkommenheit nacheifert."* *
Daß Leo Weismantel oder Reinhard Johannes Sorge oder Franz
Johannes weinrich oder Hans Roselieb sich in ihrem Schaffen von
einer religiös erfaßten und bestimmten Idee des Dichters leiten
lasten, daß uns in den Werken Franz Herwigs ein Heldentyp be
gegnet. der von sittlicher Grundhaltung des Dichters aus geschaut
und geformt wurde? braucht kaum besonders erwähnt zu werden.
Bemerkenswert ist vor allem aber auch die neue Haltung jener
Dichter der neuen Generation, die sich nicht zum Ehristentum be
kennen. Der ethische Indifferentismus ist aufgegeben. Ein Gefühl
der hohen Verantwortung gegenüber der Menschheit, eine heiße Liebe
zu den Mühseligen und Beladenen ringt in der Dichtung nach Aus-
druck. Man braucht nur Namen, wie Werfel, Toller, Unruh, zu
nennen, um genugsam den Wandel in der seelischen Haltung der
Dichter unserer Zeit, ihre neue Einstellung zu sozialen Tatsachen und
Fragen anzudeuten?
So bietet sich uns also ein wesentlich anderes Bild unseres schon-
geistigen Schrifttums, wenn wir uns außerhalb des Stromes der
Entwicklung stellen und uns die Frage vorlegen: was bedeutet dieses
Schaffen für die geistige Erneuerung unseres Volkes, oder, wie Her
mann Platz in seinem Buche „Geistige Kämpfe im modernen Frank-
reich" die Frage formuliert: was bedeutet es für die Wiedergewin-
nung metaphysischer Substanz? Solcher Fragestellung steht aber
die weitverbreitete Ansicht gegenüber, als sei diese Betrachtungs-
weise unberechtigt, unsachlich, weil nicht dem Wesen des betrachteten
Gegenstandes gemäß. In jeglicher Kunst und auch in der Dicht-
Kunst, sagt man, komme e§ nicht darauf an, was verkündet werde,
sondern wie etwas ausgedrückt sei; die Vollendung der Form, die
Kraft des Ausdrucks, die Ligenart der Gestaltung sei das allein
Ausschlaggebende bei der Wirkung und darum auch bei der Bewer.
tung einer Dichtung; jede anderweitige Wirkung störe, schädige Yen
reinen Kunstgenuß, jede Wertung des weltanschaulichen Gehalts stehe
außerhalb des künstlerischen Verhallens. - wenn dem so wäre, so
müßten wir dieser Auffaffung die nicht hinwegzudisputierende, im
Laufe der Geschichte immer wieder offenbar gewordene Tatsache ent
gegenhalten, daß der weltanschauliche Gehalt vieler Dichtungen je
nach seiner Art zerstörend oder ausbauend auf das sittliche Denken
und Tun der Völker eingewirkt hat, und nicht weniger die über.
Zeugung, daß uns das heil der Seelen hoher stehe als die Reinheit
künstlerischer Wertungsweise.
verhält es sich aber wirklich so, daß der Kunstwert eines Werkes
unabhängig ist von feinem religiös-sittlichen Gehalt? Ist es nicht
eine merkwürdige Tatsache, „daß alle als bedeutend anerkannten
Dichtungen auch einen weltanschaulichen Gehalt besitzen, der, wie
immer der einzelne sich zu ihm stellen mag, dennoch zu ernster
Stellungnahme zwingt? Sollte das Wort Schillers, im Hinblick aus
die Wirkung des dichterischen Kunstwerkes ausgesprochen, daß nur
der große Gegenstand den liefen Grund der Menschheit aufzuregen
vermöge, auf einer schiefen Auffaffung beruhen? Franz Xaver Kraus
wies einmal auf den tiefbedeutungsvollen Zusammenhang und Zu-
sammenklang zwischen jenen erhabenen Dichtungen hin, die von den
Völkern der Kulturmenschheit als Menschheitsdichtungen anerkannt
werden. Als die gemeinsame Idee, die im Gdipus auf Kolonos,
der Göttlichen Komödie, dem parzioal, dem Hamlet und dem Faust
durchklinge, wies er den Gedanken nach, daß der Mensch durch
eigene Schuld von Gott, dem höchsten Herrn, abgefallen sei, sich widet
ihn empört habe, daß er durch diesen Abfall unglücklich, unselig
geworden sei und nur durch göttliche Vermittlung von Schuld und
Unseligkeit erlöst werden könne. Kraus sieht darin, daß also irt
diesen erhabenen werten die tiefsten Grundlehren des Christentums
i (Ebb. S. 28. ' '
» vgl. Binz, Franz Herwig (Nr. I der Monographienreihe „Dichtet
der Gegenwart*, erschienen im wolfram-verlag, Würzburg) S. 47 ff.
* vgl. Schneider. Wilhelm, Expressionismus und Schul«. Zeitschrift fßt
christliche Erziehungswissenschaft. 13. Ihrg. S. 220 ff. Bahr, Hermann,
Literatur, voffische Senung. Ihrg. 1923. Nr. 608.